Räume des Erinnerns

 

„We can only know the past today through a manifestation in the present."

Peter Eisenman

 

 

 

Erinnern ist, sowohl auf der individuellen, als auch auf der kollektiven Ebene, kein gegebenes Faktum, sondern, wie auch die Imagination von Geschichtlichkeit, ein aktiver Prozeß des Speicherns und des Abrufens von Informationen, Bildern und Emotionen.

Die Rhetorik kennt seit der Antike die 'Ars Memorativa', die Kunst, sich eine Rede dadurch einzuprägen, daß die Einzelnen Punkte in einem Raumgefüge angeordnet, und anschließend beim Erinnern oder Rezitieren, diese abgeschritten werden. Diese in der ars memorativa systematisch genutzte Fähigkeit von Orten, Erinnerung zu binden und wieder freizusetzen, hat den Stadtplaner und Architekturkritiker Dieter Hoffmann-Axthelm die These aufstellen lassen, daß "alle Erinnerung räumlich" sei.

 

Architektur und Raum werden sowohl als Sinnbild der Erinnerung, als auch als Hilfsmittel hierzu verwendet, sowohl in metaphorisch-symbolischer, als auch in gebrauchspraktischer Hinsicht, in absichts- und planvoller Weise genauso wie unbeabsichtigt. Neben der Schrift ist die Architektur wichtigstes Medium und Vermittlungspraxis des Kollektiven Gedächtnisses.

 

„'Gedächtnis' ist ein Thema, das zusammenführt wie kein anderes. Mit der Gedächtnisproblematik beschäftigen sich heute die unterschiedlichsten [...] Zweige gemeinsam. Erinnerungspraxis und deren Reflexion ist um die Jahrtausendwende zu einem gesamtkulturellen, interdisziplinären und internationalen Phänomen geworden.“ (Astrid Erll) Das Kollektive Gedächtnis unserer Gesellschaft, von Assmann beschrieben als Wurzel unserer Identität, befindet sich in einem Umbruch von erzählter und erlebter zu medial vermittelter Erfahrung. Gründe hierfür sind das Verschwinden der letzten Zeitzeugen der prägenden Ereignisse des 20. Jahrhunders einerseits, andererseits ein weiterer Modernisierungsschub in Gestalt zunehmender Virtualisierung unserer Umwelt.

 

Ziel des Entwurfsseminares ist es, sich über eine Reihe von Entwürfen den Prozessen der Erinnerung und des Vergessens, Ihrer Vermittlung durch und Übersetzung in Architektur anzunähern. Wir werden die Grammatik und die Phänomene der Erinnerung in der Architektur erforschen. Anhand eines konkreten Ortes wird die letzte Entwurfsaufgabe sich mit dem Projekt eines Ortes, z.B. eines Museums, des Erinnerns oder auch des Vergessens beschäftigen. Das Entwurfskonzept soll dabei analog zu und gemeinsam mit dem didaktischen Konzept dieses Erinnerungsortes entwickelt werden.