© Bauhaus-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Planung
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XIII. Internationales Bauhaus-Kolloquium

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Das Internationale Bauhaus-Kolloquium der Bauhaus-Universität Weimar ist eine der ältesten und renommiertesten Konferenzen zu Fragen der Theorie und Geschichte der Architektur im deutschsprachigen Raum. Das Kolloquium wurde 1976 etabliert, um die Rekonstruktion des Bauhaus-Gebäudes in  Dessau – eine Initiative, die ganz wesentlich von Architekten und Professoren an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar vorbereitet und begleitet wurde – zu feiern. Sowohl die Wiedereröffnung des Bauhaus-Gebäudes in Dessau als auch die Einladung internationaler Gäste aus Ost und West nach Weimar markierte einen wichtigen Moment in der mittlerweile vermehrt öffentlich diskutierten Bauhausrezeption der ehemaligen DDR. Jedes dieser Treffen in Weimar, die etwa alle drei bis vier Jahre mit Forschern, Theoretikern, Künstlern, Architekten und früheren Mitgliedern des Bauhauses stattfanden, testeten in ihren Vorträgen und Äußerungen, was unter den damaligen politischen Verhältnissen gesagt werden durfte und was man über den Verbleib der Objekte und Personen des Bauhauses, sowie über Sammlungs- und Denkmalschutzinitiativen wusste.

Direktion und Organisation der Konferenz Prof. Dr. Ines Weizman.

Im Jahr 2016 wird das 13. Internationale Bauhaus-Kolloquium der Bauhaus-Universität Weimar unter dem Titel ‘Dust and Data’ sowohl die bald einhundertjährige Geschichte des Bauhauses an den ursprünglichen Wirkungsstätten Weimar, Dessau und Berlin, als auch die Geschichte seiner internationalen Rezeption und Migration reflektieren. Es wird aber auch das vierzigjährige Jubiläum des Bauhaus-Kolloquiums, das durch seine Geschichte inzwischen selbst zu einer historiographischen Institution, einem Barometer in einer sich verändernden politischen und kulturellen Landschaft geworden ist, zum Anlass nehmen, um über neue Methoden der Geschichtsschreibung und der Produktion und Analyse von Architektur nachzudenken. 

Auf dem 13. Internationalen Bauhaus-Kolloquium werden gemeinsam mit dem Young Bauhaus Research Colloquium, das durch einen Call for Paper international zu Vortragsbeiträgen aufrufen hat, international namhafte Architekten, Künstler, Historiker, Theoretiker, Medienwissenschaftler und Forscher werden zu den vier Themenkomplexen Objekte, Archive, Migration und Data neue Projekte und Methoden ihrer Praxis vorstellen.

Die Architektur- und Kulturtheorie beschäftigt sich derzeit verstärkt mit den Medien und Werkzeugen der Geschichtswissenschaften und damit verbunden auch mit unserer Fähigkeit, die uns umgebenden und übermittelten Geschehnisse in ihrer Bedeutung zu erfassen und zu verstehen. Die objektorientierte Philosophie versucht, Objekte nicht nur ontologisch zu analysieren, sondern sie auch auf ihre Rolle als Agenten der Geschichte und in gegenwärtigen Ereignissen zu untersuchen. Den Objekten oder auch Dingen wird in diesen Betrachtungen eine Handlungsfähigkeit, sogar ein Geltungsanspruch neben Subjekten und Textüberlieferungen zur Analyse der Geschichte zugesprochen. Wenn sich Dinge jedoch in ihrer spezifischen Ereignishaftigkeit, Materialität und Performativität in neuen Bedeutungszusammenhängen lesen lassen, fordern sie eine historiographische Neuordnung, die sich wiederum auf Gebrauchs- und Sammlungspraktiken sowie Kriterien der Erhaltung und Analyse von materiellen Dingen, wie Bauwerke, Artefakte oder Dokumente, auswirken.

Hier sind die Erfahrungen der Disziplinen gefragt, die sich traditionellerweise mit dem Erhalt von Dingen beschäftigen. Doch welche Auswirkungen haben diese neuen Lesarten auf die zeitgenössische Praxis der Architektur? Während die Materialität der Dinge selbst einen neuen Inhaltsgehalt verspricht und die Dinge als mitteilend, agierend und sogar sprechend verstanden werden können, werden sie auf der anderen Seite durch Codes, Algorithmen, Netzwerke und Datenbanken ersetzt, das heißt abstrahiert und entmaterialisiert. Die Herausforderung historischer Forschungen ist es somit, Objekte zugleich auf ihre Materialität und Fähigkeit des Handelns, als auch auf ihre Muster und Funktionsweisen in Netzwerken und digitalen Datenverbindungen hin zu untersuchen. Letzteres erlaubt uns, komplexe Handlungsabläufe, Migrationsbewegungen und historische Verbindungen nachzuvollziehen, die in der Architekturgeschichte unsichtbar und unbekannt geblieben wären.

Das 13. Internationale Bauhaus- Kolloquium wird die Herausforderung an die heutigen Geschichtswissenschaften reflektieren, sich zum einen auf die Materialität der Dinge und die Deutung der in sie eingeschriebenen Informationen einzulassen und zum anderen sie zu entmaterialisieren und in komplexe Datenbanken zu übersetzen. Architekten, Gestalter, Historiker, Theoretiker, Medienwissenschaftler, Künstler und Kuratoren werden sich über die veränderten Wahrnehmungen des Objektes und historiographische Probleme auf dem Gebiet der Architektur, Kunst und Kultur austauschen. Es soll diskutiert werden, inwiefern Orte des Sammelns, Speicherns und Archivierens kontinuierlich ihre historischen Ordnungssysteme in Frage stellen und inwiefern die neuen Möglichkeiten von Big Data, komplexe Ereignisse bis hin zu Migrationsprozessen zu verarbeiten und zu steuern, eine kritische Verschränkung von Mensch und Maschine erzeugen.

