Vom gebauten und tanzenden Leib und seiner Resonanz mit dem Raum. Eine Architekturtheorie der Bewegtheit.«
Promotion Thomas Alsheimer, seit Oktober 2020
Die Architektur gilt als Inbegriff von Festigkeit, Standhaftigkeit und Ruhe und erweckt in dieser Eigenart die Vorstellung, weit ab vom Begriff der «Bewegung» zu bestehen. Das hiesige Bestreben, die Baukunst in Vergleichung zur Tanzkunst zu erschauen – der wohl ursprünglichsten und unmittelbarsten der Künste –, möchte hingegen eine Architekturtheorie der Bewegtheit aufzeigen.
Nach Überblickung der Verwandtschaft von Tanz und Architektur in mythischen, philosophischen und dichterischen Betrachtungen ersteht die wichtige Frage nach dem Raum. In seinen Bewegungen und Gebärden ist der Tänzer in einer innigen Verbundenheit mit diesem und dabei in Atmosphären eingebettet; die Gelöstheit seines Gliederspieles führt zu einer Getragenheit und Resonanz, die man gemeinhin mit «Lebendigkeit» betitelt.
Gleich so ist die Architektur nicht als Kunst der zweckmäßigen Behältnisse oder aufregenden Skulpturen zu verkennen; auch sie resoniert mit dem Raum, ist gleichsam menschliches Gebaren in bleibender Form: sie umhegt, grenzt ab, weist an, wendet sich zu, verknüpft und dergleichen mehr. In ihrer konstruktiven Plastizität stimmt sie in den Raum mit ein und geht in Dialog mit der Welt. Sie erzeugt nicht nur ein statische, sondern auch ein bewegte Gebilde, die Ursprung von Symbolen und Stimmungen sind.
Demgemäß ist diese Betrachtung weniger darauf angelegt, kunsthistorische Verbindungen offenzulegen oder einen anekdotischen Vergleich zweier Formkünste zu tätigen, der eine wilde Bewegtheit des Baukörpers rechtfertigen soll, wie sie genauso wenig von der Tanzbewegung im architektonischen Raum handelt; – beides ist im architektonischen Diskurs häufig zu finden. Vielmehr geht es um die Erscheinung des Baukörpers an sich: wie dieser ebenso in ein solches Resonanzverhältnis mit dem Raum und zu einem lebendigen und gelösten Gebaren gelangt. Entsprechend münden die Untersuchungen zu Theorie und gebauten Beispielen in die Darlegung einer «Architektursprache der Gelöstheit», die vor allem fruchtbar und ergiebig für das baukörperliche Gestalten sein soll und die intellektuelle Betrachtung architektonisch rechtfertigt.
Kontakt: thomas.alsheimer[at]uni-weimar.de