Wieso ein Erdbebenforschungszentrum in Weimar etabliert wurde, weshalb er keine Egoisten, sondern Ingenieurpersönlichkeiten ausbilden möchte, und warum der Studiengang Natural Hazards and Risks in Structural Engineering (NHRE) so anerkannt ist, dass er seit Jahren vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert wird – wir haben mit Dr. Jochen Schwarz von der Bauhaus-Universität Weimar gesprochen und nachgefragt.
Als Jochen Schwarz im Jahr 1976 sein Bauingenieurstudium an der Bauhaus-Universität Weimar aufnahm, hat er noch nicht geahnt, dass die Erdbebenforschung sein ganzes weiteres Leben bestimmen würde. Im Diplom 1980, seinem anschließenden Forschungsstudium und in seiner Promotion, die er 1984 bei Prof. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. e.h. Erhard Hampe ablegte, beschäftige er sich mit Grundfragen der Erdbebenforschung und der Auslegung von Spezialbauwerken unter extremen Einwirkungen. In seiner späteren beruflichen Tätigkeit bearbeitete er eigenverantwortlich diverse Erdbebenprojekte, die mit dem Anlagen- und Kernkraftwerksbau zu tun hatten und entwickelte die erste Erdbebennorm für das Territorium der DDR. Mit seinem Fachwissen im Gepäck und der von ihm mit initiierten Deutschen Task Force Erdbeben bereiste er viele Jahre unmittelbar betroffene, seismisch aktive Krisengebiete, um Erdbebenschäden ingenieurtechnisch zu analysieren und Erfahrungswerte in die Folgenbewältigung einzubringen.
Mit dem Earthquake Damage Analysis Center, kurz EDAC, wurde für diese Arbeiten ein institutioneller Rahmen konzipiert und etabliert. Als fester Bestandteil der universitären Forschung und Lehre an der Fakultät Bauingenieurwesen feiert es in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Dr. Schwarz hat aber nicht nur das Erdbebenzentrum aufgebaut, sondern ist auch seit über zehn Jahren Leiter des englischsprachigen und internationalen Studiengangs Natural Hazards and Risks in Structural Engineering (NHRE), dem teilnehmerstärksten Masterstudiengang der Fakultät Bauingenieurwesen. Diesen Posten gibt er zum Ende des Sommersemesters 2021 an Prof. Dr. Guido Morgenthal und Jun.-Prof. Dr.-Ing. Lars Abrahamczyk ab. Ein guter Zeitpunkt um ein Resümee zu seiner Forschungsarbeit und seinen Bemühungen um den Studiengang NHRE zu ziehen.
In diesem Jahr feiert das EDAC bereits sein 25-jähriges Bestehen an der Bauhaus-Universität Weimar. Woher kam seinerzeit der Wunsch, ein wissenschaftliches Zentrum zur Erdbebenforschung aufzubauen und wie sieht Ihre Arbeit innerhalb des Erdbebenzentrums aus?
JS: Zur Beantwortung muss ich etwas weiter ausholen und einige wichtige Stationen zumindest andeuten. Meine ersten Eindrücke von Erdbebenschäden habe ich im Rahmen einer Forschungskooperation mit dem Kasachischen Forschungszentrum in Zentralasien gesammelt. Dieses half unsere zuvor für den Anlagenexport entwickelten Konstruktionskataloge für Erdbebengebiete beim Gebirgsschlag 1989 in Völkershausen anzuwenden. Im Rahmen einer Working Group und später als Koautor der European Macroseismic Scale konnte ich auf einen Fundus von gesammelten Erdbebenschäden zurückgreifen. Diese Zeit überlagert sich mit der UN-Dekade zur Reduzierung der Folgen von Naturkatastrophen (IDNDR) und dem offiziellen deutschen Beitrag, mit einer TaskForce Erdbeben, Know-how aus verschiedenen Disziplinen und moderne Messtechnik nach Erdbebenereignissen international anzubieten und auf Anfrage über das Außenministerium auch in einer Einsatzgruppe zu aktivieren. Nach dem starken Erdbeben in Erzincan (Türkei) 1992 wurde ein Jahr später das Deutsche Task Force Komitee mit Sitz am GeoForschungsZentrum Potsdam gegründet. Ich war als stellvertretender Vorsitzender verantwortlich für die Koordination der Ingenieureinsätze. Was im Ingenieurbereich fehlte, war eine institutionelle Anbindung, die es bei den Seismologen und Geophysikern mit dem GFZ gab. In Zusammenarbeit mit meinem Freund und Kollegen Gottfried Schmidt und unterstützt durch meinem Doktorvater Erhard Hampe wurde die Idee zur Etablierung eines Erdbebenzentrums bei den damals Verantwortlichen der Universität und Fakultät mehrfach vorgetragen.
