Seminar im Master/Diplom Level, 4 SWS
Nach der pompösen Feier des 90. Jubiläums der Bauhaugründung steckt Thüringen mitten in den Vorbereitungen zum 150. Geburtstag von Henry van de Velde, dem 2013 ebenfalls ein touristisches Themenjahr gewidmet werden soll. In mehreren Städten werden Ausstellungen und Konferenzen geplant, die den belgischen Künstler, Architekten und Designer ehren sollen, der zu Recht als einer der Wegbereiter der Moderne gilt. Auch die Bauhaus-Universität wird sich am 3. April 2013 ihres Ehrensenators erinnern.
Die Weimarer Jahre von 1902 bis 1917, in denen van de Velde nicht nur die Kunstgewerbeschule gegründet und das Kunstschulgebäude errichtet hatte, können als die visionärste aber auch als die tragischste Schaffensphase seines langen Lebens gesehen werden. Seine ganzheitliche Kunsttheorie, in der die Architektur eingeschlossen war, stand anfangs in der Tradition von Ruskin und Morris, später deckte sie sich mit dem Konzept des Deutschen Werkbundes. Seine pädagogischen Erfahrungen wurden vom Bauhaus aufgegriffen. In zahlreichen Vorträge und Publikationen wandte er sich gezielt an ein breites Publikum und warb um Verständnis für einen neuen Stil, dessen Prinzipien er glaubte formulieren zu können. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs beendete die Tätigkeit des nun feindlichen Belgiers in Deutschland abrupt. Er kündigte im Juli 1914 und ging drei Jahre später verbittert ins Schweizer Exil.
Das Seminar wird die Bedeutung von Henry van de Velde für die Entwicklung der Design- und Architekturausbildung und für die heutige Bauhaus-Universität diskutieren. Dazu werden wir uns mit Schriften und Entwürfen van de Veldes beschäftigen und Stätten seines Wirkens aufsuchen. Diese liegen in Thüringen aber auch in seiner belgischen Heimat, wo er 1927 in Brüssel seine zweite Design-Schule gründete, die Ecole nationale supérieure des arts visuels La Cambre.