Das diesjährige Motto der Jahresschau der Bauhaus-Universität Weimar ist auch das Thema der Artikelserie »summaery in progress«. Ab dem 15. Juni stellen wir in dieser Reihe acht Projekte vor, die im übertragenen Sinne »Brücken schlagen«.
Architektonisch, ingenieurwissenschaftlich, medial, künstlerisch und gestalterisch so unterschiedlich die Projekte sich ihren Aufgabenstellungen nähern, so typisch und stellvertretend ist jedes von ihnen für das Studieren an der Bauhaus-Universität Weimar. Noch sind diese Projekte im Entstehungsprozess, daher heißt es bis zur finalen Ausstellung vom 12. bis zum 15. Juli 2012 konzipieren, gestalten, berechnen, konstruieren, reisen, dokumentieren.
Wie dies konkret aussehen kann, mit welchen Fragestellungen sich die Studierenden in ihrem Studium beschäftigen und wie sie Lösungen dafür finden, zeigen die folgende Projekte in den kommenden Wochen:
(tm) Júlia aus Spanien und Sebastian aus Kolumbien kommen nach Weimar, um Medienkunst/Mediengestaltung zu studieren. Was sie vorfinden, ist das nahezu perfekte Klassik-Idyll. Doch nicht unweit der Innenstadt stoßen sie auf die Plattenbausiedlung im Westen. Ihre Idee? Die Platte muss in die Innenstadt damit Bürger, Studierende und Touristen konfrontiert werden mit den zwei Wirklichkeiten Weimars. Im Projekt »I am a Wild Type« an der Professur Gestaltung medialer Umgebungen bei Prof. Ursula Damm gestalten die Studierenden eine Installation, die mitten ins Zentrum eine lebendige Fensterfront aus Weimar West projiziert. Eine Performance gab es bereits, nun schlagen die Studierenden zur summaery2012, am 12. Juli, mit Einbruch der Dunkelheit erneut eine Brücke von der Universitätsbibliothek nach Weimar-West.
Kennen Sie Weimar? Die Kulturhauptstadt? Die Stadt der Dichter und Denker? Die perfekte Stadt? So zumindest ist der Eindruck der meisten Touristen, die durch die Innenstadt Weimars flanieren. Ein Bild, das kaum Abweichungen zulässt. Ähnlich ging es auch den Studierenden Júlia und Sebastian. »Ich komme aus Barcelona und Sebastian aus Bogota richtige Großstädte mit Ecken und Kanten also«, erklärt Master-Studentin Júlia. »Als wir nach Weimar kamen, war alles gleich so perfekt, fast ein bisschen künstlich wie in diesem Film ,Die Truman Show.« Innerhalb des Projektes »I am a Wild Type« bei Prof. Ursula Damm setzten sich die beiden Studierenden mit ihrer vorübergehenden Heimatstadt auseinander. Gestoßen sind sie dabei aber nicht nur auf das artifizielle Weimar, sondern auch auf eine andere Realität, die eigentlich nur ein paar Bushaltestellen entfernt liegt. In den Neubaugebieten von Weimar-West und Weimar Nord fanden sie ein eigenes Bild, das so gar nicht dem Idyll der Klassikerstadt entspricht: »Schon wenn man mit dem Bus in Richtung Westen fährt, merkt man, dass dort andere Personen sind, die nichts mit dem touristischen Leben Weimars zu tun haben. Es ist wie eine zweite Wirklichkeit.«
Um diesen Gegensatz in die Innenstadt zu transportieren, haben sich Jùlia und Sebastian einen prominenten Platz ausgesucht: die Universitätsbibliothek. In ihrer Arbeit »Windows-Fenster: a view through glass« installieren die Medienkunst-Studierenden einen Plattenbau mitten in der Stadt. Die fensterlose graue Fassadenfront des Bibliothekneubaus dient als Projektionsfläche für zahlreiche Fenster aus dem entfernten Stadtteil. Damit wird nicht nur die Fläche neu belebt, sondern auch zum Symbol der Gegensätzlichkeit Weimars. Nicht zuletzt als Bildungsstätte spannt die Bibliothek einen inhaltlichen Bogen zu den zumeist sozialschwachen Wohngebieten. Die Fenster aus Weimar-West sind dabei als lebendige Metapher zu verstehen: »Dort kann man ein anderes Leben beobachten. Schon die Architektur sieht ganz anders aus und auch die Menschen tragen andere Kleidung, verhalten sich anders. Fenster sind sozusagen die Schnittstelle zwischen der inneren und der äußeren Welt der Menschen«, beschreibt Júlia die Anordnung. Damit gibt die Installation einen öffentlichen und gleichermaßen intimen Einblick in die zweite Realität Weimars.
