Das Planungsprojekt widmet sich dem Thema Migration im Thüringer Wald. An Kommunen im Thüringer Wald möchten wir beispielhaft erkunden, wie sich die Ankunft von Migrant*innen und insbesondere Geflüchteten in ländlichen, schrumpfenden Räumen gestaltet und gestalten lässt.
Migration ist ein drängendes und viel diskutiertes Thema in einer Zeit wachsender globaler Krisen -und damit auch Fluchtbewegungen. Dabei ist Migration kein neues Phänomen – die Menschheit ist seit jeher von Migration geprägt. Seit 1948 ist das Recht auf Asyl in Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert.
Dennoch wird der mediale und gesellschaftliche Diskurs über Migration polarisierend geführt. Während die einen Migration als die »Mutter aller politischen Probleme« bezeichnen (Horst Seehofer, CSU, SPIEGEL 2018) oder verkünden »Wir müssen wieder im großen Stil abschieben« (Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, Hickmann/Kurbjuweit 2023), gibt es andererseits Diskurse um den Nutzen und die Chancen von Migration. Dort wird zumindest selektiv ein Teil Migrant*innen als profitable Leistungserbringende betrachtet: So sollen sie beispielsweise den Fachkräftemangel (Girwert/MDR 2024, Lange/Martin 2023) und den demographischen Wandel (MDR 2023b) auffangen oder durch ihre unternehmerische Tätigkeit die wirtschaftliche Vielfalt und das Wachstum einer Region bereichern (BMZ 2024). Perspektiven, die die universellen Menschenrechte ins Zentrum stellen, fordern wiederum Bewegungsfreiheit für alle Menschen, unabhängig von ihrem ökonomischen oder sonstigen Nutzen (HBS 2024).
So ist die Ankunft von Menschen von woanders umkämpft und die Bedingungen für Ankommende sind nicht immer willkommen heißend. Diese Diskurse reflektierend, wollen wir im Planungsprojekt die Bedingungen, Infrastrukturen und Herausforderungen für eine gute Ankunft am konkreten Beispiel von Kommunen im Thüringer Wald untersuchen und Handlungsansätze herausarbeiten. Räumliche Planung kann einen Beitrag leisten, Infrastrukturen der Ankunft zu gestalten, zu fördern und weiterzuentwickeln. Mit »Ankunftsinfrastrukturen« sind dabei alle informellen und formellen Prozesse, Akteur*innen und ihre Praktiken sowie öffentliche Einrichtungen, die das Ankommen regeln, gemeint (Steigemann 2019: 181). Sie tragen dazu bei, ob und wie neu Ankommende aktive, teilhabende Mitglieder der Gesellschaft werden können und wirken sich auf ihre »Zugangschancen« aus (Hans et al. 2019: 512).
Konkret wenden wir uns Kommunen und Orten im Thüringer Wald zu: Vor dem Hintergrund räumlicher Ungleichheit, einer stark eigeschränkten öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, einer »geringen Migrationserfahrung« und »vorhandenen rechten und rassistischen Einstellungen und Aktivitäten« ist die sozialräumliche Integration herausfordernd (Werner/Steigemann 2017: 6).Während Orte wie die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl dauerhaft negative Schlagzeilen mit menschenunwürdigen Zuständen machen (MDR 2023a), gibt es Orte wie das »Haus der Solidarität« im Ferienpark Thüringer Wald/Landkreis Sonneberg, das eine selbstbestimmte Ankunft ermöglichen möchte.
Im Planungsprojekt beschäftigen wir uns zunächst in einer Grundlagenphase mit Konzepten wie Arrival City, Arrival Infrastructures, Sanctuary City, Solidarity City und mit Migration (insbesondere Fluchtmigration) in ländlichen Räumen. Nach einer ausführlichen Bestandsaufnahme möchten wir Ideen und Handlungsansätze entwickeln, wie Ankunftsinfrastrukturen im ländlichen Raum gestaltet werden können. Dabei treten wir mit verschiedenen Akteur*innen vor Ort und in Weimar in Austausch. Ein Workshop zum Thema Demokratie stärken/ Rassismus und ein Aufenthalt vor Ort, u.a. im Ferienpark Thüringer Wald/ Haus der Solidarität sind ebenfalls angedacht. Das Projekt ist in den Lehrverbund »Räume in Transformation Thüringen« (RiTT) eingebunden. Wir werden mit anderen Studierenden der Architektur und Urbanistik im Austausch über die sozial-ökologische Transformation im Thüringer Wald stehen.
Richtet sich an: Bachelor Urbanistik, 1. Fachsemester