Hauptgebäude bis auf Weiteres ohne Rodins »Eva«
Am Sonntag, 7. Februar 2016, hat gegen Abend, etwa 17 Uhr, ein bisher unbekannter Mann im Foyer des Hauptgebäudes die Bronzestatue »Eva« mit großer Gewalteinwirkung von ihrem Sockel gestoßen. Der Sicherheitsdienst und die Polizei wurden sofort alarmiert, letztere ermittelt nun gegen den Täter.
Gleich am Montag, 8. Februar 2016, wurde die »Eva« in Expertenhände übergeben. Augenscheinlich gibt es an der »Eva« Schäden an Schulter, Arm und Sockel, dort wo der direkte Aufschlag erfolgte. Um festzustellen, wie groß die Schäden am Bronzeguss sind und um eventuelle Risse im Körper aufzuspüren, müssen eingehende Untersuchungen von verschiedenen Fachexperten erfolgen.
Wie lange die Restauration dauern wird und wie hoch die Kosten dafür sein werden, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Die Fachleute gehen davon aus, dass es Monate dauern wird, bis die Statue wieder im Hauptgebäude aufgestellt werden kann. In den kommenden Tagen wird symbolisch ein Banner mit einer Abbildung der »Eva« im Foyer aufgehängt werden, um die Leerstelle zu füllen, die durch den Gewaltakt entstanden ist.
Etwas mehr als 103 Jahre hat die »Eva« unbeschadet die Räume der Bauhaus-Universität Weimar geziert, die meiste Zeit an ihrem jetzigen Standort im Foyer des Hauptgebäudes. Der ehemalige Direktor der Großherzoglichen Kunstschule Fritz Mackensen hatte sie 1911 von dem damaligen Pariser Bildhauer Auguste Rodin in dessen Atelier erworben. Er konnte Rodin davon überzeugen, für Weimar einen weiteren Bronzeguss fertigen zu lassen und durch die Stiftung eines Apoldaer Fabrikanten wurde der Erwerb der damals in Weimar nicht ganz unumstrittenen Aktfigur ermöglicht.
Mackensen ließ sie an zentraler Stelle der Kunstschule aufstellen – eine eindeutige Positionierung für die europäische und internationale Kunst der Moderne. Die Aufstellung in der Eingangshalle erfolgte im Dezember 1912. An dieser Stelle geht die »Eva« seitdem ein eindrucksvolles Form- und Lichtspiel in Wechselwirkung mit dem Treppenraum des 1911 eingeweihten und von Henry van de Velde entworfenen Hauptgebäudes ein. Dies macht diesen Ort nicht nur zum Anziehungspunkt vieler Touristen, sondern ließ ihn über die Jahrzehnte hinweg auch zum Identifikationsort seiner Nutzer werden.
Viel könnte die »Eva« erzählen, als Mittelpunkt brausender Feste, geschmückt und liebevoll umrahmt von Arbeiten der Einführungskurse, aber selten bestand nach Aussagen der Leiterin des Archivs der Moderne Dr. Christiane Wolf Anlass einer akuten Gefährdung – immer wurde ihr Ehre und Abstand gezollt, auch wenn sie 1951 zeitweilig der von Hans van Breek geschaffenen Humanitas für die Zeit der »1. Weltfestspiele der Jugend und Studenten« in Berlin weichen musste.
Und selbst 1916 wurde sie nicht zerstört oder gar eingeschmolzen, als sie derselbe Fritz Mackensen, der die »Eva« aus Paris geholt hatte, nun als Kunst des Feindes aus dem Foyer beräumen ließ. Wo genau sie damals eingelagert und wann sie wieder aufgestellt wurde, ist nicht bekannt, noch fehlt eine Geschichte ihrer Standorte. An ihr und den anderen Kunstwerken im Umfeld des Hauptgebäudes und des Van-de-Velde-Baus lässt sich Universitätsgeschichte erleben und erzählen und nicht zuletzt deswegen wurde das Gebäudeensemble zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.
Die Bauhaus-Universität Weimar ist tief betroffen und bestürzt über diesen Akt der Gewalt an einem ihrer bedeutendsten Kunstwerke an einem ihrer prominentesten und meistbeachteten Orte auf dem Campus.