BAUHAUS.INSIGHTS: Mit 14,4 Millionen Euro in die Zukunft – was ist die Vision hinter BAUHAUS4EU?
»An Alliance for a Better Future«: Schon der Slogan der Hochschulallianz BAUHAUS4EU macht deutlich, wohin die Reise gehen soll – langfristig und eng an Zukunftsthemen zusammenarbeiten, gemeinsam die Zukunft von Lehre, Lernen und Forschung gestalten und den europäischen Gedanken stärken. Ende Juni 2024 hat die EU-Kommission entschieden, die Allianz im Rahmen der EU-Initiative »Erasmus+ Europäische Hochschulen« für die nächsten vier Jahre mit 14,4 Millionen Euro zu fördern.
Für unsere Reihe BAUHAUS.INSIGHTS haben wir mit Dr. Christian Kästner gesprochen. Er ist Leiter des Dezernats Internationale Beziehungen und koordiniert das Projekt an der Bauhaus-Universität Weimar. Wie es mit der Allianz weitergehen und was sich konkret an der Bauhaus-Universität Weimar ändern wird, erzählt er im Interview.
Herr Kästner, die Bauhaus-Universität Weimar ist seit Frühjahr 2023 die koordinierende Hochschule der Allianz, Sie selbst haben den Förderantrag für die EU-Kommission mitverfasst. Können Sie uns einen kurzen Überblick über das BAUHAUS4EU-Projekt geben? Was sind die Hauptziele und Visionen?
BAUHAUS4EU ist der Name einer Allianz von zehn Universitäten in Europa, die auch unabhängig vom nun erfolgreich gestellten Antrag und über die Förderdauer hinaus langfristig besteht – es gibt da kein Ablaufdatum. In der Allianz geht es darum, umfassende Internationalisierungsangebote für alle Angehörigen der beteiligten Universitäten zu entwickeln, also neben Studierenden und Professoren auch akademische Mitarbeitende, Doktorand*innen und Personal in Technik und Verwaltung mitzudenken. Indem wir das gemeinsam als Allianz machen, können wir verlässlich und langfristig planen sowie Formate des Austausches und der Zusammenarbeit auf allen Ebenen entwickeln.
Die Allianz legt außerdem einen Schwerpunkt darauf, die Regionen, in denen sich die jeweiligen Universitäten befinden, verstärkt in ihre Arbeit einzubeziehen. Über die Universitäten sollen auch regionale Akteure europaweit vernetzt und in Kooperation miteinander gebracht werden. Für uns heißt das, die Anbindung Thüringens an die EU wird gestärkt, sodass die Vorteile der EU in der Region besser sicht- und nutzbar werden. Mit den vielfältigen Austauschformaten, die die Allianz bieten wird, integrieren wir Europa natürlich auch stärker in den Alltag unserer Studierenden und Mitarbeitenden. Wir hoffen, dass die zahlreichen positiven Einzelerfahrungen langfristig zu einer Stärkung des Europäischen Friedensprojekts beitragen.
Ich bin überzeugt, dass die Mitgliedschaft in der BAUHAUS4EU-Allianz die Attraktivität der Bauhaus-Universität Weimar erhöht und wir zu einer nachhaltigen Entwicklung Thüringens beitragen werden. Die Finanzierung, die wir jetzt in der Programmlinie »Erasmus+ Europäische Hochschulen« erhalten haben, hat Projektcharakter, weil sie zeitlich zunächst auf vier Jahre begrenzt ist. Das gibt uns einen ungeheuren Anschub, viele Dinge schnell zu realisieren, die sonst länger in der Entwicklung gedauert hätten. Und der Status einer »geförderten« Allianz eröffnet uns die Möglichkeit, weitere Unterstützung vom Land, Bund und der EU zu bekommen.
Zur Allianz gehören also neben der Bauhaus-Universität Weimar neun weitere Partnerinstitutionen, räumlich verteilt über ganz Europa – die Koordination ist bestimmt keine leichte Aufgabe. Welche Herausforderungen ergeben sich, wenn zehn europäische Hochschulen ein gemeinsames Ziel verfolgen?
Wichtig ist erst einmal, dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen! Das tun wir, denn der Prozess der Antragsstellung hat zu einer Ausdifferenzierung und -formulierung unserer Vorstellungen geführt: Wir haben einen gemeinsamen, recht detaillierten Arbeitsplan für immerhin vier Jahre. Herausforderungen wird es natürlich trotzdem geben. Zuerst würde ich die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen nennen, die bei der Entwicklung von Joint Degree Programmen und anderen Lehrformaten miteinander verzahnt werden müssen. Das ist keine Kleinigkeit, wie jeder bestätigen wird, der mit Studiengangsentwicklung und -akkreditierung zu tun hatte. Nicht ganz einfach wird sicher auch die Einbindung von zwei eng assoziierten Partneruniversitäten in der Ukraine, die wir nicht als Vollmitglieder in die Allianz aufnehmen konnten – das erlaubten die Regularien des Erasmus-Programms nicht – die wir aber dennoch an allen Aktivitäten beteiligen wollen.
