Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Bauhaus-Universität Weimar denken?
Die Idee des zentralen Versuchs- und Entwurfsplatz von Gropius. Damit setzte Gropius die Interdisziplinarität und das Experimentieren in den Mittelpunkt der Bauhaus-Konzeption. Diese Idee eines interdisziplinären Experimentallabors wird gerade jüngst mit den Ansätzen des Lean Start-ups, der agilen Entwicklung oder dem Design Thinking institutionalisiert.
Bitte beenden Sie folgenden Satz: Weimar ist für mich...
…ein Paradoxon: Kleine, biedere Provinz und feine, kreative Avantgarde!
Wären Sie gerne noch einmal Student?
Ja. Später ist man selten so offen für Neues und so frei, um Dinge einfach auszuprobieren.
Sie haben einige Zeit Ihres Diplomstudiums an der Macquarie University in Sydney verbracht. Wie unterscheidet sich ein Studium in Australien von einem Studium in Deutschland, sagen wir an der LMU in München, wo Sie zuvor studiert haben?
Der gravierendste Unterschied war die viele Projekt- und Gruppenarbeit im Gegensatz zu den großen Vorlesungen an der LMU. Das spannende dabei war auch die Internationalität. Ich erinnere mich an ein Projekt, bei dem in unserer Gruppe fünf Nationen vertreten waren – bei fünf Mitgliedern. Diese ganz unterschiedlichen Perspektiven waren anfangs eine Herausforderung, dann aber eine echte Bereicherung.
Wie sind Sie zum neudeli gekommen?
Aus einem Internet-Café in Santiago de Chile – ich war nach meinem Diplom in München ein halbes Jahr mit dem Rucksack in Südamerika unterwegs. Angefangen habe ich in Ecuador. Und mein Rückflug ging sechs Monate später von Buenos Aires. Ich wollte die Zeit auch nutzen, um mir darüber Gedanken zu machen, was ich nach dem Studium machen will.
Und dann »stolperte« ich im besagten Internet-Cafe über die Stellenausschreibung des neudeli. Der Name neudeli, die Idee der Gründerwerkstatt und die vielseitigen Gründungsprojekte haben mich sofort angesprochen und ich habe mich gleich beworben. Und Mark Möbius und Thomas Wagner haben dann endgültig den Ausschlag gegeben. Die Entscheidung für das neudeli fiel sehr leicht.
Was haben Sie im neudeli gemacht?
Den Kicker gekauft! Aber das war natürlich nicht das Einzige. Wir haben das neudeli mit vielen tollen Veranstaltungen und Formaten wieder in die »Mitte« der Universität gerückt.
Dabei hat auch geholfen, dass der Studiengang Medienmanagement zu uns ins neudeli gezogen ist. Damit haben wir es geschafft, das neudeli wieder stärker im Bewusstsein der Studierenden zu verankern und die Experimentier- und Gründerwerkstatt als spannende Option anzubieten. Das hat sich auch bald in einer stärkeren Nachfrage nach Räumen, Gründerstipendien und Beratung gezeigt.
Das Schöne war auch, dass wir selbst viel mit Formaten und Veranstaltungen experimentiert haben. Daraus ist zum Beispiel der »Bauhaus Weihnachtsmarkt – Kauf Dir ein Stück Bauhaus« oder das »Advent.ure« entstanden. Unvergessen sind auch die neudeli-Tage im Mon Ami oder im Lichthaus-Kino.
Zudem haben Matthias Maier und ich zusammen Lehrveranstaltungen wie z.B. das Prototypenseminar mit Praxispartnern wie Grafe oder Kahla entwickelt, die gerade für mich als BWLer sehr originell und prägend waren. Aus den Seminaren heraus ergaben sich auch viele Kontakt mit späteren Gründern, wie zum Beispiel zu Leonhard Oschütz und Christian Guder, die wir bei Ihren ersten Schritten Richtung Ihres heutigen Unternehmens »Tinkerbots« begleitet und unterstützt haben.
Und dann waren wir eigentlich immer auf der Suche nach Fördermitteln, damit in der Gründerwerkstatt auch weiterhin die »Späne fliegen« – zuletzt die erfolgreiche Bewerbung zusammen mit den Kollegen der Universität Jena für das Programm »EXIST Gründungskultur«, wo Susanna Viehmann und ich maßgeblich an der Erstellung des Konzepts beteiligt waren.
Welche Eigenschaften sollte ein Gründer oder eine Gründerin Ihrer Meinung nach unbedingt mitbringen?
1. Mut, den eigenen Weg trotz der aller Unsicherheiten zu gehen.
2. Begeisterungsfähigkeit, für neue Ideen und um andere von der eigenen Vision zu überzeugen.
3. Durchhaltevermögen, den steinig wird der Weg irgendwann allemal.
Rückblickend auf Ihre Zeit als Leiter der Gründerwerkstatt neudeli: Was möchten Sie den Gründern und Gründerinnen mit auf den Weg geben?
Wir haben damals einen Claim für das neudeli entworfen, der aus meiner Sicht nach wie vor und in doppelter Hinsicht gilt: »Mach’s einfach!«
Heute würde ich noch folgendes Ergänzen: »Geht raus!« Denn Innovationen entstehen im Diskurs mit Kunden, Partnern und so weiter und nicht im stillen Kämmerlein. Und auch nicht isoliert im Mikrokosmos Weimar.
Was konnten Sie aus der Zeit in der Gründerwerkstatt neudeli mitnehmen?
Unzählige, spannende Gespräche mit kreativen Gründern, tolle Kollegen mit viel Experimentierfreude, feine Unterstützung vom Projektträger in Berlin, die Denk- und Herangehensweise der Gestalter und viel Erfahrung bezüglich Praktiken des Prototyping sowie die große Unterstützung durch Matthias Maier.
Und natürlich die Kunst, eine RoWu stilecht zuzubereiten – danke Thomas! Und jede Menge packende Partien am Kicker – danke Susa!
Wie sieht der berufliche Alltag eines Senior Manager Innovation bei der TÜV SÜD AG aus?
Ähnlich wie in der Gründerwerkstatt geht es darum, Neues auszuprobieren und die Transformation von ersten Ideen in Innovationen und damit in marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu unterstützen. Das Hauptaugenmerk liegt insbesondere auf den Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation für ein international tätiges Test-, Zertifizier- und Prüfunternehmen wie TÜV SÜD. Eine große Rolle spielen in dem Zusammenhang neue Geschäftsmodelle, zum Beispiel im Bereich von »Predictive Maintenance« im industriellen Umfeld, oder Ökosysteme rund um den industriellen 3D-Druck sowie Themen der »IT Sicherheit«.
Wollten Sie schon immer im Bereich Innovationsmanagement arbeiten?
Nein. Aber wenn man die Augen offen hält und nicht immer nur ein klares Bild vor Augen hat, dann entdeckt man überraschend Neues und dessen Reiz.
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.