Die filmischen Aufnahmen, die als Grundlage für die Projektion dienen, haben ganz unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. »Die Menschen aus den Neubaugebieten waren eigentlich sehr aufgeschlossen. Manche haben sich schon gewundert, andere wollten nicht mitmachen. Aber der Großteil hat sich ziemlich gefreut über unser Projekt«, resümieren die Künstler. Auch an der Bibliotheksfassade gab es bereits eine Aufführung mit ebenso verwunderten und erfreuten Gesichtern. Ein erster Schritt des Brückenschlags nach Weimar-West und zurück ist damit erreicht. Zur summaery2012 wagen die Studierenden ihr Experiment erneut.
Die Arbeit »Windows-Fenster: a view through glass« von Júlia Palao Arimon (Medienkunst/Mediengestaltung, Master, 3. Semester) und Sebastian Prince (Medienkunst/Mediengestaltung, Bachelor, 6. Semester) entstand im Wintersemester 2011/12 im Projekt »I am a Wild Type« an der Professur Gestaltung medialer Umgebungen bei Prof. Ursula Damm.
Eine filmische Kurzdokumentation der Arbeit gibt es unter http://vimeo.com/41015765.
Weitere Informationen zum Projekt gibt es hier.
Fotos: Jorgelina Garcia, Júlia Palao Arimon, Sebastian Prince
Welchen Beitrag Visuelle Kommunikation und Produktdesign zur Verbesserung der Hygiene in Krankenhäusern leisten können, erkunden zurzeit Studierende der Fakultät Gestaltung unter der Leitung von Prof. Wolfgang Sattler und Prof. Markus Weisbeck in einem interdisziplinären Projekt. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum in Jena werden Brücken zwischen Gestaltung und Krankenhausroutine gebaut.
(rw) Ein eigenartiger Geruch schwebt durch das lichtdurchflutete Atelier der Van-de-Velde-Werkstatt, in dem sich die Teilnehmer des Projektes »H Y G I E N E« jede Woche treffen. »Heute ist Weihnachten«, verkündet Prof. Sattler, der sich die Hände reibt. Ein großer Hersteller von Hygiene-Artikeln für Krankenhäuser hat die Projektgruppe mit Arbeitsmaterialien versorgt. Auf den zusammengerückten Tischen im Zentrum des Raumes stapeln sich Flaschen mit Desinfektionslösungen, Kanülen und Infusionsgeräte die Ursache für den klinisch reinen Duft. Die Studierenden stürzen sich neugierig auf die Anschauungsmaterialien. Jeder einzelne Gegenstand wird genau beäugt, in den Händen gewendet und geprüft. Kleine Grüppchen finden sich und versinken in Gesprächen und Diskussionen.
In Deutschland erkranken jährlich ca. 400.000 bis 600.000 Menschen an nosokomialen Infektionen kurz Krankenhausinfektionen. Sie stecken sich also im Zusammenhang mit einer Behandlung im Krankenhaus an. Schätzungen zufolge versterben jedes Jahr 7.500 bis 15.000 Menschen an diesen Infektionen. Die deutschlandweit größte Präventionsstudie für Krankenhausinfektionen läuft derzeit am Universitätsklinikum in Jena. Das Projekt »H Y G I E N E« möchte diese Studie bei dem ehrgeizigen Ziel, die Infektionsrate um 20 Prozent zu verringern, unterstützen.
Die kritischen Momente, in denen eventuell fatale Ereignisketten entstehen und zu verhängnisvollen Fehlern führen können, sind vielfältig. Sophie Jahns hat beispielsweise einen Arztkittel vorbereitet, der mithilfe illustrierter Karten zeigt, wie viele und welche Gegenstände ein Arzt im Arbeitsalltag mit sich herumträgt. Im Dunkel der Kitteltasche trifft so der Zungenspatel auf Telefon oder Pieper, die kleine Lampe »kuschelt« mit dem Kugelschreiber. Die beste Gelegenheit für einen Keim, von Gegenstand zu Gegenstand auch auf den Patienten übertragen zu werden. Doch das ist bei weitem nicht das einzige Ansteckungszenario. Die Studierenden suchen nun nach Entwürfen und Konzepten, die einen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten können.
