Gemeinsame Forschung mit Partnern in Bhutan
Projekttitel:
SusTherm - Potentialstudie zur nachhaltigen Wärmedämmung von Gebäuden unter den alpinen Klimabedingungen Bhutans
Förderstelle:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Projektdauer:
01.02.2015 - 31.12.2016
Projektleiter:
Prof. Dr. Mark Jentsch
Projektpartner:
Tenzin (director of department) & Karma Namgyel (chief engineer),
Engineering Adaptation and Risk Reduction Division (EARRD),
Department of Engineering Services (DES),
Ministry of Works and Human Settlement (MoWHS)
Am Projekt beteiligte Personen:
Bauhaus-Universität Weimar: Dipl.-Ing. Christoph Kulle, Dr. Torsten Seiffarth, Dr. Thomas Haupt, Tobias Bode, Toni Pauer
Department of Eneering Services: Tenzin, Karma Namgyel, Karma Euthra, Jamyang Dukjey, Karma Tenzin
Projektbeschreibung
Die meisten bestehenden Gebäude in Bhutan verfügen nicht über eine Wärmedämmung und zeichnen sich durch hohe Infiltrationsraten durch schlecht abgedichtete Fenster und Türen aus. Um diese Situation zu verbessern, untersuchte das Projekt SusTherm die allgemeine Durchführbarkeit der Verbesserung der Luftdichtheit und der Verwendung von Wärmedämmstoffen in Bhutan. Dafür wurden Lösungen untersucht, die zur vorhandenen Ressourcenbasis passen und mit dem lokalen Know-how verwurzelt sind.
Das Projekt umfasste vorläufige Gebäudemonitoringstudien, um einen Hinweis auf das aktuelle thermische Verhalten des vorhandenen bhutanischen Gebäudebestands zu erhalten. Ergänzt wurde dies durch Laborarbeiten an bhutanischen Baustoffen in Deutschland sowie die Ausbildung von bhutanischen Nachwuchsforschern zum Einsatz von bauphysikalischen Messgeräten. Der Schwerpunkt dieses Projektes lag auf der Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung nachhaltiger Wärmedämmstoffe, indem erstmals grundlegende Informationen über die thermischen Eigenschaften des aktuellen Gebäudebestands in Bhutan erstellt wurden.
Die Ergebnisse der Forschungskooperation wurden in einer Fachzeitschrift zur Verbreitung der wichtigsten Forschungsergebnisse publiziert. In dieser Veröffentlichung werden Empfehlungen für die thermische Verbesserung von Gebäuden in Bhutan gegeben.
Projekthintergrund
In den Industrieländern stand die Wärmedämmung in den letzten Jahrzehnten im Mittelpunkt einer Vielzahl von Forschungsarbeiten. Dies könnte zu der Schlussfolgerung führen, dass es neben der fortgeschrittenen Materialforschung keinen wissenschaftlichen Bedarf für weitere Untersuchungen gibt. Dies bleibt jedoch hinter der Realität in Entwicklungsländern zurück, in denen technische Kapazitäten, Fähigkeiten und finanzielle Ressourcen für die Herstellung und Umsetzung von High-End-Lösungen wie Mineralwolle oder Polystyrol/Polyurethanschaum fehlen. Erst recht mangelt es an Einrichtungen, die benötigt werden, um diese Materialien am Ende ihrer Nutzungsdauer angemessen zu entsorgen. Im Rahmen der Möglichkeiten eines Entwicklungslandes ist eine individuelle Überprüfung der lokal verfügbaren Ressourcen und Qualifikationsbasis erforderlich, um umweltpolitisch, ökonomisch und sozial tragfähige Lösungen für die thermische Verbesserung von Gebäuden zu entwickeln. Dies war der Ausgangspunkt der Forschungskooperation zwischen der Bauhaus-Universität Weimar und dem Department of Engineering Services in Thimphu.
Wie Abbildung 1 für Paro, Bhutan im Vergleich zu Erfurt, Deutschland, hervorhebt, haben die westlichen Gebiete Bhutans im Winter Temperaturen auf einem Niveau, das die Berücksichtigung von Wärmedämmung zu einem sinnvollen Ansatz macht. Traditionell wurden Gebäude in den westlichen Teilen Bhutans aus Stampflehmwänden und in den zentralen und östlichen Gebieten des Landes mit massiven Steinmauern errichtet [1]. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Bauweisen in städtischen Gebieten zu ungedämmten Stahlbetonskelettkonstruktionen mit einfacher Ziegelausfachung, die mit Zementputz verputzt werden, geändert [1,2].
