Zuerst Telefone, dann Fernseher und Computer, heute Smartphones, Tablets und Uhren: Unser alltäglicher Umgang mit Medien ist durch eine bemerkenswerte Konjunktur des Taktilen geprägt. Spätestens seit der massenhaften Verbreitung von Touchscreens ist das Tippen, Drücken und Wischen zum wenn nicht vorherrschenden, so doch zum neben Hören und Sehen weitgehend gleichberechtigten Modus medialer Interaktion geworden.
Doch nicht nur wir sind es, die die Medien in zunehmendem Maße berühren. Im Gegenzug sind es auch die Medien, die uns abtasten – und zwar ebenfalls in erheblich zunehmenden Maße. An Drucksensoren in Autositzen, an Bewegungsmelder vor automatischen Türen oder in dunklen Treppenhäusern, an stationäre und mobile Körperscanner in Flughäfen, Gerichten und anderen öffentlichen Einrichtungen haben wir uns längst gewöhnt. Gegenwärtig treten wir allerdings in eine Gesellschaft von fahrbaren und tragbaren Medien ein, die mit Sensoren geradezu gespickt sind: von Autos und Fahrrädern über Smartphones und Fitnessarmbänder bis hin zu Brillen und Schuhen.
Die Studie Horn oder Die Gegenseite der Medien unternimmt es, diese Doppelseitigkeit des Taktilen durch mehrfache Brückenschläge zwischen Medientheorie und Medienkunst zu erfassen, zu durchdringen und kritisch zu reflektieren. Im Vordergrund stehen nicht die sozialen, ökonomischen und technischen Bedingungen des vielzitierten „Age of Context“. Ausgehend von einer Phänomenologie dieses berührungsintensiven Zeitalters geht es vielmehr darum, ein zugleich reflexives und imaginatives Potential für die Auseinandersetzung mit einer sozialen Konstellation zu gewinnen, in der uns die medialen Dinge buchstäblich auf den Leib rücken.