Silver and Moonshine
Sechs Studierende der Medienkunst und eine Studentin der Visuellen Kommunikation hatten im Sommersemester 2015 die einmalige Chance, die nahezu in Vergessenheit geratene Nass-Kollodium-Fototechnik zu erlernen und in mehreren Wochenendworkshops damit zu experimentieren. Weltweit gibt es nur noch eine kleine Fotografen-Community, die diese Technik beherrscht.
Einer von ihnen ist Stephan Jacobs, Fotokünstler und Professor am Emmanuel College in Boston, mit dem die Bauhaus-Universität Weimar seit 2014 eine Partnerschaft unterhält. Jacobs war auf Einladung von Nina Röder, Künstlerische Mitarbeiterin an der Fakultät Medien, im Mai und Juni 2015 nach Weimar gekommen, um mit Medienkünstlern in seinem Kurs »Silver and Moonshine« die Kollodium-Fotografie konzeptuell anzuwenden.
»My focus was to take a select group of students back to the basics of photography: not only those things specific to the laboratory, the early photographic artists and processes, but to introduce a more contemplative and connective approach of making images in an era of temporary electronic imaging«, erläutert Jacobs sein Konzept.
Zunächst machten sich Jacobs' Studierende vertraut mit den technischen Voraussetzungen der analogen Großformatfotografie sowie dem sehr speziellen Belichtungs- und Entwicklungsprozess, der sehr zügig und sorgfältig ausgeführt werden muss, um perfekte Bilder zu erhalten. Perfekt versus unperfekt – die Individualität und der jeweilige Charakter des Einzelbildes ergeben sich aus den Spuren, Schlieren und Schatten, die die Entwicklerlösung aus Silbernitrat hinterlässt. Danach kann das Ergebnis nicht mehr verändert werden.
»It gave the students a unique opportunity to get their hands deep into the origins of photography. And to understand the correlation between ideas, materials, process, and light as image makers«, erklärt Jacobs seine Intention.
Die Studierenden nahmen das Angebot begeistert wahr, experimentierten mit der Kollodium-Technik zunächst im Studio, später mit einer extra angefertigten mobilen Dunkelkammer im Ilmpark. »Es war eine großartige Erfahrung, mit Stephan zu arbeiten, gerade in den One-in-one-Sessions mit ihm habe ich sehr viel gelernt. Es steckt eine große Faszination in dem gesamten Prozess, es ist geradezu magisch, wenn im Silbernitratbad das Foto langsam sichtbar wird. Viel Fingerspitzengefühl ist dafür nötig, jeder noch so geringe Fingerabdruck schlägt sich im Endergebnis nieder«, erzählt John Braun, Medienkunst-Student.
Als zu Porträtierende wurden Kommilitoninnen und Kommilitonen gefragt, zudem Menschen von der Straße, aber auch Naturmotive wählten die Fotografiestudierenden aus. »Gerade die spezielle Ästhetik, das nicht digital Reproduzierbare fasziniert an dieser Technik«, so Braun weiter. Inspiriert von der intensiven gemeinsamen Arbeitszeit in dieser kleinen Gruppe und der Erfahrung mit Jacobs fotografierte er gleich nach dem Workshop eine weitere Porträtserie, für die er Menschen mit eindrucksvollen Gesichtern aus dem Weimarer Stadtraum direkt ins Studio in der Amalienstraße holte.
Stephan Jacobs hofft, den Kurs im kommenden Jahr wiederholen und zugleich erweitern zu können: »I greatly enjoyed leading this course at Bauhaus-Universität Weimar. Overall, my students were engaged with the course, enthusiastic about the possibilities inherent to the large format process, attained a deep understanding of film based photography, and became far more skillful photographers by the course completion. With such a success, my hope is to discuss the possibility of returning to Weimar for the summer semester of 2016 to offer an expanded, albeit similar course.«
Website des Emmanuel Colleges Boston:
http://www.emmanuel.edu/
Prof. Stephan Jacobs am Emmanuel College:
http://www.emmanuel.edu/academics/our-faculty/stephan-jacobs.html