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Martina Fineder

Von gemeinsam genutzten Dingen zu einer Ästhetik des Kollektiven

Das gemeinsame Nutzen von Dingen hat in den aktuellen Nachhaltigkeitsdebatten eine durchwegs positive Konnotation – aus ökonomischer, ökologischer und sozialer Perspektive. Während die ökonomische und ökologische Perspektive dabei auf die Schonung von Ressourcen (Geld und Bodenschätze etwa) abzielen, ist hingegen aus sozialer Perspektive die kollektive Nutzung von Dingen spätestens seit den 1970er Jahren auch ein Mittel gegen soziale Probleme wie Entfremdung und Vereinsamung. Inwieweit haben gemeinschaftlich genutzte Dinge aber eine besonders beziehungsstiftende Wirkung? Wie wird diese manifest? Dieser Vortrag trägt durch eine (Auto-)Ethnographie in einer Hausgemeinschaft von 18 Personen zur Beantwortung dieser Fragen bei. Konkret gefragt wird nach der ästhetischen Rolle von Dingen für die Entwicklung und Gestaltung von Beziehungen durch gemeinschaftliches Nutzen. Dabei wird nachvollziehbar, wie der Gemeinschaftshaushalt durch stetiges Ausdifferenzieren und Abgleichen unterschiedlicher Lebens- und Beziehungsvorstellungen ein eigenes ästhetisches System herausbildet. Anhand dieses Beispiels werden erste Überlegungen zu einer „Ästhetik des Kollektiven” formuliert, die für die Designpraxis fruchtbar gemacht werden können.

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© Martina Fineder

Martina Fineder ist Design- und Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin. Sie war Gastprofessorin für Geschichte und Theorie des Design an der Bauhaus-Universität Weimar und forschte und lehrte u. a. an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie ist Mitinitiatorin der Victor J. Papanek Foundation sowie Mitherausgeberin der deutschen Fassung von Papaneks Hauptwerk Design für die reale Welt (2009). Als Kuratorin arbeitet sie für Institutionen wie das Museum für angewandte Kunst Wien oder das Neue Museum Nürnberg. Zu ihren aktuellen Publikationen zählen Nomadic Furniture 3.0 – Neues befreites Wohnen? (2016, mit Th. Geisler und S. Hackenschmidt) und WEtransFORM – Kunst und Design zu den Grenzen des Wachstums (2016, Hg. mit Eva Kraus).