»Digitale Lehre« wird an der Bauhaus-Universität Weimar schon lange praktiziert. Doch bisher wurden digitale Tools hauptsächlich in die Präsenzlehre integriert und als zusätzliche Methode genutzt. Da das Studium in seiner bisherigen Präsenzform momentan nicht möglich ist, soll die digitale Lehre in kürzester Zeit flächendeckend stattfinden. Innerhalb weniger Wochen gilt es, die gewohnten und geplanten Lehrinhalte digital fit zu machen, zu adaptieren, neue Lösungen zu finden.
Technisch ist die Universität mit der Lehrplattform Moodle, einem eigenen Cloudspeicher sowie einem breiten Software-Angebot gut aufgestellt. Unterstützt werden die Lehrenden vom Team des eLab, das intensiv daran arbeitet, die Universität bestmöglich auf ihren Start ins »Digitale Sommersemester 2020« vorzubereiten. »Seit vor wenigen Wochen klar wurde, dass das Semester nicht wie gewohnt ablaufen wird, sind wir mit dem eLab zu einer gefragten Anlaufstelle geworden. Eine rein oder überwiegend digitale Lehre kam für die meisten bisher nicht in Frage«, berichtet Jennifer Koch, Mitarbeiterin des eLab. »Zu wichtig ist der persönliche Austausch oder die gestalterische Arbeit in den Ateliers und Werkstätten. Eigentlich schließt sich deshalb eine Verlagerung ins Virtuelle aus.«
Doch in Zeiten von Corona wird umgedacht. Mittlerweile beantworten die Expertinnen und Experten für e-Learning Tag für Tag viele Anfragen von Lehrenden. Schriftlich, telefonisch aber auch in einer eigens eingerichteten virtuellen Sprechstunde besprechen und konzipieren sie spezifische e-Learning-Szenarien, um den jeweiligen Anforderungen in den unterschiedlichen Fachbereichen gerecht zu werden. Besonders wichtig ist es dem Team zu vermitteln, dass eine exakte Übertragung von Präsenz- in Online-Lehre nicht funktioniert. Vielmehr muss die digitale Lehre mit einem adäquaten didaktischen Konzept für die jeweilige Lehrveranstaltung zusammen gedacht werden.
»Eine gewisse Vorerfahrung mit den verschiedenen digitalen Tools ist dabei natürlich von Vorteil, doch der Kenntnisstand unterscheidet sich bisweilen stark«, erläutert eLab-Mitarbeiter Stepan Boldt. »Während die einen bereits einiges erprobt haben und daran anknüpfen möchten, müssen andere sich jetzt zum ersten Mal mit den Möglichkeiten und Grenzen von virtuellem Lehren und Lernen auseinandersetzen.«
Um dies – abseits der individuellen Beratung – abzufedern, hat das eLab in den letzten drei Wochen auch sein Online-Angebot massiv ausgebaut. Die »Digital Toolbox« gibt einen ersten Überblick über die wichtigsten Anwendungen sowie darüber, wie Seminare und Vorlesungen gestaltet werden können. Außerdem hält die Box diverse Selbstlernkurse und Video-Tutorials bereit, die den Einstieg erleichtern sollen. Daneben hat das Team mehrere Selbstlernräume in Moodle eingerichtet, in denen eine »Einführung in die mediengestützte Lehre«, aber auch Themen wie »urheberrechtliche Herausforderungen« oder »Evaluationsformate in der Lehre« angeboten werden. Das Gesamtspektrum an Kursen, Schulungen und Online-Seminaren wird laufend erweitert.
Ein Beratungsgespräch am Telefon kann so manche Skepsis oder scheinbare Überforderung oft schon auffangen. »Die Leute sind hinterher oft erleichtert, dass alles gar nicht so kompliziert ist«, verrät Steven Mehlhorn, Mitarbeiter des eLab. Weitere Unterstützung gibt es außerdem von den »eTutoren«, studentischen Assistentinnen und Assistenten, die Lehrende gezielt dabei unterstützen, digitale Werkzeuge in der Lehre und verschiedene Online-Lehr- und Lernformen zu nutzen. Jüngst hat das Präsidium für den digitalen Start ins Sommersemester 2020 zusätzliche Gelder bereitgestellt, darunter eine Sonderausschreibung »eTutoren«, mit welcher deren Personalkosten gefördert werden. Eine Antragstellung ist laufend möglich. Geschult und begleitet werden die studentischen Tutoren durch das eLab-Team. Die Online-Ausbildung umfasst sowohl technische als auch didaktische Grundlagen und wird immerzu an die aktuelle Situation angepasst.
