Flexibilisierung des Arbeitsortes – welche Philosophie verfolgt die Bauhaus-Universität Weimar mit der neuen Dienstvereinbarung?
Anfang November 2021 hat die Bauhaus-Universität Weimar eine neue Dienstvereinbarung eingeführt, die es den Beschäftigten ermöglicht, ihren Arbeitsort in gewissen Anteilen an einen anderen Ort zu verlagern. Im Gespräch unterstreichen der Kanzler Dr. Horst Henrici, die Personaldezernentin Beate Haltmeyer-Forstner und die Vorsitzende des Personalrates Dr. Alexandra Pommer, welche Ziele die Universität mit dieser neuen Perspektive im Arbeitsalltag verfolgt.
Das Gespräch führte Dr. Carolin Wick, Leiterin des Referats Personalentwicklung und Gesundheitsmanagement.
Die Corona-Situation und die pandemiebedingte spontane Verlagerung des Arbeitsplatzes ins Homeoffice über jeweils längere Zeiträume hat für den Großteil der Beschäftigten der Bauhaus-Universität Weimar viele neue Erfahrungen mit sich gebracht und die Themen Telearbeit und mobiles Arbeiten auch für Nach-Pandemie-Zeiten in den Blickpunkt gerückt. Welche Philosophie verfolgt hier die Bauhaus-Universität Weimar?
Dr. Horst Henrici:
Schon länger gab es die Bestrebungen, durch eine Dienstvereinbarung unseren Beschäftigten zeitlich und örtlich flexibles Arbeiten zu ermöglichen. Mit Einsetzen der Pandemie im Frühjahr 2020 wurden wir dann sprichwörtlich gezwungen, viele Arbeitsplätze ins Homeoffice zu verlagern. Aus den Erfahrungen der letzten anderthalb Jahre haben wir viel gelernt. Um auch nach der Pandemie (teilweise) außerhalb der Universität zu arbeiten, haben wir im Zusammenwirken mit dem Personalrat und dem Dezernat Personal es als sinnvoll erachtet, eine Arbeitsgruppe zu implementieren, um unser Vorhaben – die Möglichkeit zur Flexibilisierung des Arbeitsortes – umzusetzen. Die Arbeitsgruppe hat die Regelungen, die der Dienstvereinbarung zugrunde liegen, erarbeitet und dabei die Erfahrungen aus der Pandemie und das Wissen aus anderen Einrichtungen einfließen lassen. Letzte Woche haben wir nun die Dienstvereinbarung unterschrieben. Diese richtet sich grundsätzlich an alle Beschäftigten des nichtwissenschaftlichen Personals, kann aber auch für wissenschaftliche Beschäftigte angewendet werden, wenn diese es wünschen.
Dr. Alexandra Pommer:
Unsere örtliche Dienstvereinbarung zur Flexibilisierung des Arbeitsortes konkretisiert, wie die Rahmendienstvereinbarung Telearbeit an der Bauhaus-Universität Weimar umgesetzt wird. Zudem ergänzt sie das mobile Arbeiten als weitere Möglichkeit des Arbeitens an einem Arbeitsort außerhalb des Campus.
Das Neue ist: ab sofort können die Beschäftigten bis zu 50 Prozent ihrer monatlichen Arbeitszeit außerhalb ihres universitären Arbeitsplatzes erbringen, soweit die dienstlichen Belange dies zulassen. Die alternierende Telearbeit und das mobile Arbeiten können miteinander kombiniert werden, wobei Telearbeit an einem fix eingerichteten Arbeitsplatz einen größeren Umfang annehmen kann als das mobile Arbeiten. Dieser Unterschied im Umfang begründet sich vor allem im Gesundheits- und Arbeitsschutz. Für das mobile Arbeiten, das ortsunabhängig erfolgen kann – also bspw. zu Hause oder in der Bibliothek einer anderen Stadt – haben wir uns 25 Prozent der Arbeitszeit als Grenze gesetzt.
Beide Arbeitsformen kommen nur auf Wunsch unserer Beschäftigten in Betracht und können nicht angeordnet werden. Die Dienstvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit gilt weiter und in den Kernarbeitszeiten sollte die Erreichbarkeit sichergestellt werden. Denn es ist uns ganz wichtig, dass die Flexibilisierung des Arbeitsortes nicht als Freibrief gedacht ist, die Arbeitszeit auszudehnen und nachts oder am Wochenende zu arbeiten.
Wie unterscheiden sich die beiden Arbeitsformen – alternierende Telearbeit und mobile Arbeit – von einander?