Mit der Konzeption der verschiedenen Phasen und der Förderung durch Uni-Mittel ging es 1996 also richtig los mit dem Earthquake Damage Analysis Center, kurz EDAC. Die »Starthilfe« sah keine zusätzlichen Stellen vor, war aber so großzügig gehalten, dass wir die technische Ausstattung erheblich verbessern konnten. Es wurde vereinbart, dass das Erdbebenzentrum seine Existenzberechtigung dadurch nachweist, dass es sich nach kurzer Anlaufphase selbst finanziert. Das ist, wie auch der Stamm der langjährigen Mitarbeiter – anerkennend sagt man international »Senior Researcher« – zeigt, gelungen und nicht immer einfach gewesen. Einsätze der Task Force mit Ingenieurbeteiligung gingen danach wirklich im Jahresrhythmus u.a. nach Indien, Griechenland, mehrfach nach Chile und Venezuela, Indonesien und immer wieder in die Türkei. Es folgten Wiederholungseinsätze, um mit veränderter Messtechnik und beispielsweise durch Gebäudemessungen die Ereignisse nach modernstem Standard und mit neuen Ansätzen auszuwerten und mit den Partnern vor Ort »die Lehren« einzubringen.
Es war ein glücklicher Umstand, dass der Freistaat Thüringen Ende der 1990er Jahre größere Forschungsprogramme auflegte, wir in die Risikoanalyse Erdbeben einsteigen und einen ersten Mitarbeiterstab binden konnten. Wegen der damals einsetzenden Projekt- und Reiseangebote war es nicht ganz zufällig, dass sich außergewöhnlich talentierte Studierende für die Erdbebenvorlesungen entschieden, daran anknüpfend in den Diplomarbeiten vertieften und drittmittelfinanzierte Forschungsstellen am EDAC angenommen haben. Sind waren die Basis, um eine eingespielte, sportlich aktive, mental und körperlich belastbare Gruppe zu bilden. Einige der Kollegen haben nach ihrer Promotion überaus verantwortliche Tätigkeiten im Ausland übernommen.
Es war rückblickend wohl meine Aufgabe, den nahtlosen Übergang der unterschiedlichen »Generationen« zu sichern und auf die neuen Herausforderungen einzustellen – und natürlich die Forschungsmittel zur Finanzierung zu organisieren. In der Summe dürfte ich über 80 Forschungsprojekte beantragt und geleitet haben. Damit ist klar, dass dafür auch Berichte und anwendungstaugliche Ergebnisse vorgelegt werden mussten. In der Regel waren die Themen und Aufgaben so spannend und herausfordernd, dass die Belastung zumeist nicht als solche empfunden wurde und der Wettlauf mit den Terminen ohne klare Vorgaben und Motivation nicht zu gewinnen war. Maßgeblich in dieser Phase war der Ausbau der messtechnischen Ausstattung, mit der innovative Methoden der Standort- und Bauwerksuntersuchungen erprobt bzw. eingeführt werden konnten. Diese Komponenten haben nicht nur das Forschungsprofil erweitert, sondern sind auch in die ersten englischsprachigen Lehrangebote eingeflossen. Ausdruck dieser Entwicklung war die Einrichtung des Erdbeben-Infoterminals in der Parkhöhle zusammen mit dem Monitor im Foyer des Hörsaalgebäudes Marienstraße 13 – beides seit 2009 in tadellosem Betrieb. In diese Zeit fällt auch die Übernahme des internationalen Studienangebots zu den Naturgefahren und die Etablierung des Master-Studiengangs NHRE. Es war somit ein langer Weg, auf dem die Bausteine für ein gutes Fundament folgerichtig gesetzt und verzahnt werden konnten.
