Hier geht's um den Flow
Ein Radiogespräch mit dem Komponisten und Hörspielmacher Ulrich Bassenge
Bassenge nähert sich Texten - eigenen wie gefundenen - als Musiker an: kompositorisch wie improvisatorisch, in jedem Fall spielerisch. Denn Hörspiel ist für ihn in erster Linie Klang. In seinen Hörspielen untersucht er die vielfältigen Zusammenhänge von Schrift, Sprache, Musik und Nonverbalität.
Ein reicher Fundus ist für Bassenge potentielle Literatur, also alles, was ohne Absicht, Kunst zu produzieren, geschrieben wurde. Hierunter fällt die Trash-Ästhetik der Vergangenheit, vom Kolportageroman des 19. Jahrhunderts (Im Wald da sind die Räuber. Radio Mystery Soap, Regie: Johannes Mayr, DRS 2009; Hugo der Wolf, WDR 2014) bis zum Sexploitation-Film der Siebziger (Der Grausame, WDR 2011; Walk of Fame, Regie: Leonhard Koppelmann, WDR 2007). Solche Meta-Literatur findet Bassenge aber auch in Ausstellungskatalogen der Renaissance (musaeum tradescantianum, WDR 2013) oder in der Sprachproduktion Geisteskranker (Narrenspital, Regie: Johannes Mayr, SRF 2011).
Zusammen mit Bernhard Jugel kompilierte er Archivmaterial und entwickelte daraus einen ganz eigenen Sound der Vergangenheit. Ihr Dreiteiler schallarchiv (BR 2005) bediente sich aus den Rundfunkarchiven, sprechmaschinenfest (2005) erforschte die künstliche Sprache von der Sprechplatte bis zur Sprachsynthese.
2011 versammelte Bassenge vier Musiker für zwei Tage zu verbaler Improvisation in einem Probenraum. Aus dem rauen Sound gesprochener Sprache - weitab sprecherischer Hörspielkonvention - montierte er für den WDR die Komödie Bier auf dem Teppich. Ein Menschenexperiment.
In seinem Radiogespräch Hier geht’s um den Flow wird der Hörspielmacher an Hand eigener Stücke auf seine Verfahren eingehen und über die Inszenierung von Texten mit besonderem Augenmerk auf die Improvisation sprechen.
Ulrich Bassenge, in diesem Semester Lehrbeauftragter beim Experimentellen Radio, ist Hörspielmacher, Autor, Komponist, Musiker und Regisseur. Nach einem Musikstudium am Richard-Strauss-Konservatorium in München spielte er Kontrabass, E-Bass, Hawaii-Gitarre, 5-String-Banjo und Orgel in diversen Bands. Mehrfach wurden seine Arbeiten zum Hörspiel des Monats der ARD gekürt und bei internationalen Preisen nominiert. Für die Nietzsche-Dramödie So fern vom Leben (Regie: Johannes Mayr, SRF 2014) erhielt Bassenge den 3. Platz beim Prix Marulić sowie Gold beim Grand Prix Nova. Derzeit arbeitet er mit Philip Stegers an Sirius FM. Expedition an den Bandtellerrand, einer großangelegten Hommage an das Studio für elektronische Musik, Köln.
Termin: Dienstag, 22. November 2016, 19 Uhr
Ort: Glaskasten der Limona, 5. OG, Steubenstrasse 8