Projekte bei der summaery2022: Im Gespräch mit Studierenden über Hyperobjekte und die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft
Die diesjährige Jahresschau der Bauhaus-Universität Weimar steht unter dem bewusst doppeldeutigen Titel »Wer weiß? | Who knows?« und fragt danach, wie, wo und von wem Wissen produziert wird. Mit dabei ist auch das Projekt »Hyperobjekte – radikale Zukunftsvisionen / Grenzen unserer menschlichen Vorstellungskraft«, bei dem sich 20 Studierende der Fachrichtungen Lehramt Kunst, Produktdesign, Medienkunst und Visuelle Kommunikation jeweils eigenen Hyperobjekten künstlerisch gewidmet haben, also Themen, deren Ausdehnung über das Verständnis von Raum und Zeit hinausgeht. Das Spektrum reicht dabei von kollektiven Phänomenen wie dem Klimawandel, über das Verhältnis von Natur und Technik oder Ressourcenknappheit bis hin zu ganz individuell berührenden Themen wie Anonymität, Identität, Zeit, Tod oder Verlust. Stellvertretend für alle Teilnehmenden haben wir mit den Studierenden Antonia Stella Pfadenhauer und Maximilian Götz gesprochen, sie zu ihrer Arbeit und dem »Wissen« darüber befragt.
Was ist das Besondere an eurem Thema oder euren Methoden?
Antonia Stella Pfadenhauer: Das Projektmodul »Hyperobjekte« fällt gerade deshalb so aus der Reihe, weil es sich mit einem ungreifbaren Thema befasst, das aber doch allgegenwärtig ist und so gut wie jede*n auf individuelle Weise betrifft. Diese Phänomene künstlerisch umzusetzen und dabei das Ziel im Hinterkopf zu haben, auch andere Menschen zur Reflektion darüber anzuregen, ist nicht nur eine Herausforderung, sondern erfordert auch ein gewisses Durchhaltevermögen und Motivation. Unsere Projektgruppe hat sich durch gegenseitiges Feedback und Hilfe jede Woche enorm unterstützt und weiterentwickelt.
Maximilian Götz: Beispielsweise behandle ich das Konzept der Leere oder des Nichts. Eine Idee, die sich von Natur aus nicht greifen oder nachweisen lässt. Der einzige Weg, wie wir uns der Leere annähern können, ist, wie und wo wir ihr begegnen. In der Philosophie, der Informatik, der Physik, aber auch in der Mystik sowie in der Popkultur spielt die Begegnung mit dem Nichts immer wieder eine Rolle.
Das klingt so, als hättet ihr im Laufe des Lernprozesses auch einige »Hürden« überwinden müssen?
MG: Jedes Mal aufs Neue ist es eine der größten Schwierigkeiten, Ideen, mit denen man sich schon angefreundet hatte, noch einmal kritisch zu betrachten, zu verfeinern und alles, was nicht zweckdienlich ist, wegzulassen. »Killing your darlings«, wie es im Englischen so schön heißt.
ASP: Mir ging es da ähnlich. Erst bei der Umsetzung meiner Idee ist mir aufgefallen, wie wichtig es ist, auch spontan auf Herausforderungen und unerwartete Probleme eine Lösung zu finden. Ursprünglich war meine Installation auf einen schalldichten Raum ausgelegt. Da dies auf der Freifläche vor dem VdV nicht möglich war, musste ich mir in relativ kurzer Zeit eine kompatible Lösung einfallen lassen und eine angepasste Umsetzung erarbeiten. Um uns darauf vorzubereiten, haben wir innerhalb des Projekts zum Beispiel viele »rapid thinking«-Aufgaben gemacht, also versucht, viele verschiedene Problemlösungsideen zu entwickeln.
Welche Quellen habt ihr für euer Projekt genutzt, um euch Wissen anzueignen und wie seid ihr an diese herangekommen?
MG: Von buddhistischen Koans bis zu Mathematik-Deep-Dive-Videos hat meine Recherche zum Thema online stattgefunden. Bei praktischen Fragen zur Anfertigung habe ich dagegen den Rat von Kommiliton*innen gesucht, die in dem Bereich mehr Wissen und Erfahrung haben.
ASP: Zu Beginn des Semesters haben wir von unserem Dozenten eine Liste mit unterschiedlichen Auseinandersetzungen zur Thematik erhalten: Empfehlungen zu der Serie »DARK« oder Romanen wie »Kafka – Das Schloss«, etc. gaben uns die Möglichkeit, uns nach eigenen Interessen in die Materie zu vertiefen. Auch der Austausch im Plenum eröffnete uns Einblicke in unterschiedliche Sichtweisen. Selbst aus der ein oder anderen Meinungsverschiedenheit ließen sich neue, spannende Anregungen entwickeln und reflektieren.
Gab es denn während der Projektlaufzeit auch ein »Highlight«?
MG: Unsere Exkursion zur Biennale nach Venedig war für mich eine große Inspiration für alles weitere, was ich dieses Semester gemacht habe.
ASP: Dem kann ich mich nur anschließen. Die Exkursion nach Venedig und der Besuch der »Biennale Arte« war auf jeden Fall ein Highlight. Eine derartig großformatige Kunstausstellung hatte ich noch nie gesehen und auch die Internationalität der Künstler*innen war extrem beeindruckend. Meine Auffassung von Installationen, Videokunst, Konzeptkunst, etc. wurde grundlegend geprägt und erweitert. Von unserem Dozenten wurden wir zwar schon immer ermutigt »groß zu denken«, aber die Biennale gab mir dann den gewissen Kick, aus dem gewohnt kleinen Rahmen auszubrechen.
Und wie geht es nach der summaery weiter?
ASP: Wir planen, ein Magazin über unsere Eindrücke der Biennale fertigzustellen sowie eine schriftliche Dokumentation unseres Projektes, der Umsetzungen und Ideen. Bis dahin hoffen wir, dass alles funktioniert, denn einen derartigen Aufbau auf der Freifläche vor dem VdV gab es, jedenfalls solange ich hier studiere, noch nie.
MG: Ich habe zudem vor, die Installation leicht abgeändert im öffentlichen Raum auszustellen. Ich finde Kunst besonders spannend, wenn sie die Grenzen ihrer Ausstellung verlässt und im ganz alltäglichen Kontext auftritt. Gerade bei Themen, die so unnahbar sind, wie die, denen wir uns im Projekt gewidmet haben, finde ich das sehr interessant.
Alle Projekte der summaery2022 sowie das vollständige Programm finden Sie unter: www.uni-weimar.de/summaery
Die Ideen der Studierenden werden vom 14. bis 17. Juli 2022 bei der summaery in einer raumgreifenden, groß angelegten Ausstellung vor dem Hauptgebäude zu sehen sein. Betreut wurde das Projekt von Christian Andrés Parra Sánchez, Professur Kunst und ihre Didaktik, Fakultät Kunst und Gestaltung.
Ausstellungsort:
Freifläche vor dem Van-de-Velde-Winkelbau
Fakultät Kunst und Gestaltung
Geschwister-Scholl-Str. 7
99423 Weimar