Der Wissenschaftstag 2022 beantwortete die Frage »Wer sind die Neuberufenen?«
Noch nicht dagewesene Forschungsprojekte, andere wissenschaftliche und persönliche Erfahrungen – damit bereichern Neuberufene ihre Hochschulen. Daher war es besonders spannend, vier Juniorprofessor*innen und Professor*innen der Bauhaus-Universität Weimar beim diesjährigen Wissenschaftstag kennen zu lernen. Am Mittwoch, 30. November 2022, berichteten sie von ihren aktuellen Forschungsthemen. Außerdem wurden mehrere Auszeichnungen vergeben.
Zur Eröffnung des 13. Wissenschaftstages betonte die Vorläufige Leiterin der Bauhaus-Universität Weimar, Prof. Dr. Jutta Emes, die Veranstaltung sei Teil des Willkommensprozesses der Neuberufenen: »Während bei unseren Neuberufenentagen im September die Vorstellung der verschiedenen Bereiche der Universität im Mittelpunkt standen, stellen sich heute die Kolleg*innen mit ihren Forschungsbereichen der Universitätsgemeinschaft vor. Ganz in der Tradition des Wissenschaftstags geht es um das Kennenlernen und den Austausch untereinander.« Daraus könnten auch fächerübergreifende Projekte entstehen. Die großen Herausforderungen der Gegenwart brauchten solche gemeinsamen Forschungsanstrengungen.
»Beim vergangenen Wissenschaftstag standen die Nachwuchswissenschaftler*innen mit ihren anschubgeförderten Projekten im Fokus. Da passt es wunderbar, dass wir in diesem Jahr mit der Karriereleiter weiter nach oben steigen und heute vier Neuberufene mit ihren Forschungen kennenlernen dürfen«, bemerkte Dr. Kristina Schönherr, Leiterin des Dezernates Forschung. Sie dankte Konstanze Bleul aus ihrem Dezernat für die Vorbereitung.
Jun.-Prof. Christopher Buschow und Prof. Dr. Tom Lahmer übernahmen die Moderation des Tages und öffneten die Bühne für die Neuberufenen.
Es begann Prof. Dr. Dorothee Rummel, Juniorprofessur für »Stadt Raum Entwerfen«. Sie erklärte, was es mit ihrem Konzept »Spiel mit Jokern« auf sich habe. Die Joker seien Expert*innen anderer Disziplinen, die ihre Planung bereicherten. Aktuell sei dies unter anderem eine Kooperation mit dem Urban Greening Lab, New York City, mit dem es einen Brief- und Paketaustausch z.B. mit Fundstücken gebe. Ihr Seminar in Weimar tausche sich aktuell mit den Expert*innen in den USA aus und so würden andere Perspektiven auf die eigenen Fragen entwickelt. Prof. Dr. Dorothee Rummel erklärte, wenn sie den Stadtraum, den ländlichen Raum oder auch den Zwischenraum betrachte, kämen Anstöße oftmals vollkommen unerwartet, oder etwas rücke ins Zentrum, das sonst übersehen werde wie Flächen unter Brücken, entlang von Bahngleisen, von ihr als »Restraum« bezeichnet. Solche Orte seien wertvoll und dürften nicht geringgeschätzt werden.
Einem ganz anderen Raum widmete sich Prof. Dr. Jürgen Melzner, Professur für »Baubetrieb und Bauverfahren«. Er warf einen Blick auf die zukünftige Baustelle 4.0. Für diese gelte es, sich mit »Mensch, Maschine und Methode« auseinander zu setzen. Der Mensch, sei zentral – alle Bauplanung sei von denen abhängig, die sie umsetzen sollen. Doch gerade dies werde schwierig, da Fachkräfte fehlten, Baufacharbeiter*innen als auch Bauingenieur*innen würden händeringend gesucht. Daher wolle er begeistern, Bauingenieurwesen, Baumanagement oder Architektur zu studieren. Außerdem forsche er daran, die Arbeitsbedingungen mit Digitalisierung zu verbessern. Dank Echtzeitinformationen, ließen sich Menschen und Maschinen besser einsetzen, gelänge es, ressourcenschonender, geräuschärmer und kräftesparender zu bauen.
Andere Formen des Herstellens, des Gestaltens thematisierte Prof. Dr. Thomas Pearce, Juniorprofessur für »Emerging Technologies and Design« – auf ungewöhnliche Weise. Er zeigte zwei Beispiele, wie er sich mit dem Versprechen seines Faches des ständig Neuen auseinandersetze: Indem er interdisziplinär und kollaborativ arbeite. So habe er mit Künstler*innen und Industrie ein mobiles Studio entwickelt, optisch von Eidechsen inspiriert und mit robotischen Verfahren hergestellt. Das zweite Projekte mit Tanzwissenschaftler*innen verbinde in einem Bühnenstück historische Ideen des Bauhaus-Meisters Oskar Schlemmer mit zeitgenössischen virtuellen Personen, den Avataren. Prof. Pearce betonte, er wolle in Weimar das »Bauhaus Lab for Unruly Technologies in Design« entwickeln, das aus künstlicher Intelligenz, Computertomografie und traditionellen Baumaterialien wie Holz oder Metall Neues schaffe. Theorien und Materialien an ihre Grenzen zu bringen, das treibe ihn an.
