"Phosphorrecycling Rückgewinnung von industriell bzw. landwirtschaftlich verwertbaren Phosphorverbindungen aus Abwasser und Klärschlamm"
Projektförderung:
Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV)
Projektlaufzeit: 01/2003 bis 12/2005
Projektleitung:
Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen
BUW- Projektleiter: Dr.-Ing. Jana von Horn
Projektpartner:
DPU - Deutsche Projekt Union GmbH
IPE - Institut für Pflanzenernährung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
ISA - Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen
ITC-WGT - Institut für technische Chemie, Bereich Wasser und Geotechnologie der Forschungszentrum Karlsruhe GmbH
IAV - Fakultät für Anlagen-, Energie und Maschinensysteme der Fachhochschule Köln
KOBRA - Lehr- und Forschungsgebiets für Kokereiwesen, Brikettierung und Thermische Abfallbehandlung der RWTH Aachen
Problemstellung
Die weltweiten fossilen Phosphorreserven sind begrenzt. Ausgehend von verschiedenen Szenarien wird eine Reichweite von ca. 50 - 150 Jahren angegeben. Die Qualität der vorhandenen und abbaubaren Phosphorreserven nimmt bedingt durch den ansteigenden Schwermetallgehalt ab, während die Gewinnungskosten aufgrund der Verknappung des Rohstoffs steigen werden. Deutschland ist aufgrund fehlender Vorkommen bisher zu 100% vom Import dieses Rohstoffs abhängig, um die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft aufrechtzuerhalten.
Der abgebaute Rohstoff Phosphor wird zu etwa 85% zu Mineraldünger für die Landwirtschaft verarbeitet. Bezogen auf den Stoffkreislauf des Phosphors ist somit erkennbar, dass der größte Anteil über die Nahrungskette Pflanze -Tier -Mensch in die Siedlungswasserwirtschaft, insbesondere in das Abwasser bzw. in den Klärschlamm gelangt.
Bei einem Klärschlammaufkommen in Deutschland von etwa 4 Mio. t TS pro Jahr werden somit auch ca. 54.000 t Phosphor (Ansatz: durchschnittlich 2% P im Überschussschlamm) behandelt und auf unterschiedlichste Weise entsorgt bzw. aus dem natürlichen Nährstoffkreislauf ausgeschleust. Ausgehend von diesen Zahlenwerten ist es sinnvoll und notwendig, geeignete Verfahren für ein entsprechendes Phosphorrecycling aus Abwasser und Klärschlamm zu entwickeln bzw. bereits bekannte Verfahren unter dieser Zielstellung zu optimieren und weiterzuentwickeln.
In Deutschland haben sich die chemische Fällung und die erhöhte biologische P-Elimination als Verfahren zur Entfernung von Phosphor aus dem Abwasser etabliert. Die Verwertung des anfallenden Klärschlamms erfolgte bisher in der Landwirtschaft bzw. im Landschaftsbau, zur Entsorgung wurde der Klärschlamm deponiert. Im Zuge der erhöhten Anforderungen an den Verbraucherschutz wird in Zukunft jedoch die Verbrennung von Klärschlamm einen wesentlichen Entsorgungspfad darstellen.
Zielsetzung
Ziel des Forschungsprojektes ENTPAK ist es, die im Abwasser und im Schlamm enthaltenen Phosphorverbindungen in hoch konzentrierter und wieder verwertbarer Form zurückzugewinnen, um den Phosphor -Stoffkreislauf weitgehend und auf möglichst kurzem Wege zu schließen.
Ausgehend von dem Ziel, Phosphor zurückzugewinnen, ergeben sich aus der derzeitigen Situation der Abwasser- und Schlammbehandlung drei verschiedene Ansätze für das Phosphorrecycling, die von den Projektpartnern untersucht und optimiert werden soll
- Rückgewinnung von Phosphor aus dem Überschussschlamm der biologischen P-Elimination
- Rückgewinnung von Phosphor aus dem P-reichen Fällschlamm der chemischen Fällung
- Rückgewinnung von Phosphor aus der Verbrennungsasche
Die Rückgewinnung von Phosphor aus dem Überschussschlamm der biologischen P-Elimination ist der Arbeitsansatz der Bauhaus Universität Weimar.
Vorgehensweise
Phase 1: Kleintechnische Versuche
An der Bauhaus-Universität Weimar wird eine Versuchsanlage zur erhöhten biologischen Phosphorelimination erstellt, die ohne den Einsatz von Fällmitteln betrieben wird. In Laborversuchen wird die Rücklösung von Phosphor aus dem rein biologischen Überschussschlamm auf biologischem, chemischem und physikalischem Wege untersucht. Geeignete Aufschlussverfahren sollen mit dem Ziel der maximalen P-Rücklösung optimiert werden.
Im Anschluss daran sind geeignete Separationsverfahren zu testen und zu optimieren, um ein Maximum an rückgelöstem Orthophosphat aus dem Klarwasser des Anaerobreaktors abzutrennen.
Durch den Einsatz verschiedener Verfahren (Kristallisation, Adsorption, Fällung) soll das Phosphat aus der wässrigen Phase in wieder verwertbarer Form, zum Beispiel als Calciumphosphat, zurück gewonnen werden.
