Methodischer Ansatz

Methodischer Ansatz

Partialmodelle auf den Gebieten der Analyse und Synthese im ingenieurtechnisch-naturwissenschaftlichen Kontext werden im theoretischen Bereich überwiegend durch physikalisch-mathematische Beschreibungen repräsentiert. Eine effektive Bearbeitung wird zunehmend durch numerische Methoden ermöglicht. In den Ingenieurdisziplinen, auch im Bauwesen, wird die Methode der Finiten Elemente in stark steigendem Maße auf allen Gebieten eingesetzt. Dies betrifft sowohl die Forschung als auch die Praxis. Diese Methode soll deshalb eine zentrale Rolle im Bearbeitungsprozess spielen und die Methoden und Verfahren der Stochastischen Modellierung, der Multiskalen- und der Adaptiven Modellierung im notwendigen Umfang einbinden.

Die Qualität von Modellen lässt sich über die Definition der verwendeten Parameter und Analysesysteme bewerten (siehe Tabelle). Damit wird es möglich, unterschiedliche Niveaus für die verwendeten Partialmodelle über allgemeine Begriffe zu definieren und diese Niveaus gegeneinander abzugrenzen. Partialmodelle werden in diesem Zusammenhang definiert als Teilmodelle, die separat betrachtete Teilaspekte bei der Projektbearbeitung eines Bauwerkes abbilden, z. B. globale Tragfähigkeit, Konstruktionsdetaillierung, Baugrundverhalten. Die Verwendung eines globalen, alle Sichten auf ein Bauwerk abbildenden Gesamtmodells ist technisch bisher nicht möglich.

 

In Bezug auf die unterschiedlichen Partialmodelle können drei Abstraktionsniveaus definiert werden, die unterschiedliche Qualitäten in den Vorgehensweisen widerspiegeln. Die Anzahl der Niveaus wird hier in Anlehnung an entsprechende Definitionen in der Zuverlässigkeitstheorie, bezeichnet als Levels, festgelegt und folgt damit praktischen Gesichtspunkten.

Die Entwicklung der theoretischen Grundlagen der Bauingenieurdisziplinen und der verfügbaren Analysemethoden zeigt gegenwärtig einen stetigen Übergang von den im wesentlichen deterministischen, geometrisch und physikalisch linearen Betrachtungen zu nichtlinearen Betrachtungen und semi-probabilistischen Annahmen für Lasten, Materialeigenschaften usw. Diese Übergänge erfolgen teilweise unabhängig voneinander in den einzelnen Ingenieurdisziplinen und den damit verbundenen Partialmodellen. Da auch die Normenentwicklung bisher relativ stark in einzelne Fachgebiete, wie Geotechnik, Massivbau, Stahlbau usw., untergliedert ist, entstehen in der Konsequenz dann sehr häufig unterschiedlichste (Partial-) Modellniveaus, die aus Tradition oder Nichtwissen dann in unzureichender Weise gekoppelt werden (Bild 2).

Übergänge zwischen unterschiedlichen Modellniveaus von Partialmodellen sind in der Regel schwierig zu modellieren, da diese oft völlig unabhängig voneinander betrachtet werden und die in sie einfließenden Eingangsparameter nicht aufeinander abbildbar und damit die Ergebnisse unterschiedlicher Natur sind. Darüber hinaus folgen die verwendeten Analyseverfahren der Partialmodelle unterschiedlichen methodischen Ansätzen.

Aussagen über das Gesamtmodell werden schließlich abgeleitet aus der integrierten Betrachtung sämtlicher Partialmodelle. Interaktionen zwischen separaten Partialmodellen werden in vielen Fällen über einfache, stark abstrahierte Schnittstellen, abgebildet. Ein Beispiel hierfür ist die Boden-Bauwerk-Interaktion, die oft durch Bodenfedern simuliert wird.

In der theoretischen Betrachtung ist zu untersuchen, wie ein Übergang zwischen den Partialmodellen, welche unterschiedlichen Abstraktionslevel zugeordnet werden können, erfolgen kann. Ziel ist es die Qualität der Gesamtaussage zu steigern und wissenschaftlich basierte Methoden für eine Kopplung zu Verfügung zu stellen.