Zu meiner Arbeit heute, also zur saloppen Frage: »Was mache ich als Chef«? Ich sorge dafür, dass die Zusammenarbeit der Kollegen, die bei bestimmten Aufgaben am effizientesten zusammenarbeiten sollten, funktioniert, und dass auch in angespannten Situationen der Reiz der wissenschaftlichen Themen motivationsstiftend vermittelt wird. Nach verschiedenen Anläufen sind wir nun auch in einem großen EU-Projekt mit über 20 Partnern beteiligt. Das ist für alle Beteiligten ein neues und nicht ganz stressfreies Erfahrungsfeld.
Sie waren es auch, der den englischsprachigen und internationalen Masterstudiengang Natural Hazards and Risks in Structural Engineering als Studiengangleiter an der Fakultät Bauingenieurwesen konzipiert und 2010 erstmals erfolgreich und 2017 erneut durch die Akkreditierung geführt hat. Was hat Sie bei diesem Prozess angetrieben und welche Inhalte sowie Ziele vermitteln Sie den Studierenden innerhalb des Studiengangs?
JS: Die Leitung des damaligen Lehrangebots Natural Hazard Mitigation in Structural Engineering (NHMSE) als einer Vertiefungsrichtung der Bauingenieurausbildung habe ich 2008 auf Wunsch der Fakultät übernommen. Dies war verbunden mit der Bitte, die Lehrformate in einen Studiengang zu überführen und dabei auch die Förderkriterien des DAAD im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung zu berücksichtigen. Ich habe diese Aufgaben gemeinsam mit den Lehrenden und Kollegen des EDAC an- und wahrgenommen.
Ein Studiengang spezialisiert Studierende in einem Berufsbild. Ich wurde sehr früh von meinem Doktorvater in einer interdisziplinären Sichtweise geprägt und hatte später durch die Projekte und internationale Vernetzung eine relativ klare Vorstellung, was ein Studiengang im Bereich der Naturgefahren braucht und auf welche Inhalte es ankommt. Die Schäden an Bauwerken sowie Tote bei eingestürzten Stahlbetonbauten hat der Ingenieur zu verantworten – besser: zu verhindern. Er muss die Gefährdung, die Einwirkungscharakteristik und richtigen konstruktiven Lösungen kennen. Und es gibt Grundlagen, Anwendungen und Projekte. Das galt es zu kombinieren. Es ist eine einmalige Chance, im universitären Bereich etwas neu zu gestalten und nicht nur bestehende Vorlesungen zusammen zu reihen. Das Konzept des Studiengangs basiert auf dem Kreislauf »vor-während-nach-dem Ereignis«. Dem lassen sich die erforderlichen Lehrmodule mit Fokus auf dem Konstruktiven Ingenieurbau und anderen Fachgebieten (mathematische Grundlagen, Struktur- und Bodendynamik, Katastrophenmanagement etc.) zuordnen.
Im Jahr 2010 konnte der Studiengang Natural Hazards and Risks in Structural Engineering (NHRE) etabliert und, ich denke aufgrund des überzeugenden Konzepts, problemlos durch die Erst-Akkreditierung geführt werden. Verschiedene Module sind neu und erstmals so kreiert worden, z.B. geografische Informationssysteme und die Aufnahme großer Gebäudebestände. Die erneute Akkreditierung erfolgte 2017 ebenfalls erfolgreich. Der Studiengang kann bis 2024 unter diesen Rahmenbedingungen angeboten werden.
