Zu Beginn des Semesters stand eine Analyse der Situation am Kyffhäuser-Denkmal und der bestehenden Planung für ein neues Empfangsgebäude. Außerdem haben wir vergleichbare Orte betrachtet, um aus dem Umgang dort zu lernen.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Vereinnahmung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals im Kyffhäuserkreis durch rechte Gruppierungen. Dieser sollen neue Besucherkonzepte entgegenwirken – sie im besten Fall sogar komplett unterbinden. Ob das mit Architektur alleine zu schaffen ist, bezweifeln wir. Deshalb beinhaltet unser Konzept Anknüpfungspunkte für didaktische und museumspädagogische Arbeit auf dem Areal. Die Architektur bietet dafür die Plattform.
Das Logo der Kyffhäusertreffen des inzwischen offiziell aufgelösten »Flügels« beinhaltet noch immer eine Darstellung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals am Kyffhäuser. Björn Höcke spricht in der Videobotschaft zur Auflösung des »Flügels« von der energiespendenden Kraft der Mythen (eine Anspielung auf die Barbarossasage) und möchte an diesem Ort die »eigene Geschichte wiederentdecken«1. Unser Konzept zielt darauf ab, dann wenigstens die volle Breite der Geschichte am Ort sichtbar zu machen und nicht nur jene Aspekte, die sich gut und einfach instrumentalisieren lassen für nationalistische, faschistische Ansichten. Deswegen soll unter anderem das Denkmalbauwerk von Bruno Schmitz aus dem Fokus genommen werden und die gesamte Anlage zum Wahrzeichen des Ortes werden, das in den Köpfen der Besucher*innen verankert bleibt. Alleine die wesentlich weiter zurückreichende Historie der Burganlage rechtfertigt unserer Meinung nach, diese auch wieder als Zeitschicht erfahrbar zu machen. Der Kreisausschuss nimmt anscheinend bereits Burg und Denkmal als Ensemble wahr, der inzwischen entschiedene Wettbewerb zur Neugestaltung bezieht die alte Burganlage eher lose ein. Wir konzentrieren uns darauf – dem Ansatz Prof. Speitkamps folgend, dass die Wahrnehmung eines Ortes über seine Aussage entscheidet 2.
Außerdem sind wir bei der Analyse auf die Zielgruppen gestoßen, die der Thüringer Tourismusverband durch eine Studie als diejenigen ausgewählt hat, auf die sich das Tourismuskonzept für den Freistaat konzentrieren soll. Dazu gehören die Milieus »Konservativ Etablierte«, »Liberal Intellektuelle«, »Adaptiv Pragmatische«, »Sozialökologische«, vier Gruppen aus den Sinus-Milieus die in der Soziologie verwendet werden. Was diese Zielgruppen vor allem eint, ist ihre Kaufkraft und angebliche Homogenität. Auf die sich überschneidenden Anforderungen der Zielgruppen wie zum Beispiel ein Gastronomieangebot mit regionalen, saisonalen Zutaten, eine angenehme Erschließung und Parkplatzsituation und einen angemessenen Museumsshop wird die Umgestaltung im Rahmen des Wettbewerbs eingehen können. Uns schien, als stünde aus wirtschaftlichen Gründen gezwungenermaßen die Vermarktung im Vordergrund. Die reine Ausrichtung auf kaufkräftige Milieus würde die Segregation unserer Meinung nach aber fördern. Was ist also mit den weniger kaufkräftigen Milieus, heterogenen Gruppen (wie zum Beispiel Schulklassen) oder jenen Besuchern, die auch ohne neue Anziehungspunkte den Ort besuchen? Sie alle werden nicht mit dem Konzept angesprochen und es ist ein glücklicher Zufall, wenn ein Aspekt der Neugestaltung sie trotzdem anspricht und Einfluss auf ihre Wahrnehmung hat.
1 Facebook-Auftritt des "Flügels" (aufgerufen am 22. Juli 2020).
2 Vgl. Speitkamp, Winfried: Nationaldenkmäler in Thüringen: Deutung und Umdeutung; Einführung und Auswertung, in: Das Kyffhäuser-Denkmal 1896 – 1996, hg. v. Gunther Mai, Köln 1997, S. 225-233.
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