Ein siebeneinhalbstündiger, ungarischer Schwarz-Weiß-Film mit trostlosen Schauplätzen, wenigen Einstellungen und unbekannten Schauspielern. Kann sich ein Mensch abschreckendere Rahmenbedingungen für einen Kinobesuch vorstellen? Wohl kaum. Der Vergleich mit den aktuell beliebten Fernsehserien liegt nahe, aber dort ist es anders: es gibt Spannung und das permanente, unbedingte Gefühl, wissen zu müssen, was als nächstes passiert. Béla Tarr hat hingegen einen filmischen Kosmos erschaffen, in dem er wie eh und je einem humanistischen Leitgedanken folgt und eine meditative Ruhe und Stimmung anbietet, die beim abgeneigten Betrachter schon einmal das Bedürfnis hervorrufen kann, zur Fernbedienung zu greifen und die Vorlauftaste zu betätigen...
Daher raten wir Ihnen vom Kinobesuch ab, wenn Sie gerne ins Kino gehen, um bei einem Café eine französische Komödie zu sehen. Wir raten Ihnen außerdem ab, wenn Sie die Auseinandersetzung mit Film scheuen und keine neuen Wege des Kinos erforschen wollen. Und wir raten ab, wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Sehgewohnheiten verändert werden. Denn nach diesem Film werden Sie sehr wahrscheinlich einen anderen Blick auf das Kino haben.
Der Ungar Béla Tarr zählt zu den bedeutendsten Regisseuren unserer Zeit. Sein Magnum Opus Sátántangó – „the magnum opus to end all magna opera“, wie es ein Kritiker einst treffend formulierte – gilt heute als einer der wichtigsten Filme der 90er Jahre und genießt unter Filmkritikern, Filmemachern und Fans weltweit gleichermaßen Kultstatus. Das Kino im Lichthaus bietet Ihnen nun eine der seltenen Gelegenheiten, das Mammutwerk im Kino zu erleben – komplett, in einem Stück und von echtem Filmmaterial!
In der Tat ist Sátántangó – einer der längsten Filme aller Zeiten! – ein sprödes, aber auch düsterfaszinierendes Werk, gespickt mit pechschwarzem Humor und durchzogen von einer meditativen Kraft, der man sich kaum zu entziehen vermag. Ein Film, der sich vehement jeglicher Genrebestimmung und Kategorisierung verwehrt und der stattdessen eine eigene, genuine Bilderwelt entfaltet. Dabei geht es nicht nur um die Darstellung einer chaotischen, aus den Fugen geratenen Welt, sondern auch um die Hinterfragung von Sehklischees und das Finden einer Bildersprache abseits des Mainstreams. Tarrs schier endlose, oft die 10-Minuten-Grenze sprengende Kameraeinstellungen sind ein Appell an den Zuschauer, seine Wahrnehmung wieder zu verlangsamen und den Blick auf das Wesentliche des Objekts, hinter dem sich erst dessen Tiefe entfaltet, zu richten. Wer sich auf diese Seherfahrung einlässt, der wird belohnt wie bei kaum einem anderen Film …
Zum Ablauf: Wir zeigen den Film aus technischen Gründen (Telleranlage) in drei Teilen à 2,5 Stunden. In der ersten Pause bieten wir im Foyer eine warme Mahlzeit an. Beginn der Vorführung ist 11 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Filmvorführung » SÁTÁNTANGÓ«
Ein Film von Béla Tarr. Ungarn 1994. Originalversion mit deutschen Untertiteln.
419 min, 2 Pausen, OmU, 35mm
Zeit: Sonntag, 9. November 2014, 11 – 19 Uhr
Ort: Lichthaus Kino, Am Kirschberg 4, 99423 Weimar
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Studienmoduls »Béla Tarr und der ungarische Autorenfilm« bei Dr. Simon Frisch im BA-Studiengang Medienwissenschaft statt.
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