BAUHAUS.INSIGHTS: Ein Ort für Ideen – der Co-Working Space in der Universitätsbibliothek
Co-Working Spaces sind längst mehr als nur ein Trend – sie verändern die Art und Weise, wie wir lernen und arbeiten. Sie sind vor allem deshalb so beliebt, weil sie die Vernetzung verschiedener Arbeitsbereiche befördern und eine flexible und inspirierende Umgebung für produktives Arbeiten schaffen. Seit Juni 2024 gibt es auch an unserer Universität einen solchen Ort, der von Studierenden und Lehrenden vielseitig und kreativ genutzt werden kann, zum Beispiel für Seminare und Workshops. Das Projekt ist in Zusammenarbeit zwischen Universitätsbibliothek, Präsidium, Universitätsentwicklung, dem Servicezentrum Liegenschaften und dem StudierendenKonvent entstanden.
Für unsere Serie BAUHAUS.INSIGHTS haben wir mit Andreas Wolter gesprochen. Der studierte Designer und Absolvent des Masterstudiengangs »MediaArchitecture« arbeitet seit 2022 in der Universitätsentwicklung der Bauhaus-Universität Weimar und ist u.a. für die Projektkonzeption und Designentwicklung in den von der »Stiftung Innovation in der Hochschullehre« geförderten Projekten »Lernraum Bauhaus« und »LeerRaum Bauhaus« verantwortlich. Er war nicht nur maßgeblich an der Entstehung des Co-Working Spaces beteiligt, sondern hat auch die dortigen Möbel, flexibel einsetzbare Tische und Stühle, selbst entworfen und angefertigt.
Was den Co-Working Space in der Universitätsbibliothek auszeichnet und ob noch weitere dieser neuen Arbeitsbereiche geplant sind, erzählt Andreas Wolter im Interview.
Herr Wolter, in der Bibliothek gibt es bereits »traditionelle« Arbeitsräume, in denen Studierende zusammen lernen und arbeiten können. Was soll sich denn mit der neuen Lernumgebung ändern und was macht sie, im Vergleich zu den bisherigen Lern- und Arbeitsbereichen, besonders?
Generell sollte an dieser Stelle einmal gesagt werden, dass Weimar für die Größe der Stadt eine phänomenale Bibliothekslandschaft besitzt. Und ja, es stimmt – die Universitätsbibliothek bietet in ihren verschiedenen Gebäuden bereits zahlreiche und, wie ich finde, sehr schöne Arbeitsplätze. Besonders hervorzuheben sind die »Carrels«, die beim Neubau klugerweise integriert wurden und gemeinschaftliches Arbeiten ermöglichen. Aufgrund der hohen Nachfrage dieser Raumtypen wurden in der Limona zusätzliche Carrels geschaffen. Damit existieren sowohl Rückzugsorte für stilles, konzentriertes Arbeiten als auch Räume für lautes, kollaboratives Arbeiten.
Trotz dieser vielfältigen Angebote sind die Carrels aufgrund ihrer Beliebtheit häufig ausgebucht und erfordern eine zeitliche Planung, da sie über ein Buchungssystem reserviert werden. Dieses System stellt keinen Nachteil dar, sondern spiegelt die Grundidee dieser Räume wider: Es geht darum, in einem geplanten Zeitrahmen – manchmal Wochen im Voraus – entweder allein oder gemeinsam zu arbeiten und seine Arbeitsmaterialien für kurze Zeit sicher zu verwahren. Der längere Rhythmus der Buchungszeiträume machen es jedoch schwierig, die Carrels für spontane Arbeitsbedürfnisse zu nutzen. Genau hier setzt der neue Co-Working Space an und schließt diese Lücke, indem er eine flexible Alternative für kürzere und kurzfristige Arbeitsphasen bietet.