Um die Teilnehmer auf die Materie vorzubereiten, hatte Anne Schön in einem kurzen Vortrag über ihr Praktikum am Laboratory for Social Inclusion in Dänemark berichtet. Auch dort beschäftigt man sich mit Problemstellungen im medizinischen Bereich. Anne entwickelte eine Art Tabletten-Tagebuch für Kinder, sie nennt es »Medication Diary«, in dem die kleinen Patienten jeden Tag, indem Sie Bilder malen, Farbe, Form und Menge der verabreichten Medizin dokumentieren. So können eventuelle Fehlmedikationen schneller erkannt und verhindert werden.
Der Ansatz im Projekt »H Y G I E N E« ist das routinierte, traditionelle Verhalten im Krankenhausdienst aufzubrechen. Dazu muss zunächst das Bewusstsein für die Problematik sensibilisiert werden, was beispielweise über Ausstellungen, Kampagnen, Schulungen für das Krankenhauspersonal oder durch ein standardisiertes Leitsystem passieren kann. Ebenso sollen Lösungen im Bereich des Produktdesigns entwickelt werden, zum Beispiel durch die Optimierung von Desinfektionsmittelspendern. Der Studierende der Visuellen Kommunikation Dimitri Engelhardt schlägt die Brücke in die Disziplin Produktdesign: er entwickelt einen High-Five-Spender, der zum Abklatschen einlädt und auf jeden Fall Bewusstsein schaffen sollte.
Die Ergebnisse des Projektes können auf der summaery2012 in Atelier 002 in der Van-de-Velde-Werkstatt bestaunt werden.
Weiterführende Informationen finden Sie auf: www.cscc.uniklinikum-jena.de
Fotos: Candy Welz
(cg) Stimmengewirr der unterschiedlichsten Nationalitäten ist an diesem Dienstagmorgen im Luna Pool der Fakultät Bauingenieurwesen zu hören. 17 Studierende der Master-Studiengänge Natural Hazards and Risks in Structural Engineering und Bauingenieurwesen haben sich zur Zwischenpräsentation versammelt. Im Rahmen des Projekts »Experimental Structural Dynamics« beschäftigen sie sich experimentell mit Phänomenen der Strukturdynamik. Den inhaltlichen Rahmen bilden Fragestellungen wie beispielsweise: Was ist Resonanz? oder Wie funktionieren Schwingungsisolierungen?
Ziel ist es, nach numerischen Berechnungen ein interaktives Ausstellungsstück selbst zu entwickeln, zu bauen und zu analysieren. Die dabei entstehenden Exponate sollen dynamische Prozesse begreifbar machen, die z.B. im Erdbebenfall entstehen oder wenn starker Wind auf hohe Gebäude trifft. Außerdem gewinnen die Studierenden mit ihnen im Experiment Daten, aus denen sie die dynamischen Eigenschaften ihrer Exponate identifizieren können. Am Ende werden dann die berechneten Ergebnisse mit den experimentell ermittelten verglichen.
»Die Wahl der Materialien haben wir den Studierenden selbst überlassen und auch der Bau der Exponate muss von ihnen selbst geleistet werden«, erläutert Dr. Volkmar Zabel, Verantwortlicher des Projekts, den zusätzlichen Anreiz. Vorgaben waren lediglich: die Modelle sollen leicht verständlich sein, einiges aushalten können und keinen Strom benötigen. Damit sind die Weichen für die Ausstellung zur summaery gestellt, doch zuvor ist Kreativität gefragt. Da diese sich bekanntlich leichter gemeinsam finden lässt, sollten die Studierenden sich in Gruppen aufteilen. Hier zeigte sich schnell die Internationalität der Hochschule im Kleinen: Portugiesen, Inder, Nepalesen, Deutsche und andere Nationalitäten beweisen soziale Kompetenz und interkulturelle Kommunikation und finden sich schnell in Teams zusammen.
