WHO IS: Prof. Patrick Staubach
An der Fakultät Bau und Umwelt wirken viele Menschen. Ob Studium, Forschung, Lehre oder Verwaltung - jede*r von ihnen hat eine eigene Geschichte, die ihn oder sie mit Weimar verbindet. In unserer Artikelserie porträtieren wir ihre Gedanken und Ideen in Form eines persönlichen Interviews. Dieses Mal sprachen wir mit Professor Patrick Staubach, Leiter der Professur Geotechnik.
KURZ-VITA: Patrick Staubach studierte Bauingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologien und promovierte anschließend zum Thema »Contributions to the numerical modelling of pile installation processes and high-cyclic loading of soils« an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Für seine Dissertation wurde er mit dem Dr.-Heinrich-Kost-Preis der Gesellschaft der Freunde der RUB ausgezeichnet. Während seiner akademischen Laufbahn absolvierte er Forschungsaufenthalte in Australien, insbesondere an der University of Western Australia (UWA), mit der die Professur Geotechnik an gemeinsamen Forschungsprojekten zu nachhaltigen Gründungsvarianten für Offshore-Windenergieanlagen arbeitet. An der Bauhaus-Universität Weimar war Staubach zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, von 2023 bis 2024 war er Vertretungsprofessor für Geotechnik. Im Mai 2024 erhielt er den Ruf für die W3-Professur Geotechnik, welche er seit September 2024 innehat. Er ist Entwickler des Finite-Elemente-Programms »numgeo«, das weltweit von wissenschaftlichen Institutionen und Industriepartnern genutzt wird.
Bereits im Januar 2024 erhielten Sie einen Ruf auf die W3-Professur »Geotechnik und Landschaftsbau«. Warum haben Sie sich gegen dieses Angebot und für die Bauhaus-Universität Weimar entschieden?
Über die Jahre habe ich einen engen Bezug zur Bauhaus-Universität Weimar aufgebaut. Bereits vor meiner Berufung auf die Professur hatte ich die Vertretung der Stelle inne und war zuvor über mehrere Jahre in Forschung und Lehre an der Fakultät Bau und Umwelt tätig. Dadurch konnte ich das akademische Umfeld, die hervorragende interdisziplinäre Zusammenarbeit und die exzellenten Rahmenbedingungen bereits intensiv erleben. Diese langjährige Vertrautheit mit der Universität ist eine absolute Besonderheit und hat maßgeblich zu meiner Entscheidung beigetragen, die Professur dauerhaft zu übernehmen.
Ein entscheidender Vorteil dieser Entwicklung ist, dass ich nicht erst neue Strukturen aufbauen oder mich in eine unbekannte Umgebung einarbeiten musste. Vielmehr konnte ich nahtlos an bestehende Kooperationen anknüpfen und sowohl den Forschungsbetrieb als auch die Lehre kontinuierlich weiterführen. Besonders die erstklassigen Studierenden und Promovierenden sowie das herausragende Team der Professur schaffen optimale Bedingungen, um die Professur nachhaltig weiterzuentwickeln.
Wo liegt Ihr Schwerpunkt in Forschung und Lehre?
Die Professur Geotechnik fokussiert sich auf die numerische Modellierung komplexer geotechnischer Prozesse mit direktem Bezug zur Ingenieurpraxis. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und Anwendung fortschrittlicher Finite-Elemente-Methoden, insbesondere im Bereich der Offshore-Geotechnik, Baugrundverbesserung und Bodenverhalten unter zyklischer Belastung. Dabei steht die Kombination aus theoretischer Modellierung und praktischer Anwendbarkeit im Vordergrund, um reale Boden-Bauwerk-Interaktionen effizient und präzise abzubilden. Besondere Bedeutung hat die Entwicklung des Finite-Elemente-Programms »numgeo«, das als Software für Wissenschaft und Industrie frei zugänglich ist.
In der Lehre steht die Vermittlung methodischer Kompetenzen und ingenieurpraktischer Fähigkeiten im Vordergrund. Studierende sollen nicht nur Berechnungsverfahren verstehen, sondern auch lernen, Modell-Annahmen kritisch zu hinterfragen, bekannte Methoden auf neue Herausforderungen zu übertragen und sich in einem sich wandelnden Arbeitsumfeld zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Dazu werden Lehrveranstaltungen durch Laborversuche, Modellversuche und praxisnahe Simulationen ergänzt, um die Verknüpfung zwischen Theorie und Anwendung zu stärken. Mein Ziel ist es, Studierende dazu zu befähigen, komplexe geotechnische Probleme zu analysieren und mit den passenden Werkzeugen eigenständig Lösungen zu erarbeiten – sei es in der Grundlagenforschung, der Industrie oder direkt auf der Baustelle.
Geotechnik ist ein breites Feld. Warum haben Sie sich auf die Erforschung von Pfahlgründungen spezialisiert?
Ein Schwerpunkt meiner Forschung liegt auf der Optimierung von Offshore-Gründungen für Windenergieanlagen. Diese spielen eine Schlüsselrolle in der Energiewende, sind jedoch starken zyklischen Belastungen durch Wind und Wellen ausgesetzt. Gleichzeitig entstehen beim Bau von Windenergieanlagen enorme Kosten, wir sprechen hier von mehreren hundert Milliarden. Dementsprechend ist die Energiewende ohne Forschung im Bereich der Pfahlgründungen undenkbar.
Inwiefern spielt ihr Analysetool »numgeo« hierbei eine Rolle?
»numgeo« ermöglicht es, Offshore-Gründungen unter zyklischer Belastung realitätsnah zu simulieren und ihre Tragfähigkeit langfristig zu optimieren. Dies unterstützt nicht nur wissenschaftliche Forschung, sondern bietet auch Planungsbüros, Bauunternehmen und Betreibern von Windparks wertvolle Werkzeuge zur sicheren und kosteneffizienten Umsetzung von Offshore-Projekten.
Was sind aus Ihrer Perspektive die größten Herausforderungen für das Bauwesen aktuell und in naher Zukunft?
Die Professur Geotechnik beschäftigt sich mit vier zentralen Herausforderungen, die für die zukünftige Entwicklung des Bauwesens entscheidend sind: die Energiewende, die Urbanisierung, die Sanierung alternder Infrastruktur und die zunehmenden Extremereignisse wie Hochwasser und Erdbeben. Eine wissenschaftlich fundierte und nachhaltige Nutzung von Böden ist dabei essenziell, um sichere Bauwerke zu errichten, Ressourcen effizient einzusetzen und die Widerstandsfähigkeit von Infrastrukturen zu verbessern.
Ihre Position bringt viel Verantwortung mit sich und verlangt zugleich Durchhaltevermögen. Was bestärkt Sie abseits der Universität?
In meiner Freizeit bin ich ein leidenschaftlicher Langstrecken-Radsportler und belegte beim Silk Road Mountain Race 2024 den 8. Platz. Das Rennen gilt als eines der härtesten Ultra-Endurance-Bikepacking-Rennen der Welt und führt über knapp 2000 km durch die abgelegenen und anspruchsvollen Hochgebirgsregionen Kirgisistans, mit über 30.000 Höhenmetern. Die Teilnehmenden sind komplett auf sich allein gestellt und müssen sich durch unwegsames Gelände, extreme Wetterbedingungen und abgelegene Pässe navigieren.
Vielen Dank für das Interview!