Vielleicht noch eine Bemerkung zu den Studierendenzahlen: Anfangs fanden die Veranstaltungen im Seminarraum statt. Es bedurfte des Stehvermögens aller Lehrenden, um sich nicht an Kurzzeiteffekten zu orientieren. 2018 hatten wir fast 90 Studierende im Erstsemester, es mussten mehrere Seminargruppen gebildet werden. Dies stemmt man angesichts der Personaldecke und Kapazitätsberechnungen nicht nebenbei. Ein Jahr später wurden deshalb die Zulassungskriterien verschärft, um die Teilnehmerzahl zu reduzieren.
Dass der Studiengang national und international anerkannt ist, zeigt auch die jährliche Förderung durch den DAAD. Wie sieht diese Förderung aus und was macht den Studiengang Ihrer Meinung nach so erfolgreich und beliebt bei den vorwiegend internationalen Bewerberinnen und Bewerbern?
JS: Der Studiengang wurde frühzeitig für die Förderung im Rahmen des DAAD-Förderprogramms »Postgraduate Courses for Professionals with Relevance to Developing Countries« ausgewählt. Dies bedeutet, in einem klar reglementierten Auswahlverfahren jährlich Stipendien vergeben zu können und somit ein stabiles Gerüst von LeistungsträgerInnen im Studiengang zu haben. Wir erhalten mittlerweile jedes Jahr sieben Stipendien, im nächsten Erstsemester sogar neun. Die Förderung beinhaltet ca. 200.000 Euro Förderung für die Stipendiaten, die sich somit voll auf das Studium konzentrieren können und ca. 35.000 Euro für die Tutorien und die Betreuung. Für jedes Stipendium benötigen wir mindestens fünf Bewerbungen. Die Zahl liegt in der Regel zwischen 60 bis 90, also weitaus höher, sodass wir wirklich anhand der Unterlagen, wie Leistungsnachweisen und Motivationsschreiben, exzellente Kandidaten auswählen und dabei regionale Aspekte, z.B. betroffene Katastrophengebiete, berücksichtigen können. Und gern – mit sehr guten Erfahrungen – den Frauenanteil erhöhen.
In der Bilanz meiner Verantwortlichkeit haben wir stets ausgezeichnete Kandidaten gefunden und gefördert. Wenn die Abschluss-Statistiken stimmen, gehören die NHRE-Studierenden auch zu den besten im gesamten Masterbereich. Die Auswahl trägt dazu bei, dass es auch bei einer hohen Studierendenzahl im Kurs ein anerkanntes Leistungsniveau gibt. Bildlich gesprochen: »Wer ausreichend Stabilisierungspunkte hat, verhindert die Hängematte«. Das heißt, der Kurs wird insbesondere durch die Stipendiaten getragen. Was die Anerkennung und Förderung betrifft, gibt es zwei wichtige Faktoren. Zum einen ist die Existenz des Erdbebenzentrums (EDAC) natürlich für den Kurs ein starkes Argument: Aus den Erdbebeneinsätzen hat sich neben den Forschungsthemen eine Symbiose zu den Lehrinhalten eröffnet. Zum anderen gehören die Bauhaus Summer Schools dazu, die nahezu zeitgleich mit Gründung des Erdbebenzentrums von der Fakultät angeboten wurden. Sie haben gezeigt, dass die Fakultät in der Lage ist, international aufzutreten, verschiedene Lehrformate anzubieten und unterschiedlich fortgeschrittene Graduierungsebenen, Studierende oder Doktoranden anzusprechen.
In einer SWOT-Analyse (Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken) wurde festgestellt, dass NHRE national und international in der Verbindung zu den Forschungszentren ein Alleinstellungsmerkmal besitzt: Es besteht darin, dass sich ein Großteil der Lehre aus eigenen Forschungsarbeiten vermitteln lässt und Inhalte – hier insbesondere die Projekte – auf die Situation in den Heimatländern zugeschnitten sind. Hier trifft die Relevanz der Themen auf praxisnahe Probleme und konkrete Fallbeispiele.
Als Studiengangleiter haben Sie natürlich eine besondere Verantwortung Ihren Studierenden gegenüber. Wie bereiten Sie Ihre Absolventen auf den Arbeitsmarkt, aber auch auf deren weiteren Lebensweg vor? Ist Ihnen dabei etwas besonders wichtig?
