Radiogespräch über Regie mit Ulrich Gerhardt
Der Hörspielregisseur Ulrich Gerhardt wird am 9. November im Rahmen der Vortragsreihe Radiogespräche zu Gast an der Professur Experimentelles Radio sein und dort anhand illustrierender Beispiele über seine Arbeiten und seinen Stil des Regieführens sprechen. Seit 1986 arbeitet Gerhardt als freier Regisseur für alle Hörspielabteilungen der ARD. Bei weit über 300 Hörspielen hat er Regie geführt.
Seine Arbeit galt dem Neuen Hörspiel, dem O-Ton-Hörspiel ebenso wie Experimenten mit der neuentwickelten Kunstkopfstereophonie, die er als erster zur Funkausstellung 1973 mit dem Hörspiel "Demolition" einsetzte.
Von 1981 bis 1986 war er (gemeinsam mit Dr. Garleff Zacharias-Langhans) Chef der Hörspielabteilung des Sender Freies Berlin. Neben anderen Preisen dürfte die wichtigste Auszeichnung für Gerhardt der Karl-Sczuka-Preis für sein Hörspiel Übergang über die Beresina 1993 gewesen sein. Durch einen Glücksfund auf einem Berliner Flohmarkt gelangte er in den Besitz von einmaligen Tondokumenten: auf 17 hauchdünnen, zerbrechlichen Schallplattenfolien entdeckten Gerhardt und der Toningenieur Günter Heß Aufnahmen des Berliner Amateurtontechnikers Jürgen Tradt aus den Jahren 1941 und 1942. Tradt, ein ungefähr 22 Jahre alter Soldat, der an der Ostfront kämpfte, machte während eines Fronturlaubs Tonaufnahmen: von Radiosendungen, Telefongesprächen, aber auch eigenen Ansagen. Nach der Restaurierung des teilweise stark beschädigten Materials fügte Gerhardt nach einem Zufallsprinzip die Mosaiksteine dieses radioarchäologischen Fundes für die Sendereihe Readytapes neu zusammen.
Über Gerhardts Inszenierungsstil ist bekannt, dass er oftmals die einzelnen Passagen der mehrmals wiederholten Aufnahmen nach dem Zufallsprinzip auswählt. Er arbeitet auch heute, wie schon in den 60er-Jahren, mit toten Pausen, d. h. Atmogeräusche und Atemgeräusche werden weggeschnitten.
1994, 1998 und 1999 wurden seine Arbeiten als Hörspiel des Jahres ausgezeichnet. Gerhardt ist Mitglied der Akademie der Künste und lebt heute als freier Regisseur in Berlin.
Die Veranstaltungsreihe "Radiogespräche", wird bis Mitte Dezember mit zwei weiteren Hörspielregisseuren, die von ihren Regieerfahrungen bei der Produktion ihrer Stücke berichten, fortgesetzt. Gäste der folgenden zwei Radiogespräche: Paul Plamper (23.11.) und UnitedOffProductions (14.12.). Radiogespräche sind eine Veranstaltung der Professur Experimentelles Radio an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar.
Termin: Dienstag, 9. November 2010, 10 Uhr
Ort: Glaskasten der Limona, 5. OG, Steubenstraße 8 (Hintereingang)