Beate Haltmeyer-Forstner:
Wie schon erwähnt wurde, findet Telearbeit an einem festen Arbeitsplatz zuhause statt. Sie ist in gewisser Weise verbindlicher als mobiles Arbeiten, weil man sich gemeinsam mit dem oder der Vorgesetzten auf bestimmte, regelmäßig wiederkehrende Zeiten, z.B. feste Tage pro Woche, festlegt, an denen man dann von zuhause aus arbeitet. Ein weiterer Unterschied ist, dass bei der Telearbeit der Arbeitsplatz zuhause den Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes entsprechen muss, so sind zum Beispiel eine ausreichende Beleuchtung und eine geeignete Ausrichtung des Bildschirms ganz wichtig. Dies muss im Vorfeld anhand einer Checkliste, die wir gemeinsam mit dem Servicezentrum Sicherheitsmanagement zur Verfügung stellen, entsprechend geprüft werden. Beim mobilen Arbeiten kann der Arbeitsplatz dagegen variieren, d.h. er ist nicht an einen festen Ort gebunden und muss daher nicht unbedingt den Ansprüchen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes genügen, auch wenn dies natürlich trotzdem sehr zu empfehlen ist und es uns ein Anliegen ist, alle Beteiligten dafür zu sensibilisieren. Mobiles Arbeiten an sich ist sehr flexibel, es wird ein zeitlicher Rahmen vereinbart und kann dann auch recht spontan und kurzfristig in Anspruch genommen werden. Das bedeutet aber auch, dass es einer sehr guten Kommunikation untereinander und einer hohen Eigenverantwortung bedarf. Für beide Arbeitsformen gilt aber, dass ein von der Universität zur Verfügung gestellter PC benutzt werden muss. Die Nutzung privater Geräte ist aus Sicherheitsgründen nicht zulässig. Und was mir auch noch wichtig ist zu erwähnen: Der Arbeitsplatz an der Universität bleibt auf jeden Fall erhalten, auch wenn man eine der beiden flexiblen Arbeitsformen in Anspruch nimmt.
Worin sehen Sie den Vorteil für die Bauhaus-Universität Weimar auf der einen und die Beschäftigten auf der anderen Seite?
Dr. Horst Henrici:
Wir sind fest davon überzeugt, dass es sich tatsächlich um eine Win-Win-Situation handelt. Wir können durch die Ermöglichung der Flexibilisierung des Arbeitsortes unserem Ziel als werte- und diversitätsorientierte sowie familienfreundliche Universität besser gerecht werden: Wir wollen auf verschiedene Lebensumstände eingehen und die Rahmenbedingungen schaffen, Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen, Arbeit individuell zu gestalten und damit die Arbeitszufriedenheit und -motivation zu steigern. Gleichzeitig sehen wir das Angebot zur Flexibilisierung des Arbeitsortes als wichtigen Schritt, um unsere Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität als Arbeitgeberin zu steigern und uns – gerade auch im öffentlichen Dienst – positiv hervorzuheben.
Unter welchen Voraussetzungen ist alternierende Telearbeit und mobile Arbeit sinnvoll und möglich?
Beate Haltmeyer-Forstner:
Prinzipiell gilt, dass die Flexibilisierung des Arbeitsortes nur auf Wunsch des oder der Beschäftigten erfolgen kann – nicht jede*r möchte in Telearbeit bzw. mobil arbeiten. Außerdem müssen die dienstlichen Aufgaben und Abläufe die beiden Arbeitsformen überhaupt zulassen. Dies ist in einigen Bereichen mit Sicherheit schwieriger als in anderen und in manchen Bereichen eventuell gar nicht zu realisieren. Ich denke dabei beispielsweise an Beschäftigte im handwerklichen Bereich oder in Bereichen mit Publikumsverkehr. Aber selbst hier lassen sich (verwaltende) Aufgaben unter Umständen so organisieren, dass ein Teil mobil oder in Telearbeit erledigt werden kann.
Voraussetzung ist immer die Abstimmung mit dem oder der Vorgesetzten sowie eine gute Kommunikation im Team. Das ist in erster Linie auch eine Kulturfrage. Es muss erkannt werden, dass Telearbeit bzw. mobiles Arbeiten und Präsenzarbeit gleichwertig sind, dass Sichtbarkeit am dienstlichen Arbeitsplatz an der Uni keine Vorteile verschafft und dass auch während der Arbeit an einem anderen Ort die volle Arbeitsleistung erbracht bzw. erwartet wird.
Sollte mobiles Arbeiten bzw. Telearbeit einmal trotzdem nicht so gelingen und umgesetzt werden können, wie man sich dies vorneweg vorgestellt hat, so kann und sollte die Vereinbarung angepasst bzw. rückgängig gemacht werden. Auch hier ist eine gute und offene Kommunikation zwischen den Beteiligten enorm wichtig.
Wo sehen Sie besondere Punkte, auf die Teams und ihre Führungskräfte achten sollten, damit die Flexibilisierung des Arbeitsortes gelingt? Wieviel Kontrolle ist beispielsweise möglich oder notwendig?