So arbeitet auch die Gruppe, die sich mit Schwingungsversuchen an Modellen mit fixierten oder isolierten Bodenelementen befasst, international. Padmasini, Masterstudentin aus Indien, erläutert das Exponat des asiatischen Teams: »Wir haben uns für eine Kombination aus Plexiglas für die Wände und Holz für die Etagendecken entschieden«, und zeigt dabei auf ein turmähnliches Modell auf Rollen. »Das besondere an unserem Modell ist die variable Bodenverbindung«, erläutert ihr Teamkollege Samir Chawdury aus Bangladesh. Denn einmal sind die Bodenelemente direkt miteinander verbunden und ein anderes Mal sind Rollen als Isolation dazwischen gelegt. Diese Konstruktion haben sie anschließend mit Sensoren versehen und unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt. Mit den so gewonnenen Daten rechnen, simulieren und analysieren sie nun, auf welche Weise man Bauwerke vor Schäden im Erdbebenfall bewahren kann eine Thematik, die in ihren Heimatländern von großer Relevanz ist.
Die Südeuropa-Gruppe um den portugiesischen Erasmus-Studenten Sebastião Sousa Soares hat sich für eine andere Variante entschieden. Der strickleiterartige Versuchsaufbau aus Holzstäben, die mit zwei Gummiseilen miteinander verbunden sind, ist am unteren Ende mit zwei Wasserflaschen beschwert. »Wir haben in unseren Testreihen versucht, natürliche Einflussfaktoren zu simulieren«, erläutert Sebastião und zeigt ein Video, bei dem er immer wieder in regelmäßigen Abständen gegen einen der Stäbe schlägt. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse vergleichen auch sie mit den vorher berechneten, bevor sie ihre Exponate in der summaery ausstellen.
Die Ergebnisse des Projektes können auf der summaery2012 im Foyer der Mensa besichtigt werden.
Fotos: Candy Welz
(tm) Wenn Studierende eine Zeitmaschine entwerfen sollen, liegt es auf der Hand, dass sie eine Brücke in die Vergangenheit schlagen. Aber nicht nur die Vergangenheit haben Jelena, Lu, Sabine und Michael erkundet, sondern auch die Zukunft. Im interdisziplinären Projekt »Zeitmaschinen« haben Informatiker und Gestalterinnen ein Tool entwickelt und designt, das Besucher und Besucherinnen multimediale Zeitreisen ermöglicht mit modernster Technik. Die App »Vademecum« erkennt durch den integrierten virtuellen Kompass und eine innovative Zeigemetapher Sehenswürdigkeiten Weimars und gibt blitzschnell Informationen zu Gebäuden und deren Geschichte.
Vademecum der unverzichtbare und allwissende Begleiter für Weimar-Gäste. Dieses unentbehrliche mobile Informationssystem haben vier Studierende aus den Studiengängen Medienkunst/Mediengestaltung, Medieninformatik und Visuelle Kommunikation in gemeinsamer Arbeit entwickelt. Ausnahmsweise war die Idee dazu schon da. Der Weimarer Architekt Dietmar Gummel trat an die Studierenden mit einer besonderen Bitte heran: Sie sollten die von ihm gesammelten geografischen Daten in eine interaktive und nützliche App verwandeln. Das Ziel? Interessierten Weimar-Gästen die Orientierung in der Stadt auf innovative Art und Weise erleichtern. Ausgehend von den Koordinaten entwickelten die Studierenden eine App technisch und optisch.
Medieninformatik-Student Michael hat zunächst die Daten in eine Karte übertragen. Mit Hilfe eines virtuellen Kompasses können sich Nutzerinnen und Nutzer dann durch die Stadt navigieren. »Das Schwierigste aber war die von uns entwickelte Zeigemetapher. Sie musste nah an menschlichen Verhaltensmustern orientiert sein. Anwender sollen einfach ihr Handy auf das Gebäude ausrichten und das Gerät erkennt dann die Sehenswürdigkeit. Ich musste dafür viele Berechnungen ausführen. Jede Menge Sinus und Kosinus und so weiter «, beschreibt Michael die Herausforderungen der Programmierung. Das Ergebnis allerdings überzeugt: Mit einer Handbewegung erkennt die App beispielsweise das Goethehaus und liefert sofort umfangreiche Informationen zu Architektur, Veranstaltungen, Personengeschichte und Öffnungszeiten. Ein Zeitstrahl an der Seite ermöglicht außerdem die unkomplizierte Reise in die Vergangenheit.
