Blauhaus Erdmannsdorf (Augustusburg)
Augustusburg ist eine Kleinstadt im Landkreis Mittelsachsen im unteren Mittelerzgebirge. Etwa 18 Kilometer östlich von Chemnitz liegt der Ort idyllisch unterhalb des ortsbildprägenden gleichnamigen Schlosses zwischen den Tälern der Flöha und der Zschopau. Die Ursprünge des heutigen Ortsteils Erdmannsdorf sind eng mit der ebenfalls gleichnamigen Burg Erdmannsdorf (ab 1150, Umbau zum heutigen Schloss ab 1843) verknüpft. Die Lage am Ufer der Zschopau begünstigte ab dem 16. Jahrhundert die Entstehung erster Mühlen. Dies war Grundlage für die ab 1820 eingerichteten Spinnmühlen: Insgesamt vier Spinnereien, eine Bleicherei und eine Färberei veränderten in den kommenden Jahren die gesellschaftliche Struktur des rasch wachsenden Erdmannsdorf und begründeten seine insgesamt 170-jährige industrielle Spinnereiindustrie. Seit 1911 sind Augustusburg und Erdmannsdorf durch eine Drahtseilbahn von hauptsächlich touristischer Bedeutung verbunden. Mit einem vorläufigen Höhepunkt zu Zeiten des FDBG-Feriendienstes ist der Tourismus noch heute wichtigster Wirtschaftszweig der Stadt.
Trotz Unterschutzstellung der unmittelbar nach der Wende stillgelegten ehemaligen Baumwollspinnerei als Denkmal (aufgrund ihrer bau-, industrie- und ortsgeschichtlichen Bedeutung) bekam die Stadt den Abriss großer Teile der Anlage genehmigt, der zwischen 2001 und 2017 sukzessive vollzogen wurde. Einzig das Blauhaus, 1837 eines der ersten Fabrikgebäude in Sachsen und ältester Teil der Baumwollspinnerei, ist heute noch erhalten – wenn auch nicht mehr in seinem ursprünglichen Funktionszusammenhang. Der Rest der Fläche am südlichen Ortsrand von Erdmannsdorf und in unmittelbarer Nähe zum Schloss wurde „renaturiert“.
Kürzlich hat die Stadt Augustusburg den ortsansässigen gemeinnützigen Verein „auf weiter flur e.V.“ mit der initialen Projektentwicklung für das im Überflutungsgebiet der Zschopau liegende viergeschossige Blauhaus betraut, der sich wiederum an unsere Professur gewandt hat. Im Fokus der Vereinstätigkeit steht die Entwicklung des gemeinschaftlichen Lebens und Zusammenhalts durch Partizipation der Bürger:innen an kulturellen Projekten, der Verein betreibt zudem das Festspielhaus „Lehngericht“ am Marktplatz in Augustusburg. Mit der vorgesehenen Nutzung als „Europäisches Textilforschungszentrum für Designer:innen, Künstler:innen und Wissenschaftler:innen“ (‚Smart Textile Hub‘) soll an die reiche Textiltradition im Erzgebirge angeknüpft und das ortsbildprägende Industriegebäude erhalten werden. Die geplante Nutzung des Blauhauses steht in Zusammenhang sowohl mit der geplanten Regionalstrategie der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 als auch mit der erfolgreichen Neupositionierung der regionalen Textilbranche nach den mit der Wiedervereinigung verbundenen wirtschaftlichen Umbrüchen.
Bei einer Tiefe von 14,7 m und einer Länge von ca. 29,3 m ist das viergeschossige Gebäude (plus Dach- und Spitzboden im Krüppelwalmdach) mit einer Regelgeschossfläche von ca. 350 qm durch umlaufende „Lochfenster“ belichtet. Einzige Gliederung der Geschosse (mit Ausnahme eines bauzeitlichen Treppenhauses sowie des DDR-zeitlichen Fahrstuhls) sind zwei innenliegende Stützenreihen (im EG massiv, darüber gusseisern), ein daraufliegender hölzerner Längsbalken stützt die sichtbaren Holzbalkendecken. (Ein Rundflug um und ins Gebäude findet sich hier: https://vimeo.com/437646290/3d929f6232.) Aufgrund der Lage des Gebäudes im unmittelbaren Überflutungsgebiet der Zschopau erfordert die denkmalgerechte Nachnutzung des Blauhauses einen sensiblen gestalterischen, aber auch kreativen Umgang insbesondere mit dem Erdgeschoss und seiner Umgebung. Eine lokale Einbettung des Projekts (und damit auch der Thesisarbeiten) ist dabei von besonderer Bedeutung für das Gelingen der Entwicklung des ehemaligen Blauhauses; die Bearbeiter:innen sind daher vom Verein „auf weiter flur e.V.“ herzlich nach Augustusburg eingeladen (Unterkunft und Reisekosten können voraussichtlich übernommen werden).
