Entwicklung eines meerwasserunabhängigen und landgängigen Photobioreaktorsystems für marine Makroalgen und Integration in den landwirtschaftlichen Betrieb
Förderer: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)
Projektdauer: 11/2014 bis 08/2017
Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Eckhard Kraft
Problemstellung
„Die Mobilisierung großer Mengen fossiler Brennstoffe im Zuge der globalen Industrialisierung hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration und in Folge zu einem sich weltweit abzeichnendem Klimawandel geführt. Eine beherzte Reduktion der CO2-Emissionen ist demnach eine der wichtigsten ökologischen Prioritäten der kommenden Jahrzehnte. In diesem Zusammenhang werden große Hoffnungen auf eine Umstellung von fossilen auf regenerative Energieträger gesetzt, da letztere klimaneutral produziert und genutzt werden können. Nachdem die nachwachsenden Energierohstoffe der ersten Generation jedoch wegen erheblicher Flächennutzungskonflikte in die Kritik geraten sind, wird zurzeit intensiv nach ressourceneffizienteren Rohstoffen geforscht. Diesbezüglich erscheinen Mikro- und Makroalgen besonders vielversprechend, da sie gegenüber terrestrischen Pflanzen hochproduktiv sind und auch auf unwirtlichen bzw. zur Nahrungsmittelproduktion ungeeigneten Flächen gezüchtet werden können. Um weitere Erkenntnisse zu den Eigenschaften von Makroalgen als Energieträger zu gewinnen wird an der BU Weimar eine meerwasserunabhängige marine Makroalgenanlage zur Energieproduktion konzipiert.“
Projektbeschreibung
Im Rahmen des Forschungsprojektes gilt es eine nachhaltige Strategie zur ressourceneffizienten Erzeugung regenerativer Energieträger und Behandlung von CO2-Emissionen aus landwirtschaftlichen Biogasanlagen zu entwickeln. Hierzu wird ein Photobioreaktorsystem zur Makroalgenzucht konzeptioniert und in den Betrieb einer bestehenden landwirtschaftlichen Biogasanlage integriert. So können das CO2-reiche Abgas der Biogasverstromung und die Nährstoffe der Gärreste den autotrophen Makroalgen als Kohlen- bzw. Nährstoffquelle dienen und die im Ergebnis produzierte Algenbiomasse als Co-Substrat für die Vergärung verwendet werden.
Kernelemente des Projektes sind:
- Die Ermittlung optimaler Zucht- und Betriebsparameter für die Makroalgenzucht in geschlossenen Systemen,
- die Entwicklung einer in den Betrieb einer landwirtschaftlichen Biogasanlage integrierten, meerwasserunabhängigen Anlage zur landbasierten Zucht von marinen Makroalgen,
- das Erzielen einer hohen Ressourceneffizienz und Wirtschaftlichkeit der Makroalgenzucht,
- eine hohe Benutzerfreundlichkeit des Zuchtsystems.
Ausgehend von den dargestellten Zielen, beginnt das Forschungsprojekt mit einer ersten labortechnischen Phase. In dieser werden einerseits die Vergärbarkeit und das Methanbildungspotential diverser Makroalgenarten untersucht sowie andererseits optimale Zuchtparameter für besonders vielversprechende Algenarten ermittelt. Diese in der Zucht gewonnenen Erkenntnisse werden in einer zweiten Projektphase im halbtechnischen Maßstab am Standort einer landwirtschaftlichen Biogasanlage in Thüringen validiert. Die Kultivierungsmethodik, Verfahrenstechnik und Handhabbarkeit der entwickelten Anlage werden iterativ optimiert und über die Bilanzierung ihrer stofflich-energetischen und wirtschaftlichen Ressourceneffizienz bewertet. Im Ergebnis ermöglicht das Forschungsprojekt eine Einschätzung zur Machbarkeit und ökologisch-ökonomischen Nachhaltigkeit einer Makroalgenzucht im ländlichen Raum.
Projektergebnisse
Beginnend mit der Ermittlung der Methanbildungspotenziale in labortechnischen Versuchen, konnte über einer Variation der Einbauverhältnisse von Algensubstrat zu Inokulum festgestellt werden, dass Makroalgen sich nicht negativ auf den Vergärungsprozess auswirken und auch im Vergleich zu landgängigen Pflanzen durchaus vielversprechende Ergebnisse liefern: je nach Spezies lag die Methanbildung zwischen 139 und 518 Normlitern CH4/kg oTR. Die Rotalge Palmaria palmata erzielte die höchsten Werte und näherte sich mit 518 NL dem Ertrag des weitgehend etablierten regenerativen Energieträgers Maissilage mit 570 NL CH4/kg oTR.
Aufbauend auf den im Labormaßstab gesammelten Erfahrungen zu geeigneten Kultivierungsbedingungen für Makroalgen, wurde eine Zuchtanlage im halbtechnischen Maßstab am Standort einer landwirtschaftlichen Biogasanlage gebaut. Meerwasserunabhängig, landbasiert und modular aufgebaut, kann die Anlage bis zu 3.600 Liter Kulturmedium fassen und kontinuierlich aufbereiten. Zuchtversuche mit ausgewählten Arten zeigten, dass die Anlage funktionstüchtig und zur Kultivierung von Makroalgen geeignet ist. Lediglich die stark säurebildenden Abgaskomponenten behinderten die mit BHKW-Abgasen geplante CO2-Versorgung: der pH-Wert des Kulturmediums sank bereits nach wenigen Tagen auf für die Algen bedrohliche Werte – ohne jedoch die Kohlenstofflimitation zu beheben. Die ohne Abgase erzielten täglichen Wachstumsraten von 1–7% für Ulva spp. können voraussichtlich über eine Anpassung der Nährstoffzufuhr und Zuchtbeleuchtung verbessert werden.
Die Bilanzierung aller stofflichen, energetischen und finanziellen Aufwendungen im Rahmen der Makroalgenzucht zeigte, dass sich die energetische Verwertung der produzierten Algen bislang weder energetisch noch finanziell lohnt. Eine stoffliche Verwertung beispielsweise als Nahrungsmittel kann jedoch durchaus in Betracht gezogen werden, da nach aktuellen Marktpreisen mit Gewinnspannen von bis zu 32€/kg gezüchtete Alge gerechnet werden kann.