»Welche Navigation verwenden wir für dieses Feature am besten und wie können wir das adäquat darstellen? Das waren wichtige Fragen für uns Gestalter«, resümiert Mediengestalterin Jelena. Diskussionen über Nützlichkeit, Machbarkeit und Optik bestimmten die Zusammenarbeit. Die Anforderungen von Informatik und Gestaltung zusammen zu bringen, war dabei nicht immer einfach. »Man merkt schnell, dass alle Teilnehmer verschiedene Erfahrungen und Hintergründe mitbringen. Da muss man dann schon mal länger diskutieren, bis man zu einer Lösung kommt, mit der alle einverstanden sind.« Trotzdem ist Jelena äußerst zufrieden mit dem Ergebnis. Auch Michael möchte auf die interdisziplinäre Erfahrung nicht verzichten: »Es war schon wirklich spannend, eine solche Zusammenarbeit zu erleben. Vor allem weil dann nicht alles theoretisch bleibt, sondern auch mal zum Anfassen ist. Außerdem muss man sich im Arbeitsalltag ja auch mit unterschiedlichen Interessen auseinandersetzen.«
Ganz fertig ist die App allerdings trotzdem noch nicht. Bisher sind in den Prototyp erst sechs Gebäude integriert. Dabei warten noch jede Menge Koordinaten. Langfristig soll die App erweitert werden und auch im App-Store verfügbar sein. »Und dann ist sie eigentlich für jede Stadt anwendbar. Denn wenn die Technik einmal existiert, können dort auch andere Karten eingebaut werden«, erklärt Michael abschließend, in der Hoffnung, das Städte bald das Potential der Entwicklung erkennen.
Die App Vademecum kann während der summaery in der Bauhausstraße 11 zur OpenLab Night erkundet werden: http://www.uni-weimar.de/summaery/2012/index.php/projekte/by_id/31
Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter: http://www.uni-weimar.de/medien/wiki/IFD:Showreel/Jelena_Djokic_%26_Lu_Jin_-_Vade_Mecum_%28Zusammenarbeit%29
Vademecum ist entstanden aus der Zusammenarbeit von Jelena Djokic, Lu Jin, Sabine Schulz und Michael Hengst. Betreut wurde das Projekt von Jun.-Prof. Hagen Höpfner, Maximilian Schirmer und Prof. Jens Geelhaar. Betreut wurde Vademecum weiterhin von Prof. Markus Weisbeck und Jun.-Prof. Sven Bertel.
Fotos: Thomas Müller, Screenshots: Vademecum-Team
Leichtes Schwergewicht
(cg) Nachwachsende Rohstoffe auch für Baumaterialien zu verwenden, ist schon seit langem erklärtes Forschungsziel. Die Erforschung der Anwendungsmöglichkeiten von Bambus ist in dessen Herkunftsländern wie China, Kolumbien oder Indien aufgrund seiner hohen Nachhaltigkeit schon Alltag, jedoch in Europa noch weitgehend Neuland. Daher haben sich zwei Masterstudierende des Bauingenieurwesens in einem freien Projekt auf den Weg gemacht, sich näher mit dieser Variante des Verbundbaus zu beschäftigen. Ihr Ziel: Bambus mit Beton zu kombinieren und so zu einer tragfähigen Konstruktion werden zu lassen.
Donata Trost tritt aufgeregt von einem Bein aufs andere. »Ja, ich bin etwas nervös«, lacht sie. »Für mich ist das absolutes Neuland, ich habe schließlich noch nie vorher 900 Liter Beton bestellt.« Während sie sehnsüchtig die Lieferung des Betons erwartet, besprüht ihr Studienkollege Peter Olney akribisch die vor ihm liegende Konstruktion mit Wasser: 6 Meter lang und 0,8 Meter breit ist die Schalung aus Holz, in der halbierte Bambusstangen liegen. Daneben gibt es eine kleinere Version mit 4 Meter Länge und 0,4 Meter Breite. In beiden Varianten liegen die Bambushalbschalen ordentlich nebeneinander. In diese Schalen haben die beiden Studierenden anschließend »ein bisschen Stahl und Aluminiumstangen für verschiedene Kraftschlüsse« mit Epoxydharz festgeklebt und das ganze mit Gewebeband abgedichtet. Und dahinein soll gleich der Beton geschaufelt werden. Was spielerisch aussieht, ist ernste Wissenschaft denn Peter aus Minnesota hat dem Projekt seine Masterarbeit gewidmet. Er berechnet und simuliert die Belastungsmöglichkeiten dieses Verbundträgers aus Bambus und Beton unter verschiedenen Einwirkungen am Computer. Die experimentelle Untersuchung erfolgt dann später anhand der vor ihm liegenden Konstruktion. Ziel ist es, eine Aussage über die Belastungsgrenzen des Bambus im Rahmen solcher Materialverbünde zu bekommen.