Aus der Sicht der Ingenieurpraxis ist das Problem der voneinander unabhängigen Entwicklung von Partialmodellen zu höheren Abstraktionsniveaus und die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die an ein Partialmodelle angekoppelten anderen Partialmodelle zu untersuchen. Hier sind Methoden zu entwickeln, die eine adaptive Anpassung der gekoppelten Partialmodelle erlauben und damit die Qualitätsanforderungen von einem zum anderen Partialmodell konsistent übernehmen (Bild 2).

Eine ergänzende Vorgehensweise zur Bewertung der Modellqualität nach dem oben vorgestellten Konzept, liegt in der Entwicklung einer Methodik zur quantitativen Bewertung der Qualität von Partialmodellen und Modellkopplungen, welche auf Energieaussagen beruht. Innerhalb des durch den Abstraktionsprozesses eingeschränkten Lösungsraums des mechanischen / physikalischen Problems lassen sich in Anlehnung an bekannte Vorgehensweisen zur Bewertung von Diskretisierungsfehlern (in Raum und Zeit) sowie von Dimensions- bzw. Modellfehlern, die Dimension des Lösungsraums expandierende bzw. reduzierende Verfahren einsetzen, und in ihren Auswirkungen auf verschiedene Energiemaße (z. B.  globale und lokale Verzerrungsenergien, dissipative und Schädigungsenergien usw.) quantitativ bewerten. Mit dieser Methodik werden die unterschiedlichen Einflüsse / Ursachen auf die Modellabweichung von Partialmodellen, wie z.B. Dimensions- und Skaleneinflüsse, Einflüsse unterschiedlicher Abstraktionsniveaus der  Materialgesetze, Berücksichtigung oder Vernachlässigung transienter Effekte oder Einflüsse in der Folge unterschiedlicher Linearisierungsansätze im Rahmen nichtlinearer Probleme, quantitativ erfasst.

Zur Untersuchung der Modellsensitivität, als Maß für die quantitative, und ggf. auch qualitative, Veränderung in den Aussagen eines Modells bei Änderung der Parameter und Eingangsgrößen, lassen sich angepasste Verfahren aus der Zuverlässigkeitsanalyse einsetzen. So können beispielsweise in Bereichen stetiger Lösungsfunktionen mit wenigen Ergebnispunkten Antwortfunktionen als Ausgleichsfläche im vorgesehenen Parameterraum erzeugt werden. Die Ableitungen der Antwortflächen lassen sich als Maß der Sensitivität der Antwort bei Schwankungen der Eingangsparameter verstehen und ermöglichen damit eine quantitative Bewertung.

Zur Bewertung der Modellrobustheit, als Maß für die Fähigkeit eines Modells für Parameter und Eingangsgrößen, innerhalb eines, für das Bauwesen typischerweise weiten, Nutzungsbereichs brauchbare Aussagen zu liefern, kann die Größe des Antwortbereichs in dem sich noch hinreichend glatte Antwortflächen finden lassen, bzw. keine Singularitäten zu finden sind, dienen. Als alternative Vorgehensweisen zur Bewertung der Robustheit können Verfahren der Störungstheorie und Intervallrechnung eingesetzt werden.

Auch hierfür lassen sich Bewertungsmaße, basierend auf Abweichungen von Energiemaßen zwischen gestörten Lösungen und ungestörten Referenzlösungen, das heißt bei einem Einhalten der Anforderungen an den Nutzungsbereich, vorstellen.

Die Fehlerfortpflanzung bei der für komplexe Aufgaben des Ingenieurwesens notwendigen Kopplung von Partialmodellen ist eine bisher in der Literatur nicht dokumentierte Fragestellung.

Weitere Ausführungen zur geplanten Methodik für die quantitative Bewertung von Partialmodellen und Modellkopplungen finden sich in der Beschreibung zum Forschungsschwerpunkt I.

Zur Konzeption und Umsetzung der notwendigen informationstheoretischen Kooperationsplattformen, werden sowohl Ansätze mit versionierten Objektmodellen als auch mit operativen Modellen untersucht. Damit sollen Computerwerkzeuge entstehen, die die Planungsprozesse unter Nutzung gekoppelter Partialmodelle unterstützen und ein synchrones Manipulieren und zeitnahes Berechnen und Visualisieren der Modellantworten erlauben. Soweit möglich, werden hierzu bestehende Single-User Anwendungen in einer verteilten Umgebung eingesetzt. Es kommen aktuelle Technologien wie die objektorientierte Methode sowie die Agententechnologie zum Einsatz.