Moritz Wehrmann: Digital Study »Gustave Le Gray Marine, Étude de Nuages«

NOMIS Research Project

Moritz Wehrmann: Digital Study »Gustave Le Gray Marine, Étude de Nuages«

THE NEW REAL

Im 21. Jahrhundert hat sich die Kulturtechnik des Rechnens in eine vielschichtige Infrastruktur gewandelt, die eine agentielle Umwelt erschafft, welche mit der Lebenswelt nicht länger identisch ist. Auf diese Weise bildet sich ein neuer Elementarraum, die Technosphäre, in der elementare und technische Medien rekursiv gekoppelt sind und sogenannte „medianatures“ erzeugen. Das Klima ist ein prominentes Beispiel für solche “medianatures”. Der Klimawandel, aber auch die Beschaffenheit der neuen Medienobjekte, mit denen wir in unseren algorithmisierten Lebenswelten zu tun haben, stellen eine Herausforderung an unser überkommenes Verständnis dessen, „was real ist“, dar.

Das Projekt reagiert auf diese Herausforderung mit dem Versuch, einen dritten Weg jenseits des traditionellen Dualismus von Realismus und Konstruktivismus zu beschreiten. Um dies zu erreichen, zielt das Projekt auf eine neue Konzeptualisierung von Kulturtechniken, die auf der Überzeugung basiert, dass es notwendig ist, einerseits das Konzept der Kulturtechniken zu ökologisieren, und andererseits das Konzept der Ökologie zu technologisieren. Was “real” ist, ist nicht länger das, was ”objektiv” gegeben ist. Doch ist das Neue Reale auch nicht einfach nur epistemisch oder sozial konstruiert. Daher erforscht das Projekt eine Ontologie, in der alles, was uns betrifft – als Lebewesen, als soziale Wesen, als wissenschaftlich und politisch handelnde Individuen – klimaförmig wird.

Um dies zu erreichen, arbeitet das Projekt mit Wissenschaftlern aus den Computer Sciences, den Geo- und Lebenswissenschaften, der Medienwissenschaft und der Philosophie zusammen. Die verschiedenen Teile des Projekts erkunden u. a. Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Rechnens, der Computation und der Berechenbarkeit; die Frage wie das Internet of Things die Existenzweise lebensweltlicher Objekte verändert; wie computational infrastractures zu environing technologies werden, wie diese Umwelten Lebenswelten bestimmen, ohne phänomenal oder phänomenologisch beschreibbar zu werden, wie Programmcode in der Modellierung von Earth Systems Ontologie wird; und wie die Algorithmisierung der Kulturtechnik des Filterns einen wesentlichen Anteil hat an der Neuformierung der Umwelt/Systemgrenze.

Artikel im SPARK Magazine:
Bernhard Siegert: The Map Is the Territory — Dissolving the Barrier Between Media and Nature.