Bambus kommt in allen tropischen und subtropischen Gebieten natürlich vor (Asien, Australien, Afrika, Nord- und Südamerika) und wird in den entsprechenden Ländern seit Jahrhunderten vielfältig eingesetzt: sei es als Nahrungsmittel, als Baumaterial oder für die Herstellung von Kleidung und Kosmetikprodukten. Die Vorteile des Materials für das Projekt »Bamboo Concrete« liegen klar auf die Hand. »Bambus wächst wahnsinnig schnell, ist ziemlich leicht und elastisch, dabei aber trotzdem sehr belastbar«, erklärt Donata Trost. Diese Eigenschaften sollen nun auch bei diesem experimentellen Verbundbauteil zum Tragen kommen. Der Bambus übernimmt dabei die auftretenden Zugspannungen, der Beton den Druck.
Nach scheinbar endlos langem Warten rollt endlich der Betonmischer auf den Parkplatz hinter dem CIB. Fleißiger Helfer aus der Versuchstechnischen Einrichtung und dem Finger-Institut für Baustoffkunde stehen mit Schaufeln und Eimern bereit, um den Beton in die vorbereitete Konstruktion zu schaufeln. Doch das brauchen sie gar nicht. Innerhalb von wenigen Minuten ist der Beton direkt aus dem Mischer in die Form gegossen. Donata Trost ist heilfroh: »Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht. Aber umso besser.« Während die Kollegen vom FIB noch verdichten, akribisch glätten und Referenzkörper befüllen, erläutert sie die weiteren Schritte: »Der Beton muss jetzt in Ruhe aushärten, danach werden wir mit unseren Tests beginnen und sehen, was der Bambus wirklich aushält.«
Zuvor kann das Projekt »Natures Grass meets Mans Rock: Bamboo Concrete« auf der summaery2012 auf dem Parkplatz des CIB in der Coudraystraße 4 besichtigt werden.
(rw) Im Rahmen des Projektes »EXCHANGE« reisten elf Studierende des Masterstudienganges »Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien« im Juni 2012 nach Athen, um vor Ort gemeinsam mit griechischen Künstlerinnen und Künstlern eine beinahe komplett leerstehende Passage neu zu beleben. Erklärtes Ziel war es, in Dialog mit den Bürgern der griechischen Hauptstadt zu treten und sich auszutauschen.
Unter dem Dach des Gebäudes in der Marienstraße sitzen die Studierenden grüppchenweise über ihre Laptops gebeugt und unterhalten sich. Die Erschöpfung der letzten acht Tage ist ihnen anzusehen Temperaturen deutlich über 30 Grad, die körperliche Arbeit beim Auf- und Abbau von Installationen, der kreative Prozess fordern ihren Tribut. Nichtsdestotrotz ist die Begeisterung und Zufriedenheit mit dem Ausgang des Projektes in Athen zu spüren.
Vom 11. bis 19. Juni 2012 war die Gruppe nach Athen gereist, um das Projekt »EXCHANGE« zu realisieren. Sofia Dona, Alumna des Studiengangs und DAAD-Preisträgerin, hatte im Athener Stadtteil Kipseli die Broadway Passage als Raum für künstlerische Interventionen entdeckt und die Idee zum Austauschprojekt geboren. Mit ihrem Konzept stieß die griechische Architektin und Künstlerin auf offene Ohren bei den Lehrenden und Studierenden des Masterstudienganges.
Der Name Broadway Passage steht in krassem Kontrast zur Realität: leere Flure und Gänge, verlassene Geschäfte, Kinos und ein Theater, das schon lange keine Besucher mehr beherbergte, prägen das Bild. Die Fassade des einstigen Shoppingparadieses und Ort des kulturellen Lebens bröckelt auch im übertragenen Sinne. Es ist gar nicht so lange her, dass Kipseli ein »besserer« Stadtteil war. Damals hatte das Theater in der Passage sogar einen richtig guten Ruf. Aber als die Regierung Bauland in Meeresnähe freigab, zogen die betuchten Einwohner ans Wasser und leiteten so das Ende des Konsumtempels ein. Heute ist der Stadtteil eher ein sozialer Brennpunkt, wo unterschiedliche Kulturen aufeinander prallen.
