Uni für alle?! Radikale Kritik am System Uni
"Was wäre eigentlich eine andere Art von Bildungssystem?"
– mit dieser Frage begannen Franka Fetzer und Lester Pott ihre Ideen zum Bauhaus.Modul „Uni für alle? Radikale Kritik am System Uni“. Die beiden Urbanistik-Studierenden wollten damit an die Besetzung der Bauhaus-Universität Weimar knüpfen, die Anfang 2023 stattgefunden hat. Die anfängliche kritische Frage wurde im Laufe der Lehrveranstaltung mit Fokus auf Bildungs(un)gerechtigkeit von den Teilnehmenden genauer untersucht.
Von der Idee zur Umsetzung
Kern des Moduls bildeten die Beiträge von verschiedenen Referent:innen. Gemeinsamen mit ihnen konnten die Teilnehmenden unterschiedliche Projekte und Alternativen, die sich mit Kritik an Universitäts- bzw. Bildungssystemen beschäftigen, diskutieren.
„Wir selber haben uns da per Literatur in das Thema eingelesen, aber wir haben uns nicht in der Position der Wissensvermittlung oder als Expert:innen gesehen. Sodass wir eben Leute aus möglichst verschiedenen Kontexten, die sich mit Kritik am Bildungssystemen, aber auch mit möglichen Alternativen beschäftigen, einladen wollten. Und das haben wir auch schon ganz früh gemacht, noch vor Antragsstellung sogar.“ (Lester)
Zu Beginn des Moduls hatten die beiden eine gemeinsame Vorbereitungszeit mit den Teilnehmenden geplant, in der sie sich zusammen über Themen der Bildungs(un)gerechtigkeit informiert haben und die Teilnehmenden auch eigene Interessen oder Referent:innen vorschlagen konnten. Dadurch konnte z.B. das Thema der „leichten Sprache“ mit im Kurs aufgenommen werden.
Bei der Auswahl der Referent:innen war den beiden wichtig, dass sich diverse Perspektiven in der Diskussion wiederfinden. So konnten einerseits internationale Expert:innen ihre Forschung vorstellen und andererseits konnte der kritische Blick auch auf das lokale Bildungssystem geschärft werden.
Konkret waren das u.a.:
- Arbeitskreis Feministische Geographien (Dr. Sarah Klosterkamp, Dr. Jenny Künkel und Dr. Anne Vogelpohl) die sich kritisch mit dem deutschen Bildungssystem auseinandersetzen,
- die filmArche Berlin, eine selbstorganisierte Filmhochschule, das ein alternatives Hochschulmodell vorgestellt hat,
- François Cusset (Paris Institut for Critical Thonking), der über die zapatistische Bewegung in Mexiko gesprochen hat
- Lucelia Montenegro Llantén, eine Vertreterin der Universidad Autónoma Indígena Intercultural (UAIIN) aus Kolumbien, die über indigene Bildungsstrukturen gesprochen hat
- ein Workshop mit dem ArbeiterKind e.V. Weimar, der die Arbeit an eigenen Privilegien in den Fokus nahm
- sowie ein offenes Panel auf der Summaery über „Antiakademismus“. Bei dem Panel „hat die Person dann darüber gesprochen, wie rechte Strukturen Universitäten sich aneignen und unterwandern bzw. eigene Universitätssysteme begründen und dadurch rechte Ideologien verbreiten, und was das für eine Gefahr für die Gesellschaft bedeutet.“ (Franka)
Die Beiträgen der Referent:innen fand in einer offenen Ringvorlesung statt und waren für alle Personen zugänglich. Große Unterstützung für das Modul kam auch von Seiten der Universitätsbibliothek, die neben fachlichen Input auch die Räume für die Lehrveranstaltung zur Verfügung gestellt hat. Rückblickend hoben Franka und Lester diese Zusammenarbeit positiv hervor und würden Studierende ermutigen auf Institutionen wie die Bibliothek zuzugehen.
Methodik des kollektiven Lernens
Die Inhalte waren zugleich auch methodisches Programm. Das Modul war geprägt von offenen Strukturen und Möglichkeiten für die Teilnehmenden ihre eigenen Interessen mit einzubringen. Gerade die Offenheit des Moduls haben Franka und Lester zu schätzen gelernt. Auch wenn sie Dinge im Prozess nochmal anpassen mussten, entstand durch die offenen Strukturen ein Raum des kollektiven Lernens, den sie als sehr wertvoll empfunden haben.
„Wir haben versucht eine offene Struktur zu lassen und dieses starre System von Lehre zu durchbrechen, deswegen hatten wir auch nie frontal Unterricht, sondern haben alles in einem offenen Plenum besprochen. Einfach damit nicht eine Hierarchie darin besteht, dass jemand vorne stehen und etwas erzählt und wir uns dann bedanken, sondern dass einfach alle Teil des Kurses sind. Und dadurch haben wir auch genauso lernen können, wie alle anderen auch.“ (Franka)
"Diese Idee des kooperativen Lernens oder kollektiven Lernens, das war für mich neu, weil wir in diesen Strukturen lernen, die uns vorgegeben werden, und sich innerhalb dieser Strukturen diesen Freiraum, den die Bauhaus.Module eben schaffen, zu nehmen und neu zu bespielen. Das fand ich spannend und da habe ich auch schöne Gedanken daraus mitgenommen." (Lester)
Die Bauhaus.Module bieten die Chance Themen aufzugreifen, die von den regulären Lehrplänen nicht sofort abgedeckt werden. So konnten die beiden mit diesem Bauhaus.Modul in relativ kurzer Zeit auf aktuelle Ereignisse und die fehlende Politisierung der Universität eingehen und besprechen. Dabei als studentische Lehrende nicht inhaltlich, sondern auch methodisch zu experimentieren, kann sehr wertvoll sein. Die aus diesem Modul entstanden Gedanken tragen auf jeden Fall viel Potential mit sich in Zukunft in verschiedenen Formen weiterentwickelt zu werden.
Dieser Betrag entstand im Rahmen eines Interviews mit den studentischen Lehrendes des Moduls.
Titel: Uni für alle? Radikale Kritik am System Uni.
Lehrende: Franka Fetzer (MA-Urbanistik) und Lester Malter Pott (BA-Urbanistik)
Betreuender Mentor: Sen. Prof. Welch Guerra
Semester: Sommersemester 2023