Jedes internationale Projekt hat natürlich geografische Herausforderungen, es müssen Distanzen überwunden werden. Im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit setzen wir stark auf digitale Formate, aber natürlich sollen auch physische Mobilitäten zwischen den Universitäten stattfinden. Wir planen, dafür vor allem Erasmus+-Mittel einzusetzen, mit denen die Bauhaus-Universität Weimar glücklicherweise recht gut ausgestattet ist. Manche unserer Partneruniversitäten haben weniger Erasmus-Mittel zur Verfügung, da ist es nicht ganz so einfach.
Außerdem müssen wir mit kulturellen Unterschieden umgehen – jede Universität ist ein eigener Kosmos und die Entscheidungs- und Arbeitsstrukturen sind nicht immer kongruent. Natürlich gibt es auch persönliche kulturelle Prägungen. Aber das ist keine Herausforderung im eigentlichen Sinne, vielmehr ist das Teil der Bereicherung, die wir suchen. Es haben schon viele Delegationsreisen in den letzten zwei Jahren zu den Allianzpartnern stattgefunden und das Feedback der vielen Reisenden und aller anderen, die in der Zusammenarbeit bereits tätig sind, ist einhellig positiv. Es macht Spaß, neue Perspektiven kennenzulernen, sich auf sie einzulassen und zu schauen, welche fruchtbaren Impulse sich für die eigene Arbeit und das eigene Leben als Bürger*in in Europa daraus ergeben.
Und schließlich ist Sprache sicher auch ein Thema, das sowohl Bereicherung als auch Herausforderung ist. Wir wollen Mehrsprachigkeit unterstützen, auch wenn die Arbeitssprache in der Zusammenarbeit sicher Englisch sein wird.
Seit Ende Juni steht fest: Die Mühen haben sich gelohnt. Ab 2025 werden die Hochschulen der Allianz mit insgesamt 14,4 Millionen Euro gefördert. Damit soll beispielsweise die Mobilität für Studierende und Lehrende unterstützt werden, aber es ist auch ein europäischer digitaler Campus geplant. Gibt es weitere konkrete Projekte, die durch die Förderung umgesetzt werden können?
Es ist Teil des Projektes, konkrete Maßnahmen zu entwickeln und dann umzusetzen. Dafür gibt es eine sogenannte Design-Phase, die einer daran anschließenden Umsetzungsphase vorgeschaltet ist. Klar ist aber, dass die Entwicklung von Joint Degree Studienprogrammen ein zentrales Element sein wird. Auch sind Europäische Bauhaus-Module geplant und verschiedene Lehrformate angedacht, die in der Zusammenarbeit mit regionalen Partnern realisiert werden sollen. Aktuell arbeiten wir an einem Unterstützungsangebot für Forschende der Bauhaus-Universität Weimar, die einen Antrag bei der EU stellen wollen und noch nach geeigneten Partnern in Europa suchen.
Die große geografische Ausdehnung der Allianz, sowie die Einbindung strategisch wichtiger regionaler Partner in allen zehn Partnerregionen, kann EU-Anträge substanziell stärken. Dies ist zwar nicht Teil der Förderung selbst, wird aber dennoch zu einer messbar positiven Unterstützung für die Bauhaus-Universität und ihre Partner führen. Und wir wollen ein reguläres Austauschprogramm für Mitarbeitende in Technik und Verwaltung entwickeln, um mehr Personen die Möglichkeit zum internationalen Erfahrungsaustausch zu geben. Es geht darum, ein sehr breites Internationalisierungsangebot für alle Statusgruppen zu entwickeln.
Glauben Sie, dass das Projekt und die damit verbundene finanzielle Unterstützung die Forschung und Lehre an der Bauhaus-Universität Weimar nachhaltig verändern wird und wenn ja, inwiefern?
Auf alle Fälle! Wie genau, das hängt von uns als Universität ab. Es gibt viele Mitgestaltungsmöglichkeiten für alle Interessierten: Je mehr das Projekt voranschreitet und je mehr sich die Allianz entwickelt, desto sichtbarer werden die Chancen. Ich gehe davon aus, dass sich die Universität in den gemeinsamen Strategieprozessen dazu verständigen und positionieren wird, wie sie es beim STEP 2026-30 bereits getan hat. Ich würde mir wünschen, dass jede*r Uniangehörige an der Internationalität der Universität teilhaben und sie mitgestalten kann, dass diese Internationalität unsere Arbeit bereichert und Freude macht.
Zum Abschluss wagen wir einen Blick nach vorne: Welche Ergebnisse und Auswirkungen erhoffen Sie sich für das Projekt?
Ich wünsche mir, dass wir am Ende der Projektlaufzeit zu einer reibungslos funktionierenden Allianz zusammengewachsen sind. Dass wir dann auf europäischer Ebene gemeinsam handeln und uns gegenseitig ergänzend und verstärkend neue Ziele stecken. Dass wir durch die enge Zusammenarbeit ein Plus an innovativer Kreativität schaffen und dauerhaft einen spürbaren Beitrag zur Stärkung Europas und der liberalen Demokratie leisten.
Herr Kästner, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Weitere Informationen zur Hochschulallianz BAUHAUS4EU erhalten Sie unter: https://www.bauhaus4.eu/
Die BAUHAUS.INSIGHTS-Fragen zur Hochschulallianz BAUHAUS4EU stellte Luise Ziegler.