Panel 3 - Erweitern: Neue Stadtteile der Innenstadt

Bremen – Wien – Frankfurt am Main

Freitag, 30. Oktober 2015
Beginn:14:00 Uhr

Die Konversion von Industrie- und Hafenanlagen oder Militärstandorten in der Mitte der Stadt bietet gerade für wachsende Städte die Chance neue städtebauliche Entwicklungen anzuschieben. Funktionale Veränderungen wie der Wechsel vom Industrie- zum Dienstleistungsstandort haben dabei räumliche Auswirkungen auf die gesamte Stadt: Große neue Innenstadtbezirke entstehen innerhalb weniger Jahre und verändern die Geographie auch der gewachsenen Stadtteile. Eine besondere Rolle spielen Leitprojekte, die meist mit kultureller Nutzung das industrielle Erbe neu interpretieren und für eine Verankerung der neuen Stadtteile im lokalen und überregionalen Bewusstsein sorgen sollen. Die gewünschte Aufwertung vormals peripher gesehener Stadtlagen führt dabei auch zu Konflikten.

Wie kann das Ziel einer nachhaltigen und sozial ausbalancierten Innenstadterweiterung erreicht werden?

Wie kann überhaupt Urbanität in einem komplett neuen Innenstadtbereich entstehen?

Und erzielen die Maßnahmen positive Aufwertungseffekte oder Verdrängungen im angrenzenden Quartier?

Wie gelingt die Vernetzung?

Eine abschließende Betrachtung der vorgestellten Projekte von Prof. Hilde Barz-Malfatti (BUW) steht hier zum download zur Verfügung!

Prof. Sophie Wolfrum ist Urbanistin und seit 2003 Professorin für Städtebau und Regionalplanung an der Technischen Universität München.

Sie studierte Raumplanung an der TU Dortmund und sammelte anschließend Erfahrungen in der Planungspraxis in Tansania und Deutschland. Seit 1989 besteht ihr Büro für Architektur und Städtebau mit Prof. Alban Janson in Karlsruhe, mit dem Sie zwei Mal den Deutschen Städtebaupreis gewann. Im Jahr 2015 publizierte sie den „Platzatlas“ und „Performative Urbanism“. Prof. Sophie Wolfrum ist seit 1991 als Fachjurorin in zahlreichen Preisgerichten sowie als wissenschaftliche Beraterin in Fachkommissionen tätig und Mitglied bei der SRL und DASL.

Der Beitrag von Prof. Sophie Wolfrum steht hier zum download zur Verfügung!

Masterplan Überseestadt

Die Überseestadt erstreckt sich westlich der Bremer Innenstadt und ihren historischen Wallanlagen über drei Kilometer entlang der Weser. Das alte Hafengebiet ist mit etwa 300 Hektar das größte Stadtentwicklungsprojekt Bremens und mit internationalen Großprojekten auf Konversionsflächen wie der Hamburger Hafen City oder auch den Londoner Docklands vergleichbar, wobei die Bremer Innenstadt im Verhältnis deutlich kleiner ist. Nach dem Verlust der Hafen- und Werftnutzung wurde um das Jahr 2000 ein Masterplan als Strukturkonzept entwickelt und mit der Erschließung begonnen. Weite Bereiche der Überseestadt werden dabei immer noch gewerblich und industriell genutzt. Die Entwicklung des Quartiers soll in drei aufeinanderfolgenden Sequenzen erfolgen: ein Dienstleistungsbereich mit Hotel und gewerblichen Kulturstätten im Anschluss an die Innenstadt, ein gemischtes Quartier um den Europa-Hafen mit Verbindungen zu den angrenzenden Stadtteilen und ein Bereich mit Wohnungsbau an der Hafenkante. 

Momentan leben knapp 400 Menschen in dem Ortsteil Überseestadt, bis 2030 sollen es 3.300 sein und ebenso 17.000 Arbeitsplätze entstehen. Für weiteren Wohnungsbau, den Ausbau des Dienstleistungsstandortes und die Qualifizierung der Freizeitadresse steht aktuell eine Reprogrammierung des Masterplanes, die Optimierung der Erschließung, die Etablierung von Bildungsstandorten sowie die Sicherung einer zukunftsfähigen Mischung aus Gewerbe, Dienstleistungen und Wohnen an.

Wie gelingt es eine Innenstadt in einer derartigen Größenordnung zu erweitern?

Wie verbindet sich das neue Gebiet mit der bestehenden Innenstadt und wie verändert es sie?

Kann es bei Großprojekten dieser Dimension zu einer sozialverträglichen Durchmischung kommen, die den neu entstehenden Stadtteil attraktiv für möglichst viele Bevölkerungsgruppen macht?

