Stadtplanung war schon immer ein herausragendes Instrument politischer Macht. In diesem Band geben Beiträge aus Europa und Lateinamerika einen Einblick in die Funktionen der Planung unter sehr unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Konstellationen in den letzten hundert Jahren: Diktaturen, parlamentarische Demokratien und Illiberalismus, Kapitalismus und Staatssozialismus, Staatsinterventionismus und Neoliberalismus, Gesellschaften in Friedenszeiten und Gesellschaften, die von Kolonial-, Bürger-, Welt- oder Kalten Kriegen geprägt waren.

Die Diktaturen der 1920er und 1930er Jahre nutzten das Potenzial der Planung ausgiebig für wirtschaftliches Wachstum, für brutale Repression, aber auch für die Integration bestimmter Bevölkerungsgruppen und als wirksames Propagandamittel. Das Erbe dieser Diktaturen prägt noch heute viele europäische Städte und stellt die Planung vor komplexe Aufgaben. Der diktatorische Staatssozialismus plante die Errichtung einer neuen Gesellschaftsordnung mit einer besonderen technokratischen Rationalität, die jedoch die tendenzielle Autonomie der professionellen Planungssphäre nicht vollständig aufhob. Parlamentarische Demokratien und illiberale Regime haben spezifische neue Praktiken der Nutzung von Planung zum Umbau der Städte im Interesse neoliberalen Wirtschaftswachstums und populistischer Legitimation der Macht entwickelt.

Die Veröffentlichung möchte das Verständnis von Planung und Politik erweitern. Das Buch ist von Interesse für Studierende und Wissenschaftler*innen in den Bereichen Urbanistik, Stadtplanung, Raumplanung, Raumpolitik, Stadtentwicklung, Stadtpolitik, Planungsgeschichte und europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die Publikation ist abgeleitet von der Jahrestagung des Instituts für Europäische Urbanistik 2021 »Räumliche Planung und politische Herrschaftsformen«.