Phase 2: Halbtechnische Versuchsanlage
Basierend auf den in Phase 1 gewonnenen Erkenntnissen der Projektpartner sollen in der zweiten Projektphase halbtechnische Versuche zur Phosphorrückgewinnung durchgeführt werden. Zum Projektende wird eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Phosphatrückgewinnung erfolgen
Ergebnisse
„Rückgewinnung von Phosphor aus dem Überschussschlamm der biologischen P-Elimination“
Durch Rückgewinnung von Phosphat aus Abwasser und Klärschlamm kann ein Teil des Mineraldüngerbedarfs der Landwirtschaft auf Ressourcen schonende Weise gedeckt werden. Zurzeit gibt es Rückgewinnungsverfahren für die Phosphatrückgewinnung aus Abwasser, Prozesswasser, Klärschlamm und Klärschlammasche, die sich noch in der Erprobungsphase, teilweise noch im Labormaßstab, teilweise schon in der großtechnischen Erprobung, befinden. Das höchste Rückgewinnungspotenzial hat zurzeit die Rücklösung von Asche oder Faulschlamm bei pH-Werten unter pH 2 (ca. 80 % des im der Asche oder im Faulschlamm enthaltenen Phosphats). Dieses Verfahren ist jedoch sehr aufwendig.
Pflanzenversuche und chemische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Produkte, die bei der Phosphatrückgewinnung entstehen (MAP, Calciumphosphat), direkt in der Landwirtschaft eingesetzt werden könnten. Für die Akzeptanz der Produkte in der Landwirtschaft werden die Ausbringbarkeit sowie der Preis die entscheidenden Faktoren sein. Für den Einsatz in der Phosphatindustrie bzw. in der Düngemittelindustrie spielt die chemische Zusammensetzung eine entscheidende Rolle. Für die Phosphatindustrie ist beispielsweise ein hoher Eisenanteil inakzeptabel, in der Düngemittelindustrie sind hohe Schwermetallkonzentrationen unerwünscht.
Für die Entwicklung eines Verfahrens zur Phosphatrückgewinnung aus Klärschlamm ist das Verständnis der Phosphateinlagerung im Schlamm wichtig. Die Speicherung von Phosphat in der Schlammbiozönose beim Bio-P-Prozess ist nicht vollständig wissenschaftlich untersucht. Geklärt ist, dass es sich um eine Kombination zwischen biologischen Prozessen (Polyphosphatspeicherung) und chemischen Prozessen (Calciumphosphatfällung und –anlagerung) handelt. Enzyme spielen bei den Phosphatstoffwechselprozessen eine wichtige Rolle. Die Wechselwirkung von Enzymen untereinander und die Aufgabe der Enzyme in den Stoffwechselprozessen ist noch nicht abschließend untersucht.
Welche Phosphatverbindungen in den Zellen vorliegen und unter welchen Bedingungen Phosphat in welchen Mikroorganismen angereichert wird, ist ebenfalls noch nicht vollständig geklärt. Die Analytik von Phosphatverbindungen im Schlamm ist schwierig. Für eine Bestimmung muss der Schlamm immer verändert werden. Für die chemische Bestimmung muss ein Aufschluss erfolgen, da nur das Orthophosphat chemisch analysiert werden kann. Phosphatverbindungen sind zudem mit Röntgenuntersuchungen zu bestimmen, dazu muss die Probe jedoch getrocknet werden. Phosphatverbindungen lassen sich durch Extraktionsversuche bestimmen, doch auch in diesen Versuchen werden Chemikalien zur Lösung von Phosphat aus dem Schlamm eingesetzt, die eine Veränderung der Phosphatverbindungen bewirken.
Versuche zur Phosphatlösung haben gezeigt, dass mit biologischen Verfahren (anaerobe Rücklösung, enzymatische Rücklösung) ein gutes Ergebnis für Überschussschlamm aus Bio-P-Anlagen besteht (bis zu 40 % P-Rücklösung). In allen anderen untersuchten Verfahren war die Rücklösung entweder schlechter (Ultraschall < 10 %, Erhitzen < 10 %, Gefrieren < 20 %) oder die Ergebnisse für andere Schlämme waren besser (Säurebehandlung Faulschlamm > 90 % P-Rücklösung). Die Rücklöseverfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Verfahrenstechnik bzw. des Verfahrensaufwandes und beim Rückgewinnungspotenzial sehr stark. Aufwändige Verfahren haben dabei meistens ein höheres Rückgewinnungspotenzial als einfache Verfahren. Eine Verfahrensbeurteilung sollte unter Berücksichtigung des Standortes der geplanten Anlage getroffen werden.
Im Überschussschlamm liegt ein gutes Ionenverhältnis für eine Calciumphosphatfällung vor. Aus diesem Grund wurde die Kristallisation von Calciumphosphat im Rührreaktor halbtechnisch untersucht. Es wurde festgestellt, dass die Übersättigung im Überschussschlamm bei der anaeroben Rücklösung so hoch ist, dass es zu einer spontanen Fällung von Calciumphosphat kommt. Bei dem Einsatz von Impfmaterial lagert sich nur ein geringer Teil des ausfallenden Calciumphosphates am Impfmaterial an, so dass das untersuchte Verfahren derzeit ohne Optimierung noch nicht praxisreif ist.
Die Calciumphosphatfällung aus Überschussschlamm bei Bio-P-Anlagen ist eine gute Möglichkeit zur praktischen Umsetzung auf Kläranlagen mit vergleichsweise kleinem verfahrenstechnischen Aufwand. Das Rückgewinnungspotenzial kann durch die Rücklösung bei pH 4 verbessert werden.
Die Realisierung von großtechnischen Anlagen zur Phosphatrückgewinnung ist aufgrund der hohen Kosten und des vergleichsweise geringen zu erzielenden Phosphatpreises zurzeit noch nicht wirtschaftlich möglich.
Weiterführende Ergebnisse sind dem Band 18 der Schriftenreihe zu entnehmen.