In Deutschland nimmt die Berliner Funk Stunde A.G. am 29. Oktober 1923 den ersten regelmäßigen Sendebetrieb auf. Fast ein Jahr später folgt das erste deutsche Hörspiel. 1924 gehen auch von London und Paris aus die ersten Radiodramen über den Äther und läuten damit die Geburtsstunde der Radiokunst ein. »Dieses doppelte Jubiläum – 100 Jahre Radio und 100 Jahre Radiokunst – soll Anlass sein, die historische Verbindung von Rundfunk und Globalisierung zu erforschen und internationale, zum Teil unbekannte Archive und Geschichten der Radiophonie zu erkunden«, beschreibt Nathalie Singer, Professorin des Experimentellen Radios, den Ansatz des Projektes.
»Kaum eine Kulturtechnik hat unser Zusammenleben so nachhaltig beeinflusst wie das Radiohören. Radio vereint Völker und stiftet Identität, es wird aber auch für Propagandazwecke und als Spionage- und Machtinstrument eingesetzt. Es ist von Anfang an ein Medium der Globalisierung und spielt eine Schlüsselrolle in der Kolonialgeschichte. Dem möchten wir genauer auf den Grund gehen und dabei die Hörer*innen in den Mittelpunkt rücken.«
Jede Weltregion hat ihre eigenen Geschichten des Zuhörens und Weghörens, der Versammlung und Spaltung von Gemeinschaften rund um den Radioapparat. Weil aber Radiowellen an keiner Landesgrenze halt machen, sind diese Geschichten vielfältig miteinander verknüpft. Die regionalen Unterschiede möchten Nathalie Singer und ihr Team in der vierteiligen Veranstaltungsreihe »The Bauhaus.Listening.Workshop« auf verschiedenen Kontinenten herausarbeiten: u.a. in Südamerika, Südostasien und im südlichen Afrika widmen sich Künstler*innen, Forscher*innen, Medienschaffende und Hörer*innen aus den jeweiligen Regionen verschiedenen Fragen rund um das Hören als Kulturtechnik in seiner Vielfalt und seiner transkulturellen Vernetzungen. Der erste Workshop ist im März 2023 in Montevideo in Uruguay geplant.
Die Workshop- und Forschungsergebnisse werden auf einer neuen Wissensplattform, der »Transcultural Listening Map« gesammelt und liefern wiederum das Ausgangsmaterial für eine Podcast-Reihe auf Deutschlandfunk Kultur und für Produktionen der beteiligten Länder. Das Haus der Kulturen der Welt in Berlin plant anlässlich des Jubiläums »100 Jahre Radio« jeweils im Oktober 2023 und 2024 zwei Veranstaltungen, in denen künstlerische und diskursive Positionen rund um das Projekt präsentiert werden.
»Listening to the World – 100 Jahre Radio« ist ein Projekt des Goethe-Instituts, der Professur »Experimentelles Radio« an der Fakultät Kunst und Gestaltung der Bauhaus-Universität Weimar, Deutschlandfunk Kultur und dem Haus der Kulturen der Welt.
Es wird gefördert durch das Goethe-Institut sowie über das Projekt »Neues Europäisches Bauhaus« der Bauhaus-Universität Weimar. Die Entwicklung der »Transcultural Listening Map« wird vom Kreativfonds der Bauhaus-Universität Weimar gefördert.
Für Rückfragen steht Ihnen gern Nathalie Singer, Professorin für »Experimentelles Radio«, per E-Mail an nathalie.singer[at]uni-weimar.de zur Verfügung.