JS: Wir sind verantwortlich dafür, dass die Absolventen eine Berufsperspektive haben, diese überhaupt wahrnehmen und auch Führungsaufgaben übernehmen können. Der Mindestanspruch besteht darin, gute Ingenieure auszubilden, die mehr wissen und können als andere, da die Auslegung gegen Naturgefahren bedeutet, die Gebäudesicherheit bewerten, nachweisen und gewährleisten zu können. Mit diesem Fundus können sich die Absolventen auch bei Standardaufgaben behaupten.
Wir haben nahezu ausschließlich internationale Studierende im Kurs. Ich war in der Regel informiert, welche Situation in den Ländern herrscht – nicht nur erdbebenmäßig. Das ohnehin. Man studiert nicht im Ausland in einem quasi aseismischen Land, wenn nicht der Ruf vorauseilt, dass die Lehrenden durch ihre Forschungsexpertise und Erfahrungen glaubwürdig sind; insbesondere dann, wenn sie die Zielregionen kennen und bei schweren Ereignissen dort tätig waren. Man überzeugt nicht, wenn man fremde Bücher als alleinigen Lehrstoff zur Grundlage nimmt. In meinen Vorlesungen habe ich zumeist meine bzw. später unsere Forschungsergebnisse und Publikationen zugrunde gelegt. Wenn ein Beitrag z.B. von einer Weltkonferenz in Chile, also Südamerika, stammt, woher Studierende kommen, hat das einen doppelten »Aha«-Effekt.
Während des Studiums ist man, insbesondere bei internationalen Studierenden, die sich in der Regel ihren Aufenthalt in Deutschland selbst finanzieren müssen, verantwortlich, zu kontrollieren, dass die Arbeitslast im Rahmen des Vertretbaren bleibt, und es keine »disproportionalen« Exzesse gibt. Kurz: Nebenfächer dürfen nicht zu Lasten der Hauptmodule erschöpfen. Zudem muss der Studiengangleiter sehr breit gefächert auch persönliche Probleme der Studierenden in Handlungslinien führen können, er sollte mit seiner ganzen Autorität und Lebenserfahrung zur Klärung beitragen können. Der Studierende darf von mir erwarten, dass ich ihn unterstütze und fordere. Da ich grundsätzlich alle Klausuren und Belege in meinen Veranstaltungen des Erst- und Zweitsemesters ansehe, kenne ich die Studierenden und lasse mich von interessanten Lösungsansätzen und Antworten überraschen. Leider schaffe ich es bei 70 oder 80 Studierenden nicht mehr, auch noch die Unterlagen selbst anzuschauen. Das muss die Fachstudienberaterin Dr. Silke Beinersdorf übernehmen. Es ist wichtig, dem bisherigen Lebensweg der Studierenden mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Noch wichtiger ist es aber, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie im Studium gut ausgebildet und geführt zum Ziel kommen.
Zurück zum Arbeitsmarkt: Die Studierenden werden als Structural Engineer hervorragend auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Neben dem Fachlichen ermöglichen die Lehrformate die Schulung im Auftreten durch Präsentationen – Projekte verlangen Teamfähigkeit. Wer mit Naturgefahren in seinem Heimatland zu tun hat, sollte als ExpertIn zu Hause nicht nur die Schäden bearbeiten und analysieren können, sondern auch Normen entwickeln oder in Ministerien Verantwortung übernehmen. Der Studiengang – ich wiederhole mich – ist projektbezogen auf die Heimatländer orientiert, das heißt, die Studierenden müssen z.B. Messdaten aufbereiten und sich mit ihren Behörden bezüglich der Datenverfügbarkeit auseinandersetzen. Wir wollen keine Egoisten ausbilden, auch wenn es natürlich »Effizienzkriterien« gibt, die nicht zu übersehen sind, nämlich zügig auf dem deutschen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Es beruhigt, dass sich Nachfrage und Qualifikationsangebot finden und die NHRE-Absolventen wirklich erstaunlich interessante Aufgaben und Verantwortlichkeiten übernehmen.
