Eine künstlerische Konzeption gewann seit der zweiten Revolution der Moderne von Amerika aus - etwa seit 1945 - allmählich Einfluss auf architektonischem, städtebaulichem und landschaftsarchitektonischem Gebiet. Gemeint ist die Konzeption des offenen Bildes. Die Moderne der so genannten ersten Revolution hatte Bilder konzipiert, die - wie das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch (ca. 1915) - als Figuren innerhalb eines Rahmens eine Fläche besetzen, so dass Figur und Grund in ein Wechselverhältnis zueinander treten. Die Konzeption des offenen Bildes befreit sich von der Darstellung eines Wechselverhältnisses Figur-Grund, Mitte-Rand und stellt lediglich zufällig ausgewählte Mitten dar, Mitten, die Schnittstellen von unendlich sich erstreckenden Linien gleichen. Das Bild wird von der Mitte aus konkretisiert, der Rand ist lediglich Abstraktion. Derartige Konzepte einer Durchmischung von konkretem Ort »Mitte« und abstraktem Ort »Rand« ergeben ein einheitliches Bild.
Bereits in den späten Achtzigerjahren hieß es seitens der Politik, die so genannten historischen Stadtkerne seien gebaut. Auf der Suche nach neuen, der Öffentlichkeit genehmen Operationsfeldern wurden periphere Orte oder gar Zonen zwischen bestehenden Städten aufgespürt und dabei den bestehenden Stadtzentren deren transitorischer Charakter aberkannt. Doch wie schon in den Sechzigerjahren im cisalpinen Kulturraum aufgezeigt, geht es heute und zukünftig mehr denn je um die »bestehenden Städte«. Eine Annäherung an die Lösung dieses Problems »bestehende Stadt« ist gemäß Aldo Rossi aber nur möglich, wenn wir uns um die Dinge, die zu konsolidieren und zu retten sind, aber auch um die Demolierungen, Veränderungen und neuen Verwendungsmöglichkeiten kümmern. Denn die im Laufe der Geschichte erbaute Stadt ist das Material, mit dem wir uns in unserer architektonischen Arbeit auseinanderzusetzen haben.
Das Forschungsprojekt hat den aktuellen Konflikt zwischen den Konzepten »kompakter Stadt-/Siedlungsraum« und »diffuser Stadtnebel« zum Gegenstand. Unterschwellig wird schon erahnbar sein, dass wir heute mit einer negativen Utopie der Sehnsucht nach einer tradierten homogenen Stadtgestalt, die gegenüber der Landschaft geschlossen ist - den gestellten Anforderungen nicht mehr genügen können. Diesen genügen offensichtlich besser antiurbane Architekturen, welche die Moderne der Sechziger- und Siebzigerjahre wieder als Prozess verstehen. Durch das Hineinpflanzen von Hybridbauten, die an Shoppingcenters oder Airportterminals jener Jahre erinnern, wird konzeptionell die Peripherie mit dem Zentrum gleichgeschaltet. Das Hineinpflanzen kommt einem präzis gesetzten Schlag im Feld gleich, der durch seine Sprengkraft auch in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht einem dynamischen Effekt für den weiteren Umbau entspricht und letztlich auf eine jeder Generation zustehende Neugestaltung der Stadt und der Landschaft abzielt: ein ace.
Bearbeiter: Prof. Dr. Bernhard Klein