Lehre

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Europäische Medienkultur 1

Seminar: Freizeit als Infrastruktur europäischer Medienkulturen

Sehen wir uns die explosionsartige Entwicklung der populären Vergnügungskultur im Zuge des 19. Jahrhunderts an - die sich wesentlich in permanenten Einrichtungen etabliert, anders als die zuvor dominanten temporären Einrichtungen der Jahrmärkte, Feste oder Umzüge - so wird bald klar, dass diese auf den hart erkämpften und das Leben der arbeitenden Klassen neu strukturierenden rechtlichen, sozialen und kulturellen Infrastrukturen von Arbeitszeit und Freizeit beruht. Diese spezifisch moderne Artikulation der Freizeit in vielfältiger Vergnügungs- und Konsumkultur setzt sich ab von früheren Freizeitkulturen etwa der griechischen und römischen Antike und speist sich dennoch aus ihren Bildern und Traditionen. So ist auch das aktuelle Ensemble von realen und virtuellen Vergnügungen und kulturellen Angeboten nicht denkbar ohne eine parallel erfolgende Ausdehnung von Freizeit. Auch aktuelle politische Debatten zur Arbeitszeitreduktion und zum bedingungslosen Grundeinkommen berühren wesentlich die Frage nach einem demokratisierten, einkommens- und klassenunabhängigen "Anrechts auf Kultur".

Im Seminar werden anhand von medienwissenschaftlicher, kulturhistorischer und soziologischer Literatur, sowie anhand von historischen Fallstudien zur Verbindung von Freizeit und (medien-)kultureller Produktion und Rezeption die historisch je unterschiedlichen Definitionen und Ausgestaltungen von Freizeit in Europa diskutiert.

 

Seminar: Filmzeit

In dem Seminar werden wir den Film als Zeit- und Gedächtnismedium in den Blick nehmen und dabei unter anderem folgende Fragen diskutieren: Was macht Film zu einem ‚Zeitmedium‘? Welche narrativen und filmästhetischen Möglichkeiten zur Darstellung und Vermittlung von Zeitverhältnissen und Zeitwahrnehmung gibt es und wie lassen sie sich analysieren? Wie werden unterschiedliche Vorstellungen und Erlebnisweisen von Zeit im Film reflektiert? Welches Wissen vermitteln Filme über Zeit und Zeitwahrnehmung? In welchem Verhältnis stehen Filme zu historischer Zeit?

Anhand von theoretischen Texten und Beispielen, vorwiegend aus der europäischen Film- und Serienkultur, werden wir uns mit der filmischen Reflexion von Zeit- und Zeitkonzepten beschäftigen. Schwerpunkte werden dabei Filme bilden, die sich durch einen besonderen Umgang mit filmischer ‚Echtzeit‘ auszeichnen, Langzeitfiktionen und Langzeitdokumentarfilme, Experimente mit non-linearen Erzählweisen im Spielfilm sowie filmtechnischen Zeitmanipulationen im Experimentalfilm.

 

Diskursanalyse/Wissenschaftsgeschichte

Geschichte des Vergnügens 1: Diskurse

Die Geschichte des Vergnügens in einer längeren diachronen und einer europäisch-transnationalen Perspektive zu betrachten stellt eine große Herausforderung dar, da sich die gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen für das, was als Vergnügen bezeichnet und betrachtet wird, mehrfach und fundamental und vor allem ungleichzeitig verändert haben.

Die vielfältigen Praktiken, Medien und „Techniken“ des Vergnügens werden in fast allen gesellschaftlichen Konstellationen begleitet von einem Diskurs, der diese nach Kriterien der Nützlichkeit oder umgekehrt der Gefährlichkeit, der Verdummung oder Aufklärung, des sittlichen Verfalls oder der notwendigen Regeneration und Ablenkung prüft und je nach Standpunkt verdammt oder verteidigt.

Dieser permanente Kommentar der eigentlich selbstgenügsamen Praktiken des Vergnügens nötigt auch die Akteur*innen dieser Branche immer wieder ihr eigenes Verhalten bzw. dasjenige ihrer Berufskolleg*innen zu überprüfen und einer „Reinigung“ zu unterziehen. Doch das per definitionem gemischte und vermischende Milieu des Vergnügens kann diese Purifikationen immer nur kurzfristig verwirklichen oder es entfernen sich dadurch gewisse Praktiken aus dem Kernbereich des öffentlichen Vergnügens – wie es etwa mit der Commedia dell‘ Arte im Übergang zum bildungsbürgerlichen Literaturtheater geschieht.

Doch nicht nur für die Vergnügungslandschaft einer jeweiligen Epoche sind die Diskurse pro/contra relevant, sondern auch im historischen Rückblick zeigen sich die Verdächtigungen und Mutmaßungen, aber auch Herablassung und Unterschätzung in der sehr verstreuten Materiallage und in der Tatsache, dass häufig die Archive der Überwachung und Zensur die besten Bestände zu Praktiken des Vergnügens konserviert haben.

 

Geschichte des Vergnügens 2: Praktiken

Die Geschichte des Vergnügens in einer längeren diachronen und einer europäisch-transnationalen Perspektive zu betrachten stellt eine große Herausforderung dar, da sich die gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen für das, was als Vergnügen bezeichnet und betrachtet wird, mehrfach und fundamental und vor allem ungleichzeitig verändert haben.

Und doch können wir in allen Gesellschaften Praktiken vorfinden, die der kollektiven Heiterkeit, dem Feiern, der Ausgelassenheit, der Transgression von Normen und Tabus, dem Lachen oder auch der nicht zielgerichteten geistigen, emotionalen und körperlichen Anregung gewidmet sind. Diese Praktiken zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten aufzufinden und diese mithilfe von sprachlichen und bildlichen Darstellungen und weiteren Beschreibungen und Überlieferungen für uns greifbar zu machen, ist das Ziel dieses Seminars innerhalb des Studienmoduls „Geschichte des Vergnügens“