Wie aus den Abbildungen 2 und 3 ersichtlich wird, hat die Veränderung in der Bauweise im Vergleich zu den traditionellen Baumethoden zu schlankeren Wandkonstruktionen geführt. Damit gingen auch einige der Vorteile traditioneller Konstruktionen verloren, wie z. B. die thermisch aktive Masse, die das Raumklima an heißen, sonnigen Tagen und kühlen Nächten stabilisiert [3]. Während bereits Optimierungsmöglichkeiten für traditionelle Stampflehmwände, um modernen Baustandards zu entsprechen [3], sowie das seismische Verhalten moderner Stahlbetonskelettbauten in Bhutan [4] untersucht wurden, sind bauphysikalische Fragestellungen zur Wärmedämmung und Luftdichtheit bisher nicht eingehend analysiert worden.
Das SusTherm Forschungsvorhaben hat sich mit diesem Thema befasst, indem Feldstudien zur Machbarkeit einer Verbesserung der Luftdichtheit und zur Verwendung von Wärmedämmstoffen auf Grundlage von lokalen Ressourcen und der bautechnischen Fähigkeiten in Bhutan durchgeführt wurden. Diese haben darüber hinaus den Ausgangspunkt für die Entwicklung umfassenderer Forschungsansätze im Bereich der Materialentwicklung sowie der Prüfung und dem Monitoring von Fallstudiengebäuden geliefert.
Durchgeführte Arbeit und Ergebnisse
Die Zusammenarbeit zwischen der Bauhaus-Universität Weimar und der Engineering Adaptation and Risk Reduction Division (EARRD) war geprägt von gemeinsamen Workshops und einem Austausch von Nachwuchsforschenden. Der erste Workshop fand im April 2015 in Weimar statt (Abbildung 4). Er diente dazu, einen Katalog von Forschungsfragen zu entwickeln und die Anforderungen an die bauphysikalischen Untersuchungen von Gebäuden in Bhutan zu definieren. Es wurde vereinbart, dass das Hauptziel der Potenzialstudie darin besteht, die thermischen Eigenschaften einzelner Gebäudeelemente zu untersuchen und zu bewerten, wobei der Schwerpunkt auf Wänden und Fenstern lag. Darüber hinaus wurden die für die Gebäudemonitoring in Bhutan zu verwendenden Geräte demonstriert und erste gemeinsame Tests durchgeführt, um die Partner mit den Geräten vertraut zu machen.
→ weitere Informationen zum Workshop in Weimar
Der zweite Workshop fand im Oktober 2015 in Thimphu, Bhutan statt. Dieser Workshop befasste sich mit der Verfeinerung des Monitoring-Programms für die bauphysikalischen Messungen vor Ort, die beim ersten Workshop in Weimar entwickelt wurden. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Gebäude in der Gegend von Thimphu identifiziert, wobei sichergestellt wurde, dass ein breites Spektrum typischer historischer und moderner Bauarten abgedeckt wurde. Außerdem wurde darauf geachtet, dass die ausgewählten Gebäude sowohl Wohnungen als auch Büros beinhalteten. Darüber hinaus umfasste der Workshop Besuche in einer betonstabilisierten Lehmziegel-Produktionsanlage und bei einem lokalen Fensterhersteller.
Im Rahmen des Workshops führte das komplette Team aus bhutanischen und deutschen Forschern eine erste gemeinsame Bewertung eines Gebäudes aus zementstabilisierten Lehmwänden durch. Diese Untersuchung, die in den Abbildungen 5 bis 7 dargestellt ist, zielt darauf ab, die aus Deutschland versandten Geräte zu testen sowie die für die Überwachung entwickelten Methoden zu überprüfen und zu verfeinern. Neben dem Blick auf Wand-U-Werte, das Raumklima, Wärmebrücken und kapillare Wasseraufnahme der Wände wurden Luftdichtheitsprüfungen durchgeführt und die Eigenschaften von Baustoffen, Fenstern und Fugen der Prüfgebäude dokumentiert.
