Neue Stadtzentren als Spiegel multipler Identitäten?
Vortrag von Eva von Engelberg im Rahmen der Tagung „Re-Nationalisierung oder Sharing Heritage? Wo steht die Denkmalpflege im europäischen Kulturerbejahr 2018“, Jahrestagung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. in Zusammenarbeit mit ICOMOS Estland und der Estnischen Kunstakademie, Tallinn, 4.-6. 10. 2018
Neben der Re-Nationalisierung erleben wir in Europa aktuell vor allem eine Re-Regionalisierung und Re-Lokalisierung. Im Fokus steht dabei jeweils das Besondere, die Andersartigkeit gegenüber konkurrierenden Staaten, Städten oder Quartieren. Diese Entwicklung kann als eine Reaktionen auf die politische Wende gedeutet werden: So führte das Aufbrechen der rivalisierenden Blöcke nicht nur zu einer Homogenisierung der globalisierten Gesellschaft, sondern zugleich auch zu deren Fragmentierung und Pluralisierung. Diese „Welt in Stücken“ (Clifford Geertz) spiegelt sich in unterschiedlichen, parallel entstehenden Zentren unserer europäischer Großstädte, die ein weitgefächertes Angebot für die sich ausdifferenzierenden pluralen Zugehörigkeiten liefern. So erleben wir dort neben der Inszenierung historischer Ensembles den Neubau von Stadtzentren in modernistischen und – oftmals in derselben Kommune – historisierenden Formen. Offenbar schließt die Identifikation mit dem einen die Verbundenheit mit anderen nicht aus: Neben prägnanten medienwirksamen Einzellösungen scheint hier vielmehr ein mannigfaltiges Angebot für verschiedene, sich wandelnde Identitäten zu erwachsen. So stellt sich die Frage, ob die neuen Stadtzentren nicht isoliert, sondern vielmehr aufeinander bezogen entstehen und damit stärker als dynamische Gesamtheit gelesen werden sollten.