Statt mit dem Gang in Hörsäle, Seminarräume oder die Werkstätten wird der Studienalltag in der kommenden Zeit also mit dem Einloggen auf der Moodle-Plattform beginnen. Bisher wurde die Lehrmanagementplattform – so zeigen die Ergebnisse der Befragung von Studierenden zu Studienbedingungen und -konzepten aus dem Jahr 2019 – im Wesentlichen als Ablageort für den digitalen Semesterapparat genutzt. Nun muss die Plattform beweisen, dass sie das Zeug zum zentralen Lehr- und Lernort hat.
Entscheidend dabei helfen soll das neu implementierte Tool »BigBlueButton«, welches ermöglicht, in Interaktion zu treten und Diskussions- und Feedbackrunden online zu gestalten – eine Anforderung an die digitale Lehre, die den Lehrenden sehr wichtig ist, wie das eLab-Team berichtet. Auch Möglichkeiten, um den Lernfortschritt der Studierenden zu sicherzustellen, sind gefragt. Hier kann die ebenfalls in Moodle integrierte Software »h5p« für das Erstellen interaktiver Präsentationen zum Einsatz kommen, die beispielsweise den Einbau von Quiz-Aufgaben verschiedener Art erlaubt.
»In einigen Kursen ist es sehr wichtig, größere Mengen an Bild- oder Filmmaterial bereitstellen zu können. Dafür kann Nextcloud verwendet werden«, empfiehlt Christine Hess, Mitarbeiterin des eLab. »Das Material kann im Cloudspeicher der Bauhaus-Universität Weimar abgelegt und dort passwortgeschützt für einen definierten Zeitraum mit den Studierenden geteilt und genutzt werden.«
Doch warum Moodle, Nextcloud und der hohe Aufwand, den Umgang mit neuen Tools zu lernen, wenn doch fast alle Studierenden mit Diensten wie Skype, Zoom, Dropbox oder Google Docs vertraut sind? Das Angebot an frei zugänglichen Kommunikationsdiensten, Cloud-Lösungen und Projektmanagementtools ist schließlich größer denn je. Bei genauerem Hinsehen entsprechen diese aber nicht den Datenschutzrichtlinien des Freistaates Thüringen und auch nicht denen der Bauhaus-Universität Weimar und es wird dringend vor der Nutzung gewarnt. Denn neben der oftmals erforderlichen zusätzlichen Anmeldung über einen eigenen Account beim jeweiligen Dienst ist häufig die Speicherung und Weitergabe von Daten problematisch. Für den Einsatz externer Tools, weist das Team des eLab daher ausdrücklich darauf hin, diesen vorher mit dem Datenschutzbeauftragten der Universität, Jens-Uwe Wagner, abzuklären.
Sowohl Lehrende als auch Studierende werden sich ab Anfang Mai also an ihrem neuen, virtuellen Lernort zurechtfinden müssen. Steven Mehlhorn beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit digitalem Lernen und Lehren und versteht, dass die kurzfristige Umstellung viele vor eine große Herausforderung stellt: »Digitale Lehre ist inhaltlich viel klarer. Vor allem muss man gut vorbereitet sein.« So sei auch die Interaktion auf digitalem Wege kontrollierter als gewohnt: Wer redet wie lange? Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Einwand? Wo sonst ein Blick in die Runde verrät, ob Teilnehmende etwas nicht richtig verstanden haben oder sich gerade langweilen, müssen nun neue Wege gefunden werden, um ein gutes Lernerlebnis für alle zu ermöglichen.
Dies wird nicht zuletzt auch vom Funktionieren der Technik, insbesondere Kameras und Mikrofonen, sowieso von der Qualität der Internetverbindungen abhängig sein.
Wie gut der digitale Start ins Semester gelingt, wird sich ab dem 4. Mai zeigen. Bis dahin berichten wir über die Vorbereitungen an den einzelnen Fakultäten und die Planung neuer Lehrformate und -inhalte für das Sommersemester 2020 in den nächsten Teilen dieser Artikelserie.
Kontakt und Redaktion:
Claudia Weinreich und Miriam Rebsamen // presse@uni-weimar.de
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