Diese Bewertung bildete die Grundlage für das Gebäudemonitoring im Monat nach dem Workshop, der von den beiden am Projekt beteiligten deutschen MSc-Studenten und den drei bhutanischen Nachwuchsforschern durchgeführt wurde. Betrachtet man insgesamt 10 verschiedene Gebäude, zeigte sich, dass sowohl aktuelle als auch historische Wandkonstruktionen recht hohe U-Werte von typischerweise etwa 1,0 bis 1,5 W/m2K aufweisen. Die Luftdichtheitsprüfungen ergaben, dass die heutigen Gebäude Luftinfiltrationsraten von bis zu 5 Luftwechseln pro Stunde aufweisen, was hauptsächlich auf schlechte Fugen und Dichtungen von Fenstern und Türen zurückzuführen ist. Darüber hinaus wurde eine raumklimatisierende Wirkung historischer Bauten mit gestampften Lehmwänden im Vergleich zu modernen Bauformen demonstriert. Insgesamt ergaben die Bewertungen eine Reihe von Optionen zur Verbesserung der Qualität der Bausubstanz.
→ mehr Informationen zum Forschungsaufenthalt in Bhutan
Die drei bhutanischen Nachwuchsforscher, die bereits am Gebäudemonitoring-Programm in Bhutan beteiligt waren, kamen im April 2016 zu einem zweiwöchigen Forschungsaufenthalt nach Deutschland. In der ersten Woche ihres Aufenthaltes erhielten sie eine Weiterbildungen im Bereich des Einsatzes von Luftdichtheitsprüfgeräten sowie thermischer Durchlässigkeit und Komfortmessungen im Innenbereich. Dies war eine Vorbereitung, um solche Tests in bhutanischen Gebäuden unabhängig durchführen zu können. In der zweiten Woche folgten Labortests zur Wasseraufnahme, Druck- und Zugbiegefestigkeit und Partikelgrößenverteilung von bhutanischen zementstabilisierten Lehmziegeln (CSEB), da diese als Interessensschwerpunkt für die künftige gemeinsame Forschung identifiziert wurden (Abbildung 8). Der dritte Workshop in Weimar, der sich an den Forschungsaufenthalt der bhutanischen Nachwuchsforscher in Deutschland anschloss, diente der Auswertung der während der Forschungsaufenthalte gesammelten Daten und der Vorbereitung der Informationen, die für die unten angegebene gemeinsame Zeitschriftenpublikation benötigt werden.
→ weitere Informationen zum Forschungsaufenthalt
Basierend auf den Ergebnissen der Labortests an zementstabilisierten Lehmziegeln, die die Möglichkeiten zur Optimierung dieses Baumaterials und der damit verbundenen Bauweisen ermittelten, führte Teammitglied Toni Pauer detaillierte Untersuchungen als Teil seiner MSc-Arbeit durch. Bei Klimakammerversuchen mit zementstabilisierten Lehmziegeln konnte nachgewiesen werden, dass die Ziegel in Verbindung mit einem Kalkzementputz auf einer Holzwolledämmung eine wirksame Gebäudehülle für die bhutanischen Klimabedingungen darstellen würden (Abbildung 9). Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden gemeinsam mit den Partnern aus Bhutan Ideen für eine optimierte Bauweise entwickelt, die eine Wärmedämmschicht auf Basis lokal hergestellter Holzwolledämmplatten integriert, wie in Abbildung 10 dargestellt. Es ist zu hoffen, dass es Möglichkeiten geben wird, dies auf einem echten Demonstrationsgebäude in Bhutan in zukünftigen Kooperationsarbeiten zu testen.
Veröffentlichte Arbeiten
Jentsch MF, Kulle C, Bode T, Pauer T, Osburg A, Tenzin, Namgyel K, Euthra K, Dukjey J, Tenzin K. Field study of the building physics properties of common building types in the Inner Himalayan valleys of Bhutan, Energy for Sustainable Development, 38 (2017) 48-66. → Beitrag anzeigen
Quellen
[1] Nock D (1995), The Architecture of Bhutan, The Architectural Review, 198 (1186): 78-81.
[2] Lang DH, Sing Y, Namgyel K (2013), Building Classification Scheme for Bhutan, EQRisk project report, Report no. 13–006, Kjeller – Roorkee – Thimphu, August 2013
[3] Sethna Z (2008), A Sustainability Approach to Standards for Rammed Earth Construction in Bhutan, Fourth-year Undergraduate Project, University of Cambridge
[4] Dorji J (2009), Seismic Performance of Brick Infilled RC Frame Structures in Low and Medium Rise Buildings in Bhutan, MSc Thesis, Queensland University of Technology