Ausgangspunkt und zentrale Fallstudie dieses Kolloquiums ist die Geschichtsschreibung des Bauhauses und die Geschichte des Bauhaus-Kolloquiums selbst. Die Geschichte des Bauhauses ist eine Geschichte der Migration: seiner Architekten, Künstler, seiner Dokumente, Objekte und selbstverständlich auch seiner Ideen, die sich nach 1933 in alle Welt verstreuten. Einige Protagonisten des Bauhauses gründeten Schulen in Ost und West, wie das Chicagoer New Bauhaus, das Black Mountain College, die Hochschule für Gestaltung in Ulm, Schulen im Ural, Afrika oder Lateinamerika, die sich den politischen und fachlichen Orthodoxien ihrer Zeit entgegenstellten und Raum für freies Denken und Imagination boten.

So wie das Bauhaus und seine Rezeptionsgeschichte, ist auch die Architektur ein Medium, das komplexe geopolitische Transformationen im globalen Maßstab lesbar macht. Diese Befragung der Architektur ist umso wichtiger in einer Zeit, in der Flüchtlinge und Migranten Europa in Zahlen erreichen, wie sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr verzeichnet wurden. Architekten und Theoretiker sind somit dazu aufgefordert, Konzepte wie Identität, Stadt und Wohnen sowie den Erhalt von Gebäuden und Denkmälern zu erweitern und zu hinterfragen.

Thematische Gliederung

Objekte

Unter dem Begriff ‚Objekte’ wird sich das Kolloquium mit aktuellen Herausforderungen architektonischer Forschung beschäftigen, Zeugnisse ihrer Geschichte mit kritischen Analysemethoden der Restaurierung und Denkmalpflege zu erfassen. Wie beeinflussen neue Aufnahme- und Reproduktionstechniken die traditionellen Methoden der Reproduktion? Welche Fragen entstehen in Bezug auf Authentizität, Autorschaft, Copyright und ‚Copyleft’?

Archive

Der thematische Abschnitt ‘Archive’ wird sowohl alte als auch neuartige Praktiken der Archivierung und des Sammelns in Bezug auf Architektur und Architekturgeschichte beleuchten. Physische und digitale Lagerung, Sammlung und Ordnung sollen auf ihre Potenziale hin untersucht werden, Architektur und Architekturgeschichte in neuen Zusammenhängen zu deuten und historische Narrative neu zu schreiben. Wie sind Dokumente der Architektur von Fotos, Zeichnungen, Modellen, Schriftstücken hin zu digitaler Produktion eine Herausforderung für Ordnungssysteme, Sammlungen und Kuration?

Migration

Die Beiträge zu dem Begriff der ‘Migration’ werden neue historiografische Versuche die Geschichte der Moderne und ihrer zahlreichen Nachleben zu erfassen, diskutieren. Hier wird es sowohl um die Geschichte des Bauhauses nach 1933, als auch allgemeiner um die Verflechtung der Internationalen Moderne mit der Geschichte der Kolonialisierung gehen. Wie können diese Beziehungsgeflechte und Zusammenhänge erfasst und festgehalten werden? Diese Frage stellt sich derzeit insbesondere im Nahen Osten, wo das Bewusstsein für das baukulturelle Erbe der Moderne noch jung ist und die Architektur nicht nur durch Vernachlässigung bedroht ist, zu zerfallen, sondern auch durch den vorherrschenden Krieg und mutwillige Zerstörung.

Data

Ein weiterer Teil des Kolloquiums wird unter dem Begriff ‘Data’ Architektur, Urbanismus und Infrastrukturen mit den Herausforderungen der Entmaterialisierung des (architektonischen) Objekts in digitalen Netzwerken und Datenbanken konfrontieren. Themen wie Migration (von Menschen) und Zirkulation (von Objekten) im Raum werden durch die Analyse großer Datensätze vorhersehbar und berechenbar. Können diese Werkzeuge der Analyse, die bislang durch das Militär und Finanzinstitute eingesetzt wurden, auch einem neuen Verständnis von Zusammenhängen in der Architekturgeschichte dienen? Welcher Teufelspakt, welche Komplizenschaft, welche Gefahren verbergen sich hinter der Adaption dieser für die Architekturgeschichte atypischen Methoden? Wie können wir den Einfluss potenzieller Verbindungen von Menschen, digitalen Datenbanken und Maschinen einschätzen und beurteilen?

Die Konferenzsprache ist Deutsch und Englisch.

Young Bauhaus Research Colloquium: Call for papers

as part of the XIII. International Bauhaus Colloquium.

Submission Information More information is available at www.bauhaus-kolloquium.de Proposals in English or German of no more than 500 words including a title should summarize the subject and the premise. Please include your name, university, professional affiliation (if applicable), address and telephone numbers, e-mail address and a biographical note of max. 250 words. Please send proposals and biographical notes by e-mail, including the text in both the body of the e-mail and in the attachment to: youngresearch@bauhaus-kolloquium.de

Deadline for submission: 1 April 2016.