von Julia Heinemann
Gemeinsame Werte, können nur gemeinsam geschaffen werden, dazu braucht es Gelegenheit, Räume und Verständigung und das, am besten auf einer partnerschaftlichen Basis.
Am 6. November 2022 wurde der Gropius-Zimmer-Pavillon, in einer verbindenden performativen, feierlichen Eröffnung für eine Standzeit von sechs Monaten an die polnische Partnerstadt Weimars Zamość übergeben.
Es ist bereits die sechste Station für den Gropius-Zimmer-Pavillon der Bauhaus-Universität Weimar. Seit 2019 wandert der 5 mal 5 Meter große Kubus, eine stilistische Darstellung des ersten Bauhaus-Direktorenzimmers, auch durch die Partnerstädte Weimars. Nach Siena in Italien, Blois in Frankreich und Trier steht er nun im polnischen Zamość. Dabei hat diese Stadt eine ganz besondere Beziehung zu Weimar.
Zamość, ähnlich der Größe Weimars, ist eine Stadt im südöstlichen Teil Polens, unweit der ukrainischen Grenze. Benannt nach ihrem Gründer Jan Zamoyski, einem polnischen Magnaten, der den italienischen Architekten Bernardo Morando nach Polen berief, um unter seiner Leitung ab 1578 eine ideale Stadt im Sinn der italienischen Renaissance zu errichten. Seither durchlebte die Stadt eine wechselvolle und zum Teil grauenhafte Geschichte. Seit 1992 gehört die bauhistorische Idealstadt zum Weltkulturerbe der UNESCO und ist seit 2012 die Partnerstadt Weimars.
Um die zehnjährige partnerstädtische Verbindung zu würdigen und Zamość in dieser durch Krieg im unmittelbaren Nachbarland gekennzeichneten Zeit nicht nur wörtlich beizustehen, errichtete eine kleine, bunte Delegation aus Weimar das symbolische Herzstück des Weimarer Bauhauses in Sprachbarrieren überwindender Zusammenarbeit gemeinsam mit einheimischen Handwerkern.
Die Weimarer Delegation, die ursprünglich vom Weimarer Bürgermeister Peter Kleine begleitet werden sollte, bestand aus Professor Winfried Speitkamp, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und ehemaliger Präsident der Bauhaus Universität Weimar, der als Repräsentant Thüringens und in Vertretung des Oberbürgermeisters mitreiste, den vier Architektur studierenden Hanna Ernst, Julian Pracht, Raphael Witte, Balint Kemny und der Projektverantwortlichen Julia Heinemann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Bauformenlehre der Bauhaus-Universität Weimar. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Direktorenzimmer der Zukunft“ begleitete auch Kunsthistorikerin Bettina Güldner die Reise.
Seit der Planungsphase stand dem Weimarer Team die städtische Abteilung für Tourismus und Kultur in Zamość zur Seite. Agnieszka Rusin und Ihr Kollegium bereiteten einen herzlichen Empfang und wurden nicht müde zu betonten, wie dankbar sie sind, dass dieses Hoffnung stiftende Projekt realisiert werden konnte und wieviel es ihnen bedeutet.
Der Aufbau des Pavillons auf dem historischen Salzmarkt, in direkter Achse zum Rathaus und der Stadtverwaltung erfolgte in Rekordgeschwindigkeit, dank der Hilfe zahlreicher technischer Helfer aus der Stadt.
Neben dem gemeinen Arbeiten, Essen und konstruktiven Planungstreffen, sowie einer Stadtführung mit Besichtigung der historischen Renaissancegebäude und einer Vernissage politischen Grafikdesigns, war das gemeinsame Gedenken der durch die Nationalsozialisten verschleppten und ermordeten Kinder einer der emotionalsten Momente der Reise.
Während des Zweiten Weltkrieges sollte Zamość unter der deutschen Okkupation zur „Himmler-Stadt“ werden. Daher wurde die jüdische Bevölkerung in Vernichtungslager deportiert; Tausende jüdische Kinder wurden ermordet. Die christlichen polnischen Bewohner wurden umgesiedelt, und polnische Kinder, die äußerlich dem rassistischen Ideal der Nationalsozialisten entsprachen, wurden ihren Eltern weggenommen, um sie in „Lebensborn“-Heime zu bringen oder in Deutschland zur Adoption freizugeben. 30.000 Kinder wurden derart aus der Region bis zum Kriegsende verschleppt. Vor genau achtzig Jahren, im November 1942, begannen die großen Deportationen. Aus diesem Anlass legte die Weimarer Delegation gemeinsam mit dem Stadtpräsidenten Andrzej Wnuk in einer stillen Zeremonie am Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus Blumengebinde nieder.
Aber nicht nur die Geschichte der Stadt Zamość machte die Reise zu einem eindrücklichen Erlebnis. Die gerade einmal 40 km entfernte ukrainische Grenze ließ die Frage nach gemeinsamen, verbindenden Werten in Zeiten von Krisen und Krieg zu einem der zentralen Themen in den Gesprächen werden.
Am Sonntag, den 6. November 15 Uhr war alles bereit für den Festakt. Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zamość waren anwesend, als mit einer gemeinsamen Performance der Bauhaus-Repräsentanten und einer Theatergruppe der Stadt die Feier eröffnet wurde. Es folgten Grußworte durch den Stadtpräsidenten Andrzej Wnuk, den Staatssekretär Prof. Dr. Winfried Speitkamp und die Projektinitiatorin Julia Heinemann.
Andrzej Wnuk, hob in seiner Rede besonders die partnerschaftliche Beziehung der beiden Städte und die Unterstützung in Zeiten von Unsicherheit und Krisen hervor. Prof. Speitkamp unterstrich in seiner Ansprache die Bedeutung von Bildung auch im Sinne des historischen Bauhauses für die gesellschaftliche Entwicklung der Gegenwart. Julia Heinemann erläuterte die symbolische Formsprache und den Aufforderungscharakter des Projektes; sie unterstrich hier besonders den Appell zur gemeinwohlorientierten Mitgestaltung in einer demokratischen Gesellschaft*.
Nach Übergabe der Geschenke – einem Baukastensystem, das das Prinzip des Ursprungwürfels in sich verkörpert, wobei der Würfel der kleinste und zugleich größte gemeinsame Nenner ist und für einen common sense, für die gemeinsamen Werte einer demokratischen Gesellschaft stehen kann, wurde auch der große Würfel – der Pavillon – förmlich übergeben – durch das gemeinsam von Stadtpräsident Wnuk und Staatssekretär Speitkamp vollzogene und von Trommelwirbel begleitete Anbringen der Erläuterungstafel.
Den Ausklang boten Mitglieder der städtischen Musikschule mit mitreißenden instrumentalen und gesanglichen Beiträgen. Ein gesponserter Glühweinausschank sorgte für eine zusätzlich, erwärmend feierliche Eröffnungsstimmung.
Auszüge aus der Eröffnungsrede von Julia Heinemann
Impressionen von der Reise (Fotografien: Andreas Menzel, Anna Monastyrska, Julian Pracht, Julia Heinemann)
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