Dr. Alexandra Pommer:
Teams und Führungskräfte sollten beim mobilen Arbeiten vertrauensvoll zusammenarbeiten: Es sollte die Grundannahme bestehen, dass im Homeoffice gleichwertig gearbeitet wird und keine Kontrollen erfolgen, die es am Büroarbeitsplatz auch nicht gäbe. Das setzt präzise Absprachen und Vereinbarungen voraus, zum Beispiel zur Erreichbarkeit.
Das mobile Arbeiten darf nicht zur Entgrenzung führen, zum Beispiel zur Arbeit nachts, in Krankheit oder Urlaub, weil man sich jederzeit und von überall auf der Welt einloggen kann. Es liegt sowohl in der Verantwortung der Führungskraft, dieses nicht zu verlangen oder zu suggerieren, als auch bei den Beschäftigten, dieses nicht zu tun. Unsere Kernarbeitszeiten schützen die Gesundheit aller Beschäftigten.
Wie werden Führungskräfte und Beschäftigte, bzw. ganze Teams bei der Einführung dieser beiden Arbeitsformen unterstützt?
Beate Haltmeyer-Forstner:
Auf den Webseiten des Dezernat Personals haben wir eine eigene Unterseite zum Thema Flexibilisierung des Arbeitsortes gestaltet, auf der eine Reihe an Materialien zur Unterstützung zur Verfügung stehen. Zudem wird es je eine Online-Sprechstunde mit mir und Frau Pommer geben. In dieser geben wir Führungskräften und Beschäftigten die Möglichkeit, ihre individuellen Fragen zur Dienstvereinbarung zu stellen und beantwortet zu bekommen bzw. auch Unsicherheiten und Befürchtungen anzusprechen. Ganz wichtig ist es uns, niemanden alleine zu lassen und sowohl Führungskräfte als auch Beschäftigte mit einem gezielten Workshop-Programm im Rahmen der Personalentwicklung zu begleiten, das je nach Bedarf erweitert und angepasst wird. Die Angebote dazu sind auch auf den Webseiten zu finden. Da die Umsetzung mobiler Arbeit bzw. Telearbeit großen Einfluss auf das gesamte Team, die Arbeitsorganisation und die Zusammenarbeit hat, bieten wir auch Workshop-Formate an, die das gesamte Team adressieren und bei der Umsetzung begleiten.
Auf den Webseiten findet man übrigens auch Informationen, Hilfestellungen und Unterlagen zum Antragsprozess.
Welchen Eindruck haben Sie als Personalratsvorsitzende aus den Erfahrungen der letzten Zeit, wie Homeoffice bei den Beschäftigten ankommt bzw. welche Herausforderungen es mit sich bringt?
Dr. Alexandra Pommer:
Während der Pandemie haben unsere Beschäftigten viele positive, aber auch negative Erfahrungen mit dem Homeoffice gesammelt. Mit der Dienstvereinbarung wollen wir den Weg ebnen, die positiven Erfahrungen in die Zeit nach der Pandemie zu überführen. Wichtig ist aber auch, dass die Arbeit an einem flexiblen Arbeitsort nicht zu Mehrbelastungen oder Behinderungen für die Beschäftigten vor Ort führt. Die Bauhaus-Universität Weimar ist eine Präsenzuniversität, die die Anwesenheit ihrer Mitglieder auf dem Campus braucht. Mit den Regelungen in der Dienstvereinbarung wollen wir zwischen den unterschiedlichen Interessen vermitteln.
Ab wann ist die neue Dienstvereinbarung anzuwenden?
Dr. Horst Henrici:
Die Dienstvereinbarung ist mit ihrer Unterzeichnung in Kraft getreten und wird in den Mitteilungen der Universität veröffentlicht. Damit kann sie nun auch angewendet werden. Wirklich greifen wird das Instrument aber erst, wenn die Pandemie vorbei ist. Solange diese noch nicht bewältigt ist, gelten die pandemiebedingten Regelungen. Diese Regelungen werden in bewährter Weise über die FAQs bzw. Rundmails kommuniziert.
Nach zwei Jahren soll die Dienstvereinbarung evaluiert werden. Dabei wollen wir ein besonderes Augenmerk darauflegen, ob und wie sich die Regelungen bewährt haben und ob und wie wir gegebenenfalls nachjustieren müssen.
Wir freuen uns jedenfalls sehr, dass wir als Bauhaus-Universität Weimar mit der ab sofort gültigen Dienstvereinbarung nun neue Wege hinsichtlich des mobilen Arbeitens und der Telearbeit beschreiten und damit als Arbeitgeberin für unsere Beschäftigten noch attraktiver werden.
Die Dienstvereinbarung und Formulare sowie weiterführende Informationen finden Sie auf der Webseite des Dezernat Personal.