Was bleibt von uns übrig in 100 Jahren? Studierende des trinationalen Masterprogramms „European Film and Media Studies“ haben den Blick in die Zukunft gewagt. Im Seminar „Europäische Erinnerungsorte“ von Dr. Andreas Hiller haben die Teilnehmenden das Erinnerungsjahr 2014 zum Anlass genommen und sich mit dem beschäftigt, was bleibt.
Gedanken zur Thematik des Erinnerungsjahres 2014: 100 Jahre Beginn des Ersten Weltkrieges, 75 Jahre Beginn des Zweiten Weltkrieges,
25 Jahre Friedliche Revolution / Wende in Ost-Deutschland
Gedanken von Janin Tscheschel, Melanie Lachner, Andreas Hiller
1. Was wird sich von uns erhalten?
- geschützte Hoch-Kulturobjekte
- digitales Speichergut in Netzwerken
- kuriose Objekte wie Uhren, Briefmarken oder Porzellan
- Venedig, Eiffelturm und Reichstag
- eher nicht: Tannenberg und das Thälmanndenkmal
• Fotos, digital oder ausgedruckt
• Urlaubvideos
• Ein gespeicherter Fingerabdruck in einem elektronischen Identifizierungssystem
• Ein Grabstein
• Die Erinnerung an uns
• Unsere Nachfahren; unsere Gene - weitergegeben in unseren Kindern
• Digitale Email- und Chatverläufe
Riesige Datenberge digitaler Informationen über jeden (irgendwo) registrierten Internetnutzer.
2. Woran erinnert man sich?
- die Hochkulturzeugnisse
- die Tief- und Höhepunkte der Geschichte
- dienstbare Legenden und Lehren
- sinnstiftende Erzählungen
- Goethe- und Schillerhaus
- Skandale und Intrigen mit fatalen Wirkungen (NSA-Abhörskandal?)
- die innerdeutsche Grenze, alte Grenzorte Mödlareuth in Thüringen und Ckeckpoint Charlie in Berlin
• An den 11. September
• An Fukushima
• An den arabischen Frühling
• An das Aufkommen der Smartphones
• An die Ausweitung von sozialen Netzwerken wie Facebook
• An die Technisierung und an eine Übernahme wichtiger Steuerfunktionen des täglichen Lebens durch Computer
• An Poetry Slam Beiträge
• An großartige Filme
• An Felix Baumgartner
• An eine Popkultur
• An eine Hipsterbewegung
An Katastrophen. An Mode, sofern sie wiederkehrt (in (fiktionalen) Remediationen, in Retro-Trendwellen).
3. Welches Bild unserer Gesellschaft wird bleiben?
- Gesellschaft in Selbsttherapie über Diktaturen und Gewaltverbrechen des 20. Jahrhunderts
- Reicher Motor Europas
- Bemühen um demokratische Grundwerte und Regeln
- auf Geld und Wachstum versessen
- tolerant, aufgeklärt und offen (zu offen?)
• Eine Gesellschaft, die beginnt, die Probleme (sei es wirtschaftlicher, politischer, sozialer oder religiöser Art) ihrer Zeit zu verstehen, zu analysieren, zu durchdenken, die etwas besser machen will, der es vielleicht auch im Kleinen gelingt. Diese Art des Umdenkens ist jedoch noch nicht bei allen angekommen.
• Eine Gesellschaft, die vom Konsum bestimmt wird und von ihren technischen Errungenschaften abhängig ist.
• Eine Gesellschaft, in der viele Angst haben, sich gegen etwas aufzulehnen und sich auch diesem Grund lieber fügen oder anonym bleiben.
Die, die Ohnmacht vor der Allmacht des Internets hatten. Die, die (vergeblich) versuchten, ihre Privatsphäre zu schützen. Die, die durchsichtig wurden.
4. Wo geht man hin, um sich zu erinnern?
- Bibliotheken, Museen, Archive, Kirchen
- neue Tempel der Einkehr und Meditation und Erinnerung?
- alte Klöster zur Meditation und Erinnerung
- Computerspiele und Filmzeugnisse zu Hause am Schirm
- Entertainmentparks, z.B. zum Mittelalter?
- zu älteren Verwandten und Bekannten
- in spezielle Dokumente, Texte oder Zeichnungen
• Man bleibt zu Hause und kann sich Videomaterial des zu Erinnernden ansehen
• Man geht in Museen
• Man reist an die Orte des Geschehens
• Es werden Erinnerungsorte wie Monumente geschaffen
• Themenparks laden dazu ein, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen
In sich. Ins Datengemenge digitaler Information (die Form des Internets, die dann existieren wird). Zu Oma und Opa.
5. Womit erinnert man sich?
- Filmzeugnisse, Audiozeugnisse, Objekte
- digitale Erinnerungszentren
- Retropartys
- alte Enzyklopädien und Lexika
• Mit Videomaterial; mit Zeitzeugenberichten (in schriftlicher Form z.B. in Sozialen Netzwerken); mit digitalen Archiven
• Durch Erinnerungsorte
Durch im-/materielle Symbole, Artefakte, (fiktionale) Mediationen. Oma und Opa hoffentlich, indem sie die Augen schließen und ihre eigenen Bilder des tatsächlich Erlebten wieder hervorrufen.
6. Nach welchen Maßstäben wird unsere Jetztzeit beurteilt? Und wer bestimmt diese?
- wie solidarisch und integrierbar waren die Menschen, wie sperrig und egoistisch widersetzten sie sich notwendigen (?) Anpassungsdruck der Globalisierung?
- persönliche Beiträge zu Innovation, Lernen, Wachsen und Gewinnen im gesellschaftlichen Verbund
- Akteure: Wachstumskontrolleure (=Lernerfolgskontrollen)?, Banken als Impulsmesszentralen (Rechte anstatt Kredite werden verliehen)
• Nach der technischen Entwicklung; nach den Mitteln die uns zur Verfügung stehen, um unsere Welt besser zu machen, d.h. für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen, gegen die Umweltverschmutzung anzukämpfen, Kriege zu verhindern etc. und inwiefern wir diese genutzt haben bzw. nicht ausgeschöpft haben
• Die Maßstäbe werden von der Gesellschaft, Politik und den Medien bestimmt
An den Maßstäben von 2114. Bestimmt von der öffentlichen Meinung, diese bestimmt von den Meinungsmachern, diese bestimmt von Leitmedien, diese hoffentlich frei, kritisch, fortschrittlich.
Kontakt: Andreas.Hiller[at]gmx.net
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