Zerstörung. Wiederaufbau. Erneuerung... Stadterneuerung in der südlichen Friedrichstadt in Berlin-Kreuzberg im Lichte der Nachhaltigkeitsdebatte

Mehringplatz in der Südlichen Friedrichstadt. Die Sozialbausiedlung wurde in den 1960er Jahren nach Entwürfen von Hans Scharoun in Erinnerung an den früheren, im Zuge des Zweiten Weltkrieges zerstörten Platz gestaltet. Die ausgedehnte Fußgängerzone – derzeit unter Sanierung - bildet den Kern des Wohnquartiers. In der Mitte erhebt sich die 1843 eingeweihte Friedensäule.
Quelle: Foto Piero Sassi 2021

2. Projektmodul
Dott. Mag. Piero Sassi
Dr. Julia Gamberini
12 LP/8 SWS 

Die wieder wachsende Metropole Berlin gilt als Labor der Stadterneuerung. Hier wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedene Leitbilder diskutiert und umgesetzt, die die Aufmerksamkeit eines breiten internationalen Publikums erlangten. Dies lässt sich auch durch die bewegte Geschichte im 20. Jahrhundert erklären. Eine durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, die Teilung während des Kalten Krieges und die Wiedervereinigung nach 1989 gekennzeichnete Geschichte, die Berlin einen besonderen, ja einzigartigen Charakter im europäischen Kontext verleiht. Wenige Orte verkörpern diese besondere Geschichte noch heute so augenfällig wie die Südliche Friedrichstadt im westlichen Teil des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Die Bausubstanz dieses im 18. Jahrhundert entstandenen Gebiets der Berliner Innenstadt wurde 1945 erheblich zerbombt. Nachdem 1961 hier ein zentraler Abschnitt der Berliner Mauer angelegt wurde, verlief der Wiederaufbau unter den besonderen Bedingungen des geteilten Berlins. Heute, drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall, besetzt dieses einstige West-Berliner Randgebiet erneut eine zentrale Lage, unweit der zur 1a-Citylage wieder aufgestiegenen nördlichen Friedrichsstadt. Die Südliche Friedrichstadt ist ein exemplarischer Fall für die problematischen Veränderungen der europäischen Nachkriegsmoderne überhaupt. Heute wird der Mehringplatz alarmistisch – und mit einer groben Vereinfachung – als „Kreuzbergs offene Wunde“ (Berliner Morgenpost, 24.02.2021) bezeichnet. Die Erneuerung der 2011 als Sanierungsgebiet eingestuften Südlichen Friedrichstadt ist Gegenstand einer lebhaften fachpolitischen Auseinandersetzung.

 

Im Rahmen eines Planungsprojektes werden wir uns mit der Geschichte der Südlichen Friedrichstadt sowie mit deren heutiger Bedeutung im Rahmen der wachsenden Metropole Berlin auseinandersetzen. Welche AkteurInnen waren bzw. sind daran beteiligt? Welche Steuerungsinstrumente wurden eingesetzt? Welche Projekte wurden in den letzten Jahren für die Erneuerung der Südlichen Friedrichstadt entworfen? Wie lassen sich diese im Lichte der Debatte um eine nachhaltige Stadtentwicklung bewerten? Basierend auf den Ergebnissen dieser analytischen Phase werden wir planerische Konzepte mit dem Ziel entwerfen, einen Beitrag zur Diskussion um eine nachhaltige Erneuerung der Südlichen Friedrichstadt zu liefern. Das Programm sieht eine Exkursion nach Berlin vor, um die für das Projekt wichtigen Orte und städtebaulichen Produkte zu besichtigen und mit verschiedenen Akteuren Interviews durchzuführen. Ferner ist ein Austausch mit StudentInnen und DozentInnen der Londoner University of Westminster sowie des Politecnico di Milano geplant, um unsere Perspektive zu erweitern und unseren Gegenstand in einem breiteren internationalen Kontext betrachten zu können.