Zurück von Haifa-Exkursion
Bildern, Dokumenten und Erinnerungen auf der Spur
Die Denkmalbehörden Erfurts und Haifas planen zusammen mit der Bauhaus-Universität Weimar eine Ausstellung zur modernen Architektur der 1920er und 30er Jahre, die in beiden Städten ihre Spuren hinterlassen hat - wenn auch in sehr unterschiedlichem Umfang. Während Erfurt sich in den Goldenen Zwanzigern anschickte zur modernen Metropole Thüringens aufzusteigen und die Moderne zu einer Facette in ihrer fast eintausendjährigen Stadtbaugeschichte wurde, ist Haifa davon in den 1930er und 40er Jahren regelrecht geprägt wurden. Wie ganz Palästina wurde die Stadt zu einem Eldorado der maßgeblich in Mitteleuropa - nicht zuletzt in Deutschland - experimentierten und angebahnten Architektur. Die Gemeinsamkeiten im Bauerbe der beiden Orte, die seit 2000 durch eine Städtepartnerschaft verbunden sind, greift das Projekt auf und macht sie zum Gegenstand sowohl forschender als auch künstlerischer Untersuchung.
Die Grundlagen für die geplante Ausstellung werden im laufenden Wintersemester imRahmen von Lehrveranstaltungen an der Bauhaus-Universität erarbeitet. Sie werden fakultätsübergreifend von den Professuren Denkmalpflege und Baugeschichte und Architekturtheorie (beide Fakultät Architektur und Urbanistik) sowie der Professur Visuelle Kommunikation/Fotografie (Fakultät Kunst und Gestaltung) durchgeführt.
Einen ersten Höhepunkt bildete im November der Thüringenbesuch von Waleed Karkabi und Adi Roitenberg vom Department for monument conservation der Stadt Haifa. Nun diente eine zehntägige Arbeitsexkursion der angehenden Architekten und ihrer Dozenten der intensiven Beschäftigung vor Ort.
Arbeitsexkursion 30.12.2018 bis 8.1.2018
Neben dem besseren Kennenlernen eines zum Teil widerspruchsvollen Landes, stand vor allem Haifa im Mittelpunkt des Programms - eine Stadt, die sich dezidiert als multireligiöse und -kulturelle Stadt versteht. Neben Treffen und Führungen mit Hochschulkollegen vom dortigen Technion und der WIZO-School of Art waren wiederum Waleed Karkabi und Adi Roitenberg von der Stadtverwaltung wichtige Partner vor Ort. Die Stadtführungen durch die sehr unterschiedlichen Stadtteile und zu den zahlreichen baulichen Meisterwerken waren für die deutsche Studiengruppe beeindruckend und zeigten schnell das Potential des angestrebten Dialoges auf. Dass sich die Verbindungen und Zusammenhänge nicht auf architektonische Bilder beschränken, zeigten Feldstudien zum Alltag und Gebrauch der Bauten. Nutzer wurden interviewt und deren Interaktionen mit den Bauwerken untersucht. Orte der Gemeinschaft und des Zusammentreffens gehörten beispielsweise programmatisch zu den Entwürfen des modernen Mietwohnungsbaues. Solche Studien wurden kombiniert mit Recherchen in Bibliotheken und Archiven. Persönliche und kollektive Erinnerungen, die sich mit Orten und Bauten verbinden, konnte so nachgegangen werden, beispielsweise zu Baugattungen, die die Moderne selbst schon bald überflüssig machte. In Erfurt wie in Haifa existieren z. B. Kino-Gebäude weniger real als im Stadtgedächtnis.
Schließlich entdeckte man auch biografische Spuren: Den Weg des Exils nach Haifa haben nicht nur Erfurter jüdischen Glaubens genommen bzw. ab 1933 zunehmend prekär nehmen müssen, sondern auch zahlreiche moderne jüdische Architekten aus ganz Europa. Deswegen haben Erfurter wie Haifaer Architekten zuweilen die gleichen Wurzeln in renommierten deutschsprachigen Architektur-Schulen der 1920er Jahre. So hat der Nationalsozialismus die Lebenswege von einst gemeinsam am Bauhaus oder in Berliner Meisterateliers Studierenden entzweit.
Nach dem Abschluss des Lehrprojektes im Februar 2018 werden die beteiligten Professuren der Bauhaus-Universität gemeinsam mit den beiden Denkmalbehörden an der zuerst für Erfurt geplanten öffentlichen fotokünstlerisch-wissenschaftlichen Präsentation arbeiten. Danach soll sie in Haifa zu sehen sein.