openSIM

Die Anwendung von Building Information Modeling (BIM) in der Bestandsbewertung kann dazu beitragen, dass Infrastrukturbauwerke realitätsnäher bewertet und somit länger und nachhaltiger genutzt werden können. Ein wichtiger Bestandteil von BIM-Modellen in der Bestandsbewertung sind die Diagnostik-, bzw. Structural Information-Daten (SI-Daten), insbesondere, wenn Bestandsdokumente nicht zur Verfügung stehen oder die Bauwerke Schäden und Mängel aufweisen. Im Rahmen des Forschungsprojekts openSIM erarbeitet wir gemeinsam mit fünf Projektpartnern Lösungen dafür, wie SI-Daten effizienter genutzt werden können. Ziel des Projektes ist es, über den gesamten Prozess der Bestandsbewertung hinweg Standards für die Integration und Bereitstellung von SI-Daten zu definieren und in der Praxis zu erproben. Diese bilden insbesondere auch die Basis der zukünftigen prädiktiven Instandhaltung von Infrastrukturbauwerken mit Digitalen Zwillingen, auf Grundlage verschiedenster Datenquellen (Bauwerksmonitoring, Diagnostik und Bauwerksprüfung).

Das Projekt openSIM wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt 2.121.170,54 € durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.

Anlass

Ein zuverlässiger Weg, um Aufschluss über den aktuellen Zustand eines Bestandsbauwerks zu erhalten, ist es, das Bauwerk mit unterschiedlichsten diagnostischen Methoden zu untersuchen. Die dabei gewonnen SI-Daten sind jedoch sehr heterogen. Üblicherweise werden sie in Form eines Berichtes als PDF oder Ausdruck übergeben. Die Digitalisierung im Bauwesen und insbesondere die BIM-Methodik bieten Grundlagen, diese sehr analoge Arbeitsweise zu überdenken und neu zu strukturieren. Denn die gewonnenen SI-Daten bergen große Potenziale für eine noch genauere und effizientere Bewertung des Bestandes, die über den rein äußerlichen Eindruck hinausgeht. Sie ermöglichen den Blick ins Innere des Bauwerks. Auf Grundlage dieser erweiterten Datenbasis können zumeist für problembehaftete Bauwerke eine wirtschaftlichere Instandsetzungslösung bis hin zur verlängerten Nutzung erreicht werden. Allerdings herrscht bei der Bereitstellung, Verarbeitung und Nutzung von SI-Daten bislang Uneinheitlichkeit. Standards in Form von einheitlichen Datenschemata oder Datenformaten fehlen.

Projektziel

Ziel des Projekts openSIM ist es, die Verarbeitung von SI-Daten zu standardisieren. Auf diese Weise können bei der Anwendung der BIM-Methode im Zusammenhang mit Bestandsbauwerken alle Beteiligten entlang der gesamten Prozesskette die SI-Daten, die in das BIM-Modell einfließen, so effizient wie möglich nutzen. Zu diesem Zweck sollen einheitliche Standards, Prozesse und Methoden für die Verarbeitung und Visualisierung der Daten definiert werden. Darüber hinaus ist die Definition von einheitlichen offenen Schnittstellen, Datenformaten und Datenbereitstellungstools auf Basis des Open-BIM-Ansatzes notwendig. Langfristig trägt das Projekt so zum Erhalt der bestehenden Infrastruktur mit bei. Die Ergebnisse werden in einer pränormativen Arbeitshilfe zusammengefasst.

Durchführung

Zunächst wird der Status Quo rund um den Einsatz von SI-Daten bei der Bewertung von Bestandsbauwerken ermittelt. Dazu werden Themen wie die üblicherweise im Kontext diagnostischer Untersuchungen vorhandenen Anforderungen von Auftraggebern und Nutzern der entsprechenden Daten behandelt sowie nationale und internationale BIM-Standards beleuchtet. Es wird u.a. eine Übersicht über die üblichen Untersuchungsmethoden zur Gewinnung von SI-Daten sowie über praxisrelevante Untersuchungsziele und über die Anforderung an SI-Daten im Hinblick auf deren Einbindung im Kontext des Digitalen Zwillings erstellt. Aus IT-Sicht werden mögliche Datenschnittstellen und Anforderungen an die Datenverarbeitung definiert. Zudem wird eine strukturierte Prozesskette mit den einzelnen Verantwortlichkeiten und deren jeweiligem Informationsbedürfnis für die Aufgabenerfüllung im Rahmen der Bestandsbewertung erstellt.  

Daraus werden die fachspezifischen Anforderungen an die im Rahmen des Projekts zu entwickelnden Ergebnisse abgeleitet. Mit Hilfe einer SWOT-Analyse werden die weiteren Projektphasen konkretisiert. Darauf aufbauend werden Lösungsansätze entwickelt, die iterativ an realen Bauwerken und Fragestellungen erprobt und weiterentwickelt werden. In Anbetracht der Zielstellung, maximal einheitliche und skalierbare Standards zu definieren, werden dabei Infrastrukturbauwerke aus dem Bereich Straße, Schiene und Wasserstraße berücksichtigt. Während des Projekts findet ein intensiver Austausch mit Partnern der Praxis und Wissenschaft statt.

Erwartete Ergebnisse

Als Projektergebnis wird eine pränormative Arbeitshilfe in Form eines Merkblatts über alle Prozessschritte der Bestandsbewertung erarbeitet. Diese Arbeitshilfe soll eine ganzheitliche und praxisorientierte Hilfestellung bei Diagnostikprojekten darstellen, bei denen die BIM-Methode angewendet wird. Die Arbeitshilfe richtet sich an Auftraggeber, Bauherrn, Planer und Diagnostiker. Die Relevanz der Arbeitshilfe und des gesamten Forschungsprojekts ist groß und wird stetig weiter zunehmen, da die Bestandsbewertung ein wesentlicher Baustein für ein effizientes, nachhaltiges und ressourcenschonendes Infrastrukturmanagement ist.

Projektpartner

Für das Projekt openSIM haben sich folgende sechs interdisziplinäre Partner aus Wissenschaft und Praxis zusammengeschlossen. Neben unserer Professur sind das:

  • Marx Krontal Partner: Erfahrungsträger in der Bauwerksdiagnostik (zerstörungsfreie/-arme Werkstoffprüfung), Bauwerksmonitoring, Innovationstreiber im Bereich der digitalen Transformation des Bauwesens und Projektkoordinator des Projekts openSIM
  • Bau-Consult Hermsdorf GmbH: Erfahrungsträger als Ingenieurbüro mit dem Einsatz von BIM im Neubau und der Bestandsbewertung
  • customQuake: Implementierung von cloudbasierten Anwendungen, Spezifikation und Entwicklung von serviceorientierten Datenschnittstellen auf Basis offener Standards
  • Hamburg Port Authority, AöR: BIM-Methodik in zahlreichen Neubau- und Bestandsprojekten, Infrastrukturbetreiber und Anlagenverantwortlicher für Ingenieurbauwerke
  • Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar: Anwendung, Auswertung und Bewertung wellenbasierter Messverfahren im Bauwesen

Projektbeirat

Um eine breite Vernetzung in Wissenschaft, Verwaltung und Praxis zu erreichen, wurde ein Projektbeirat initiiert, dem unter anderem folgende Institutionen und Einrichtungen angehören:

 

Über den mFUND des BMDV

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität der Zukunft. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf der Mobilithek.

Schickert, Martin; Artus, Mathias; Koch, Christian (2022). Integration and Visualization of NDE Data in Digital Building Models - A conceptual view at International Symposium Non-Destructive Testing in Civil Engineering.