Der Co-Working Space eignet sich ideal für spontane Besprechungen, das schnelle Bearbeiten von E-Mails, Telefonate oder das Zusammenkommen in größeren Gruppen. Er bietet eine flexible Lösung für all jene »Zwischensituationen«, die in einem »Zwischenraum« bearbeitet werden können. Natürlich steht es den Nutzer*innen frei, dort auch länger zu verweilen und zu arbeiten. Ein weiterer Vorteil des Co- Working Space ist seine Offenheit für alle Bibliotheksbesucher*innen. So können auch Universitätsmitarbeiter*innen, die keinen Zugang zu den Carrels haben, diesen Raum nutzen. Ebenso steht er Konferenzbesucher*innen oder Veranstaltungsteilnehmer*innen im Audimax zur Verfügung, die für eine kurze Arbeitsphase nicht in die Lesesäle der Bibliothek gehen würden. Sogar Schulklassen haben den Raum bereits vor ihrem Bibliotheksbesuch genutzt und das Präsidium der Universität, vertreten durch Dr. Simon Frisch, hat dort mehrfach Besprechungen mit den Fakultäten abgehalten.
Sie haben nicht nur an der Konzeption gearbeitet, sondern gleich noch die passenden Möbel entwickelt und gebaut. Worauf haben Sie bei der Gestaltung des Raumes und gerade auch beim Design der Tische und Stühle geachtet? Gab es etwas, was Ihren Designprozess beeinflusst hat?
Bei der Gestaltung des neuen Raums stand ein Aspekt im Vordergrund, der auf den ersten Blick vielleicht nicht offensichtlich und für viele ungewöhnlich erscheinen mag: der Brandschutz. In den Sitzungen der am Projekt beteiligten Institutionen, Dezernate und Gremien war das Ziel klar – eine innovative Arbeits- und Lernumgebung zu schaffen. Doch schnell stellte sich die Frage, wie sich das mit den bestehenden Fluchtwegkonzepten vereinbaren lässt. Trotz der scheinbar großzügigen Fläche vor dem Audimax müssen die vorgegebenen Fluchtmöglichkeiten strikt beachtet werden.
Hier war eine kreative Lösung gefragt. Ich schlug vor, den für Veranstaltungen erlaubten, möblierbaren Bereich visuell zu markieren, um so einen »Raum im Raum« zu schaffen. Ein entsprechendes Schild weist die Nutzer*innen darauf hin, dass Tische und Sitzmöglichkeiten innerhalb dieses abgegrenzten Bereichs flexibel arrangiert werden können – beispielsweise für Gruppenarbeit – jedoch innerhalb der Markierung bleiben müssen. Wir sind zuversichtlich, dass dies auf eine gute Zusammenarbeit mit den Nutzer*innen stoßen wird, da andernfalls die oben genannten Brandschutzkriterien nicht eingehalten werden können.
Da dieser Bereich mehrfach genutzt wird, etwa für Catering bei Veranstaltungen oder kleine Ausstellungen, war von Anfang an klar, dass die Möbel flexibel und leicht beweglich sein müssen. Bei früheren Veranstaltungen fiel mir auf, dass ausgesonderte Büroklapptische provisorisch mit Tischdecken als Ablage genutzt wurden. Aus Gründen der Nachhaltigkeit entschied ich mich daher, die klappbaren Tischgestelle wiederzuverwenden und sie mit neuen, stabileren und optisch ansprechenderen Tischplatten aus Holz zu kombinieren. Um den Hausmeistern die Arbeit beim Auf- und Abbau zu erleichtern, entwickelte ich eine zusätzliche Möglichkeit, die Tische im zugeklappten Zustand durch ein Griffloch und Rollen leicht transportieren zu können. Ein Gespräch mit einem Kollegen, der leidenschaftlicher Schachspieler ist, brachte eine weitere Idee ins Spiel: die Tischplatten könnten bedruckt werden, um eine Möglichkeit für Schach, Backgammon oder Go zu bieten – ganz in der Tradition alter Kaffeehäuser. In naher Zukunft sollen Schachsets, wie Bücher, in der Universitätsbibliothek ausleihbar sein.