Aufgabe für die Thesis:
Bauhistorische Analyse des Blauhauses und denkmalpflegerische Bewertung des Bestandes. Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes sowie eines Raumprogramms für das Gebäude auf Basis des Nutzungskonzepts für ein „Smart Textile Hub“, denkmalgerechter Entwurf.
Plätze:
bis zu 3 Bearbeiter:innen Bachelor Architektur, für Bearbeiter:innen wird die (erfolgte) Teilnahme am Seminar „Einführung in die Denkmalpflege“ empfohlen.
Ansprechperson für weiterführende Informationen und Fragen zum Thema: Christine Dörner, christine.doerner[at]uni-weimar.de
Messeakademie 2022: Entwerfen im historischen Umfeld – Altbau.Umbau.Neubau
Der alle zwei Jahre stattfindende studentische Wettbewerb der Denkmalmesse Leipzig im Rahmen der „Messeakademie“ findet in diesem Jahr wieder unter dem Motto „Entwerfen im historischen Umfeld – Altbau.Umbau.Neubau“ statt.
Die Professur bietet die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten zu den vier im Wettbewerb ausgelobten Standorten und Entwurfsaufgaben an:
- Schloss Senftenberg in Brandenburg. Entwurf eines Ausstellungsneubaus
- Schloss Schnaditz bei Bad Düben in Sachsen. Nutzungskonzepte und Ergänzungsneubauten auf dem ehemaligen Wirtschaftshof
- Schlosspark Altenburg. Neubau Depot- und Werkstattgebäude sowie „Rekonstruktion“ des Schönhauses
- Schachtanlage Paul II. im ehemaligen Zeitz-Weißenfelser Braunkohlerevier in Sachsen-Anhalt. Konzepte für Sicherung und Nachnutzung der Bausubstanz und zur Vermittlung
Weitere Informationen zum Wettbewerb und zu den Standorten:
https://www.denkmal-leipzig.de/de/erleben/programm/messeakademie/
Exposées zu den Standorten:
- Schloss Senftenberg
- Schloss Schnaditz
- Schlosspark Altenburg
- Schacht Paul II auf Anfrage
Seitens der Messeakademie wird in der letzten Aprilwoche eine Exkursion zu den Standorten angeboten.Die (fakultative) Einreichung der Entwürfe zum Wettbewerb endet am 31. August 2022. Die Preisträger:innen werden am 25. November 2022 im Rahmen der Messe »denkmal 2022« in Leipzig prämiert.
Aufgabe für die Thesis:
Je nach Standort Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes bzw. eines Entwurfs nach baugeschichtlicher Analyse und denkmalpflegerischer Bewertung
Plätze: bis zu 4 Bearbeiter:innen Master Architekturbis zu 2 Bearbeiter:innen Bachelor Architektur
Für Bearbeiter:innen im Bachelor wird die (erfolgte) Teilnahme am Seminar „Einführung in die Denkmalpflege“ empfohlen.
Ein Aufzug im Welterbe? Ein Konzept zur barrierefreien Erschließung des Markplatzes von Baden-Baden
Weltweit haben seit dem 19. Jh. Städte in Hanglagen Standseil- oder Zahnradbahnen und Aufzüge errichtet, damit Fußgänger die Höhenunterschiede rasch und effizient überwinden können; bekannt sind etwa die Schrägaufzüge in der chilenischen Hafenstadt Valparaiso, die zum Weltkulturerbe zählen, die Seilbahnen in Dresden, die Zahnradbahn Sassi-Superga in Turin oder die Polybahn in Zürich. Nun will auch die Stadt Baden-Baden, die seit vergangenem Jahr zum UNESCO-Weltkulturerbe Great Spas of Europe zählt, im historischen Stadtzentrum den beschwerlichen Zugang vom Tal der Os zum Marktplatz, Stiftskirche und Rathaus mit einer Aufzugsanlage erschließen. Ob sich dafür eine welterbetaugliche bauliche Lösung findet, ist zu prüfen, denn faktisch kommen nur zwei Stellen beidseits des historischen Friedrichbads für eine solche Anlage in Frage. Der ganze Bereich ist denkmalgeschützt mit architektonisch prägnanten Nachbarbauten und im Kernbereich der Welterbezone. Welche Aufzugsart ist an diesem städtebaulich sensiblen Ort möglich und wie könnten dafür zu errichtende Anlagen und Bauten gestaltet werden? Für Antworten auf diese sowohl technisch wie gestalterisch architektonisch herausfordernde Aufgabe interessiert sich die Stadtverwaltung Baden-Baden (Baubürgermeister und Stadtplanungsamt), welche die Aufgabenstellung angeregt und Unterstützung bei der Bearbeitung zugesichert hat.
Die Thesis ist auch kombiniert mit einem stadthistorischen bzw. technikgeschichtlichen wissenschaftlichen Teil zu solchen markanten Anlagen des innerstädtischen ÖVs denkbar.
Ansprechperson für weiterführende Informationen und Fragen zum Thema: Hans-Rudolf Meier, hans-rudolf.meier@uni-weimar.de
Zielgruppe: Bachelor oder Master, max. 2 Bearbeiter*innen