Um Schnittstellen ganz anderer Art ging es bei Prof. Dr. Sabine Wirth, Juniorprofessur »Digitale Kulturen«. Sie warf einen Blick zurück ins Jahr 1997, als noch die »freundliche Büroklammer« den Schreibenden »aufdringlich Ratschläge« gab. Heute würden Interfaces meist nicht mehr wahrgenommen, seien unauffällig präsent in Apps und auf Plattformen. Umso wichtiger sei es, Fragen zu stellen: Wie entscheidet sich, was auf Social Media zu sehen ist? Wie verändert künstliche Intelligenz die Bildverarbeitung? Wie seien die planetarischen Kosten? Wie die Medien unser tägliches Tun veränderten, das werde ihre Forschung in den Blick nehmen.
Bildergalerie: Bauhaus-Universität Weimar, Fotos: Thomas Müller
Ein Höhepunkt des Nachmittages war die Verleihung verschiedener Auszeichnungen:
Mit dem Dalberg-Preis 2022 wurde Dr. Dominik Berrens von der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck geehrt. Diesen erhielt der 35-Jährige für seine Habilitationsschrift in Klassischer Philologie und Neulatein, die sich mit wissenschaftlichen Konzepten der Naturgeschichte in der Frühen Neuzeit beschäftigt: »Naming New Things and Concepts in Early Modern Science. The Case of Natural History.«. Laudator Prof. Dr. Meinolf Vielberg von der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt betonte, Dr. Berrens habe wissenschaftliches Neuland erschlossen, forsche im besten Sinne transdisziplinär. Er überreichte den Preis gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus Manger, Präsident der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, und Prof. Dr. Jutta Emes.
Prof. Dr. Christian Koch, Vizepräsident für Studium und Lehre der Bauhaus-Universität Weimar, moderierte die Preisverleihung des Hochschulpreises der Bauhaus-Universität Weimar, der in diesem Jahr ausschließlich in der Kategorie Studierende vergeben wurde.
Dies sind die Preisträger*innen:
Jana Bolten, Fakultät Architektur und Urbanistik, wurde für ihre Masterthesis »Resiliente Strukturen« ausgezeichnet. Die 26-Jährige gestaltete darin eine Umnutzung für ein Einkaufszentrum in Jena mit 33.000 Quadratmeter Fläche. Ihr Entwurf soll ein Prototyp eines nachhaltigen Quartiers sein, welches Bedürfnisse von 350 Bewohner*innen für Arbeiten, Wohnen und Freizeit vereint. Laudator Prof. Jörg Springer lobte ihr präzises Verständnis des ungeliebten Gegenstandes, dem leerstehenden Einkaufszentrum. Mit ihrer entwerfenden Recherche habe Frau Bolten für den Komplex eine sehr gelungene neue Gestalt entwickelt.
Parvathy Sivankutty Biju, Fakultät Bauingenieurwesen, erhielt den Preis für ihre Masterarbeit »3D Printing of a Topology Optimized Wall«. Diese wurde gemeinsam von Mitarbeitern des Instituts für Strukturmechanik der Bauhaus-Universität Weimar und einer Partnerfirma betreut. Die 26-Jährige optimierte Fassaden für den 3D-Druck. Prof. Dr. Tom Lahmer lobte in seiner Laudatio ihre fachliche Exzellenz und ihr Engagement bei der technischen Umsetzung mit dem 3D-Druck im Unternehmen.
Hanna Hofmann, Fakultät Kunst und Gestaltung, überzeugte mit ihrer Bachelorarbeit »Censorfont«. Dabei entwickelte sie eine Schrift, die sich – je mehr jemand am Computer schreibt – in schwarze Balken verwandelt. Auf diese Weise sollte für Nutzer*innen erfahrbar werden, wie Pressezensur wirkt. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit der Organisation »Reporter ohne Grenzen« und wurde von Medienhäusern am Tag der Pressefreiheit, dem 3. Mai, bei Print- und Online-Kampagnen eingesetzt. Laudator Prof. Burkhard von Scheven unterstrich Hofmanns konzeptionelles, gestalterisches und politisches Verständnis. Es sei ihr gelungen, viel Aufmerksamkeit für die Verfolgung Andersdenkender zu gewinnen. Den Preis konnte Hofmann nicht persönlich entgegennehmen, da sie im Auslandssemester in Japan ist.
Axel Schorcht, Fakultät Medien, wurde für sein Engagement während der Corona-Pandemie ausgezeichnet. Unterstützt von Laudator PD Dr. Andreas Jakoby half der Informatik-Student Schulen bei der Auswahl von Software und untersuchte deren Hardware-Ausstattung. Um Ideen zu entwickeln, Schüler*innen für Informatik und Mathematik zu begeistern, schrieb der 22-Jährige seine Bachelorarbeit über »Gamification des Informatikunterrichts an Schulen«. Außerdem deckte Schorcht ein Datenleck in der Thüringer Schulcloud auf. Seine Begeisterung möchte er nun weitergeben und Lehrer werden.
Während des Wissenschaftstages war auch die Ausstellung »Entdecken.Entwickeln.Gestalten - Zukunft erforschen« im Foyer der Universitätsbibliothek zu sehen. Diese gab viele Einblicke in die Nachwuchsforschung und -kunst von Promovierenden und Postdocs. Die Beiträge aus den Fakultäten Architektur und Urbanistik, Bauingenieurwesen sowie Kunst und Gestaltung reichten von »Gebäudesimulationen mit Grünfassaden« über die »Verkörperung des Flüchtigen oder: wie Glas zu Geruch wird« bis zum »Europäischen Zebra«. Beteiligt hatten sich Mirette Bakir, Miriam Hamel, Maria Hartmann, Teresa Mayr, Ailén Suyai Pereyra, Reem Saad Sardina, Marko Seidemann, Ivana Sidjimovska, Lena Trost, Julius Uhlmann, Verena Vogler und Claire Waffel. Koordiniert wurde die Präsentation durch die studentischen Hilfskräfte der Bauhaus Research School.