Nach über 10 Jahren übergeben Sie Ihren Posten als Studiengangleiter zum Ende des Sommersemesters. Schwingt da ein bisschen Wehmut mit?
JS: Wechsel sind ein natürlicher Vorgang, ermöglichen neue Ideen und sind gelegentlich ein altersbedingtes Erfordernis. Natürlich schwingt die Wehmut des Abschieds mit, da die Aufgaben inhaltlichen Handlungs- und Gestaltungsraum ermöglichen und im Kontakt mit den internationalen Studierenden immer wieder mit neuen Herausforderungen überraschten. Mit der Übergabe an Prof. Morgenthal und Jun.-Prof. Abrahamczyk, die beide langjährig im Studiengang zu den Kernvorlesungen beitragen, wird nun eine neue Form der Arbeitsteilung möglich, die den Studiengang auch in unruhigen Zeiten auf Kurs hält. Meine Planung sah den Wechsel bereits im letzten Jahr vor. Nach der langen Pause in 2020 und der coronabedingten Komplettumstellung auf digitale Lehrformate war es geboten, keine zusätzliche Unruhe in den Kurs zu bringen, sondern – bildlich gesprochen – als Kapitän an Bord zu bleiben und das Schiff in ruhiges Fahrwasser zu führen. Der Übergang geschah also fließend und wird nun zum Semesterende vollzogen. Nebenbei habe ich meine eigenen Vorlesungsreihen auch digital neu konzipiert. Ich bin also im Rückblick eher erstaunt und mit mir selbst im Reinen, was Anspruch und Umsetzung betrifft. Wehmut kann aufkommen, wenn man das lange Zeitfenster und einzelne Momente darin Revue passieren lässt. Das haben die Tagesaufgaben aktuell nicht zugelassen.
Nach der langen Zeit an der Bauhaus-Universität Weimar: Wie geht es jetzt bei Ihnen weiter? Bleiben Sie der Fakultät Bauingenieurwesen noch ein bisschen erhalten?
JS: Ich war in der Tat sehr lange an der Hochschule. Zwischen Abitur und Armee habe ich bei meinem späteren Doktorvater als technische Hilfskraft gearbeitet. Ich bin mit Ort und Einrichtung also verbunden. Im Studiengang werde ich noch mit Vorlesungen zur Verfügung stehen und bei der Übernahme der Kernvorlesungen behilflich sein. Zudem ist ein Ratgebergremium angedacht, dass die internationalen Kontakte für die Spezialprojekte unterstützen soll. Das ist coronabedingt liegen geblieben. Gern komme ich auf die Einladungen der Absolventen zurück, um aus der Problemlage vor Ort auch die Anforderungen im Kurs zu justieren. Ansonsten werde ich mich nun intensiver den bis 2023 laufenden Forschungsvorhaben widmen und diese als Projektverantwortlicher zum ordnungsgemäßen Abschluss bringen. Ein DFG-Thema ermöglicht es, das von mir eingeführte Konzept der Schadensklassifikation und Verletzbarkeitsbewertung auf andere Naturgefahren und Kaskadenereignisse (z.B. Tsunami) zu übertragen. Dabei geht es um die geschosskonkrete Schadensprognose für Bauwerksbestände, die von verschiedenen Ereignisextremen bedroht sind. Damit würde sich für mich der Kreis der eigenen, vor 30 Jahren begonnenen, Forschungslinie schließen.
Seit vielen Jahren bin ich stellvertretender Obmann des DIN (Deutsches Institut für Normung) und nationaler Delegierter im Europa-Team, das für die Erdbebenbaunormung verantwortlich ist. Es laufen Arbeiten zur Einführung der nächsten Generation der Erdbeben-Euronormen. Die Phase endet in 2023/24. Ich gehe davon aus, dass in einem bestimmten Zeitfenster Rat und Erfahrung gefragt und noch wertgeschätzt sind. Insbesondere dann, wenn es auch einmal der klaren Ansprache, der klärenden Moderation bedarf.
Weitere Informationen zum Erdbebenzentrum erhalten Sie unter: https://www.edac.biz/
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