Da der Co-Working Space eher für kurzfristiges Arbeiten gedacht ist, fiel die Designentscheidung bei den Sitzmöbeln zugunsten von Hockern statt Stühlen. Diese sind flexibler, günstiger und lassen sich platzsparender verstauen. Beim Entwurf der Hocker war es mir wichtig, dass sie sowohl kombinierbar als auch leicht verstaubar sind. So entstand ein Hocker, der sich beim Zusammenschieben zu einer Bank umfunktionieren lässt und in Kombination mit einem Rollwagen vertikal stapelbar ist, wodurch mehrere auf kleinem Raum verstaut werden können.
Der Co-Working Space ist nun seit mehr als einem Monat für alle nutzbar: Wie gut wird der Raum bisher angenommen und gibt es schon Feedback oder gar Verbesserungsvorschläge von Studierenden und Lehrenden?
In den ersten Wochen habe ich fast täglich den neuen Co-Working Space besucht, um zu beobachten, wie häufig der Raum genutzt wird und welche Kombinationen der Möbel bevorzugt werden. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich nie alleine dort war. Es war toll zu sehen, dass der Raum vom ersten Tag an angenommen wurde und bis heute kontinuierlich genutzt wird. Besonders positiv ist, dass die Nutzer*innen sehr ordentlich mit dem Mobiliar umgehen. Bislang sind keine Möbel außerhalb des markierten Bereichs »gewandert«, was zeigt, dass die gestalterischen Vorgaben respektiert werden.
Das bisherige Feedback der Nutzer*innen ist durchweg positiv. Der einzige Wunsch, der bisher geäußert wurde, betrifft das Fehlen von Steckdosen an den Tischen. Auch ich hätte mir fest installierte Steckdosen gewünscht, jedoch ist dies aufgrund der flexiblen Anordnung der Tische nicht umsetzbar. Steckdosen an den Tischen würden eine Kabelführung erfordern, die zu gefährlichen Stolperfallen werden können. Um dennoch eine Lösung anzubieten, habe ich von Anfang an in Zusammenarbeit mit dem Servicezentrum Liegenschaften daran gearbeitet, eine zusätzliche Stromquelle in der Nähe zu schaffen – so konnte in kürzester Zeit eine weitere Steckdose neben den Thoska-Automaten installiert werden.
Insofern werten wir dieses Experiment als Erfolg, auch wenn sicherlich noch unvorhergesehene Herausforderungen auftreten können – das ist aber normal in Prozessen, bei denen neue Konzepte eingeführt oder bestehende Strukturen transformiert werden.
Zum Abschluss noch ein kleiner Ausblick: Wie soll es zukünftig mit dem Co-Working Space weitergehen und gibt es schon Überlegungen, ähnliche Räume an anderen Orten der Universität umzusetzen?
Auf dem Aufsteller zur Nutzung des Co-Working Space findet sich der Satz: »Bei gelungenem Verlauf planen wir, weitere Arbeitsmöglichkeiten in der Universität zur Verfügung zu stellen.« Genau das ist unser Ziel. Zunächst hofft das Projektteam, dass sich dieser Prototyp etablieren lässt, aber es gibt bereits weitere Pläne. So überlegen wir, den Computerpool der Universitätsbibliothek in seiner bisherigen Funktion zu erweitern.
Im Rahmen der Projekte »Lernraum Bauhaus« und »LeerRaum Bauhaus« der Universitätsentwicklung beschäftigen meine Kolleg*innen und ich uns mit der Weiterentwicklung von Räumen des Lernens und Lehrens. Während der »Lernraum Bauhaus« den Schwerpunkt auf hybride Lernszenarien legt, analysieren wir im Projekt »LeerRaum Bauhaus« Unterrichtsräume grundlegend, um Alternativkonzepte zu entwickeln. In diesem Zusammenhang stehen wir in engem Austausch mit den Fakultäten, um gemeinsam die Entwicklung unterschiedlicher Räume an der Universität voranzutreiben.
Ich persönlich finde es wichtig, gerade in Anbetracht der sozialen Lücke, die durch die Pandemie entstanden und immer noch spürbar ist, dass mehr Räume für gemeinschaftliches Leben und Arbeiten geschaffen werden.
Herr Wolter, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Die BAUHAUS.INSIGHTS-Fragen zum neuen Co-Working Space in der Universitätsbibliothek stellte Luise Ziegler.