Speaker Bremen

Neues Stadtviertel um den Hauptbahnhof

Das Gesamtprojekt Hauptbahnhof ist mit einer Größe von 109 Hektar die für Wien derzeit bedeutendste städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Durch den Fall des Eisernen Vorhangs wurde Wien von einer Verkehrstechnischen Endstation zum großräumig vernetzten Verkehrsknotenpunkt. Die acht großen Kopfbahnhöfe wurden überwiegend aufgelassen und durch den neuen zentralen Hauptbahnhof ersetzt. Durch den Neubau entstanden im Umfeld des geplanten Hauptbahnhofs große Freiflächen, die gemäß des Wiener Stadtentwicklungsplan zur Entwicklung eines neuen Stadtteils mit Standorten für Büros und Dienstleitungsbetriebe sowie hochwertigen Wohnquartieren genutzt werden. Das mittlerweile als »Sonnwendviertel« bezeichnete, ehemalige Güterlogistikareal beim Süd-/Ostbahnhof, zeichnet sich lagemäßig dadurch aus, dass es eine bauliche und soziale Verbindung zwischen zwei bisher vollkommen voneinander getrennten Bezirken Wiens herstellt.

Essentiell in der Projektdurchführung waren vorausgehende Rahmenvereinbarungen zwischen allen beteiligten politischen Gremien und die Einrichtung eines Programmmanagements als gemeinsame Klammer zwischen den einzelnen Projektmanagement-Instanzen. Die unterschiedlichen Kommunikationskulturen, verschieden ausgeprägte Hierarchien und informelle Regeln der Organisationen hätten zum Scheitern des Vorhabens geführt, wenn es zu Beginn nicht gelungen wäre, Verständnis und Ressourcen für das Programmmanagement zu erwirken.

Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Einsetzung eines erfahrenen Baustellenombudsmanns, der von der Bevölkerung sehr gut angenommen und mit Fortdauer der Entwicklung durch die städtische Gebietsbetreuung ersetzt wurde.

Was sind die räumlichen Prioritäten in der Strategie?

Wie gelingt die Planung und Steuerung der Investoren in einem hochverdichteten Hauptbahnhofsbereich und wie die Realisierung bezahlbaren Wohnraums?

Welche Bedeutung kommt den Übergängen zwischen den Quartieren zu?

Wie verbindet sich das neue Bahnhofareal mit der Wiener Innenstadt?

Speaker Wien

Europaviertel und Kulturcampus

Auf einem insgesamt 145 ha großen Areal des ehemaligen Hauptgüterverkehrsbahnhofs in unmittelbarer Nachbarschaft zur Frankfurter Messe entsteht das sogenannte Europaviertel. Bis 2019 soll das von zwei Entwicklergruppen durchgeführte städtebauliche Projekt mit Büros, Hotels, Wohnungen, einer Schule und sozialer Infrastruktur, einem 60 m breiten Boulevard, Parks sowie der »Skyline-Plaza«, einem Einkaufzentrum mit 5-Sterne-Hotel und weiteren Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten abgeschlossen sein. 

Das Frankfurter Europaviertel gehört zu den größten innerstädtischen Konversionsprojekten in Deutschland. 15.000 Menschen sollen dort, in Nachbarschaft zum bestehenden Gallusviertel, wohnen, u.a. im höchsten Wohnhochhaus Europas. Direkt nordöstlich angrenzend, zwischen Bockenheim und Westend, wird seit 2003 der sogenannte Kulturcampus entwickelt. Zunächst sollte dort nach dem Wegzug der Goethe-Universität ein Zentrum für Kunst und Kultur entstehen. Im Laufe der Planungen wurde auf Bürgerproteste reagiert, die sich gegen den ursprünglich nahezu vollständig geplanten Abriss historischer Bausubstanz und eine aus Sicht der Stadtgesellschaft unzureichende Schaffung von Wohnungen richteten. 

In 12 moderierten Planungswerkstätten wurde zusammen mit den Bürgern ein städtebauliches Rahmenkonzept erarbeitet, das Aussagen zur städtebaulichen Entwicklung, zum Denkmalschutz, zum öffentlichen Raum und zum Verkehr trifft. Ein Konsensplan dokumentiert wesentliche Ziele der Entwicklung. Die Umsetzung der Planung wird aktuell neben eingerichteten Arbeitsgruppen von einem Runden Tisch begleitet, an dem sich delegierte Vertreterinnen und Vertretern der Werkstattteilnehmer zusammenfinden.

Was sind die räumlichen Prioritäten in beiden Strategien?

Welche Rolle spielt die Stadt? Wie gelingt die Planung und Steuerung der Investoren in einem hoch verdichteten neuen Stadtteil, wie die Beteiligung der Bürger?

Welche Bedeutung kommt den Übergängen zwischen den Quartieren zu? Wie verbinden sich die neuen Areale mit der Frankfurter Innenstadt?

Speaker Frankfurt/Main