Von Dortmund nach Weimar: Vertretungsprofessorin Dr. Sandra Huning
Seit 1. Oktober 2022 ist Dr. Sandra Huning Vertretungsprofessorin für Stadtplanung an der Fakultät Architektur und Urbanistik. Die promovierte und habilitierte Stadt- und Raumplanerin wird bis 30. September 2024 Prof. Dr. Barbara Schönig vertreten, die zur Staatssekretärin im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ernannt worden ist.
Dr. Huning ist für diesen Zeitraum von der Technischen Universität Dortmund beurlaubt, an der sie seit 2009 als Akademische Rätin an der Fakultät Raumplanung im Fachgebiet Stadt- und Regionalsoziologie tätig ist. Vor ihrer Lehrtätigkeit an der TU Dortmund hatte sie berufliche Stationen unter anderem an der Technischen Universität Berlin, an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, an der Deutschland Akademie der Naturforscher Leopoldina (heute Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina) sowie am Berliner Institut für Sozialforschung.
Auslandsaufenthalte während Schulzeit und Studium führten sie nach Michigan (USA) und Grenoble (F). Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin forschte sie mehrere Monate an der Universität Milano-Bicocca (I), und als Erasmus+-Dozentin war sie am University College London (GB) und an der Aristoteles Universität Thessaloniki (GR).
Vier Fragen an Dr. Sandra Huning
Was hat Sie daran gereizt, an die Bauhaus-Universität Weimar zu kommen?
Ich freue mich, hier in Weimar eine andere, für mich neue Lesart von Stadtplanung kennenzulernen. Vorher war ich an der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund, wo ich auch studiert habe. Zwischen den Studiengängen Raumplanung, wie es in Dortmund heißt, und Urbanistik hier in Weimar gibt es Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Ich finde es spannend zu sehen, was es bedeutet, Stadtplanung in einem Urbanistik-Kontext zu denken und zu unterrichten. Hinzu kommt die gemeinsame Einbettung in einer Fakultät mit der Architektur.
Wie haben Sie die ersten Wochen als Vertretungsprofessorin erlebt? Haben Sie Schnittstellen zu anderen Professuren/Bereichen? Wenn ja, welche?
Ich bin am Institut für Europäische Urbanistik [IfEU] sehr freundlich aufgenommen worden und konnte schon im Sommer an einer Klausursitzung teilnehmen. In den ersten Wochen in Weimar lag mein Schwerpunkt zunächst auf der Lehre. Dabei war die Mitwirkung in der Jury bei der Absolvent*innenausstellung der Fakultät Anfang November für mich sehr hilfreich, um einen Eindruck von den Debatten an der Fakultät zu bekommen. Erst allmählich komme ich mit Kolleg*innen vom IfEU und aus der Architektur ins Gespräch, um über gemeinsame Forschungsinteressen zu sprechen.
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte?
In den vergangenen Jahren habe ich mich vor allem mit Interkultur in der partizipativen Stadtentwicklung beschäftigt. In zwei Reallaboren haben wir in einem Forschungsverbund mit Planer*innen und Bewohner*innen diskutiert, wie gesellschaftliche Vielfalt in der Gestaltung von Planungskommunikation selbstverständlich mitgedacht werden kann. In der Theorie wissen alle, wie »gute Beteiligung« funktionieren sollte, aber die Umsetzung gestaltet sich schwierig. Wir wollten die impliziten Hemmnisse explizit machen.
In einem aktuellen Verbundprojekt beschäftige ich mich gemeinsam mit Kolleg*innen mit Emotionen in lokalen Planungskonflikten und der Frage, wie solche Konflikte bearbeitet werden können. Auch hier geht es im Prinzip um Planungskommunikation: Planer*innen interessieren sich für Sachargumente, bringen aber natürlich eigene Emotionen ein und müssen zudem mit denjenigen umgehen, die ihnen bzw. ihren Projekten entgegengebracht werden. Das ist aber immer noch ein blinder Fleck.
Wie werden Sie das Profil der Professur während Ihrer Vertretung ausgestalten? Was ist Ihnen wichtig?
Zentral sind in meiner Forschung und Lehre feministische Perspektiven auf Stadt und auf Stadtplanung, die auch der Schwerpunkt meiner Habilitation waren. Damit meine ich weniger Fragen der Gleichstellung der Geschlechter, die selbstverständlich auch wichtig sind, sondern vor allem eine kritische Perspektive auf Normen und Verhältnisse. Darüber möchte ich in meiner Zeit in Weimar weiter nachdenken und gerne mit Kolleg*innen und Studierenden ins Gespräch kommen. Feministische Stadtplanung trifft aktuell auf sehr großes mediales Interesse, auch die Bundesbauministerin spricht davon. Aber mir scheint, dass in vielerlei Hinsicht noch offen ist, was das eigentlich genau heißen kann. Die Debatten in der Architektur sind da möglicherweise schon weiter. Es wäre schön, wenn es gelänge, hierüber Reflexionsräume zu schaffen.