Im zweiten Radiogespräch dieses Semesters wird der Musiker und Künstler Warrick Swinney seinen Essay »Sealed trains and the Palisades of Culture« vorstellen. Er berichtet über seine Reisen und Musikkonzerte in der Sowjetunion und der ehemaligen DDR in den späten 1980er Jahren. Seine historischen – manchmal amüsanten, manchmal tragischen – Anekdoten werden von musikalischen Kompositionen begleitet.
Zeit:
Dienstag, 1. November 2022, 19 Uhr
Ort:
Glaskasten in der Limona
Steubenstraße 8
99423 Weimar
Das Gespräch findet in englischer Sprache statt.
Die Reise dieses Radiogesprächs beginnt bei der gemeinsamen Basis zweier totalitärer Systeme in den 1980er Jahren: Südafrika und die UdSSR. Gewalt, Zensur und Propaganda gehörten zum Ausdruck beider Systeme. Swinney erzählt auch subtile Geschichten über den Alltag normaler Menschen, die in einem absurden System gefangen sind, dem sie machtlos ausgeliefert sind – und den künstlerischen Strategien damit umzugehen. Swinney – selbst Teil der südafrikanischen Musikszene der 1980er – zeigt, wie Zynismus und Witz als Waffen gegen die Ohnmacht eingesetzt wurden. Er beschreibt, wie Ironie und Satire in Zeiten des Kalten Krieges zu künstlerischen Bewältigungsmechanismen wurden. Ebenso berichtet er über Gespräche mit Exilanten und Flüchtlingen, die er auf seinen Reisen führte und zeigt Verbindungen zur aktuellen Situation des Ukraine-Krieges auf. Swinney sieht »die Geister der Vergangenheit die Zukunft prägen.«
Der Titel »Sealed trains and the Palisades of Culture« (Versiegelte Züge und die Palisaden der Kultur) geht auf Swinneys Erfahrungen mit Zug-Reisen in die UdSSR zurück. Die Züge waren auf unheimliche Weise versiegelt – wie auch die Hotelfenster. Eine geschlossene Welt. Gleichzeitig bezog sich »Palisade« in Südafrika auf militärische Stahlzäune – und damit auch auf eine abgeschlossene Einheit, allerdings eher als eine Abschottung nach außen, als nach innen. »Dies sind die verborgenen Zeichen eines riesigen Netzes von Täuschungen und Lügen, von denen nur einige aufgedeckt wurden, als Tschernobyl sein Dach wegsprengte…«
Über Warrick Swinney:
In seiner Klangkunst erkundet Swinney die Themen Schweigen, Selbstzensur und Spannungen zwischen Politik und Kunst in totalitären Staaten. So setzte er sich künstlerisch mit politischen und sozialen Similaritäten in den Umbrüchen in den postsowjetischen Ländern und seinem Heimatland Südafrika nach der Apartheid auseinander. Swinney wurde von der Post-Punk-Ethik in den »Shifty Studios« der 1980er Jahre beeinflusst, während der turbulenten Zeit zwischen dem Zusammenbruch der Apartheid und dem Übergang Südafrikas zur Demokratie. Diese Prägung spiegelt sich auch in seiner »Do-it-yourself-Ästhetik« wider, die aus einem tiefen Interesse an Klang, Musik und Politik resultiert. Er arbeitete in den Milestone Studios (2000-2018) in Kapstadt in den Bereichen Sounddesign und Musikproduktion sowie Performance und klangbasierte Kunst, bevor er in die akademische Welt wechselte und sich der Klangforschung und Lehre widmete.
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