Die Planung und Umsetzung des Projektes erwies sich als Herausforderung: in Skype-Konferenzen und via Internet und Telefon bereiteten sich die Künstlerinnen und Künstler in Griechenland wie in Deutschland auf die gemeinsamen Aktionen vor. Dabei mussten verschiedene Schwierigkeiten überwunden werden: unterschiedliche Sprachen wurden durch die Brücke »Englisch« verbunden, kulturelle Unterschiede wurden übersetzt und ausgetauscht, nicht zuletzt bildete auch die Reise nach Griechenland eine Brücke. Am Montag angekommen, begannen die Künstlerinnen und Künstler sofort mit der Arbeit, denn alles musste gut geplant und vorbereitet werden.
Ab Freitag startete das Programm mit Vorträgen, Workshops und Diskussionen. Sofia Dona hatte nicht nur griechische Künstler mit ins Boot geholt, sondern auch Architekten und Theoretiker eingeladen, eine Brücke zwischen den Disziplinen zu schlagen. »Es war uns besonders wichtig vor Ort zu sein, auch die Wahlen hautnah mitzuerleben«, berichtet Anke Hannemann, künstlerische Mitarbeiterin des Studienganges. »Griechenland befindet sich ja zurzeit in einer sehr brisanten finanziellen sowie politischen Lage und droht immer weiter an den Rand Europas gedrängt zu werden. Es war ungemein spannend, in Gesprächen die Meinungen einzufangen. Und es gibt unbedingt den Willen zum politischen Diskurs seitens der Athener«.
Am folgenden Montag dann war es endlich soweit: vom 18. bis 19. Juni 2012 öffnete die Broadway Passage ihre Tore und zeigte sich im neuen Gewand. Circa 25 Performances, Interventionen, Installationen und Aktionen hauchten dem verlassenen Gebäude Leben ein. Dabei zeigte sich das Publikum ebenfalls als bunte Mischung: alle Altersklassen und Schichten waren vertreten. Von Kunstschaffenden über Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis zum Handwerker und den Anwohnern: Viele fühlten sich angesprochen und zeigten sich neugierig und offen zum Gespräch, die Kunstwerke und Aktionen boten jede Menge Stoff.
»Mastoras Amesis Drasis« hieß beispielsweise der Service, den Hannes Neubauer den Athenern bot. Das heißt soviel wie Handwerker-Ambulanz oder Handwerker-Notarzt. Das Prinzip ist simpel und bequem: ruft man eine bestimmte Telefonnummer an, kommt Hannes und repariert, was auch immer kaputt ist. Im roten Blaumann und mit Notfall-Werkzeugkoffer bewaffnet, machte sich der Künstler auf den Weg durch die Hauptstadt, immer auf der Suche nach Kundschaft. Er reparierte Stereoanlagen, ein Dreirad, mauerte Löcher zu. Die Entlohnung der Dienstleistung bestand in einem Eintrag in seinem Buch: Hannes sammelte die Ideen seiner Kundschaft, wie man Griechenland am besten »reparieren« könnte. Fotos seiner Einsätze und Kopien der Einträge stellte er dann in seinem Ladengeschäft in der Passage aus.
Auf den Requisitenfundus des alten Theaters und das Gerümpel aus Ladeneinrichtungen gestoßen, war Federica Menin, Austauschstudentin aus Venedig. Sie baute zwei Inseln aus den gefundenen alten Gegenständen, Stühlen, Fenstern, Tischen und vielem mehr. Mit einem Schild wies Sie die Besucher darauf hin, dass »Island« ein Ort des ständigen Wandels sei und forderte die Gäste dazu auf, alles nach Belieben umzustellen. So entstanden spontane Architekturen zwei sich immer wieder verändernde Skulpturen. Eine Anwohnerin erweiterte sogar das Repertoire an Requisiten. Sie selbst hatte zwei Möbelstücke vor über zehn Jahren in einer Performance verwendet und war glücklich, nun »einen Ort für ihre Dinge« gefunden zu haben.
Dienstagnacht begann sofort der Rückbau. Die Broadway Passage legte ihr neues Kleid wieder ab und die Studierenden aus Weimar gingen zurück nach Deutschland. Nun sitzen sie bei Temperaturen deutlich unter 30 Grad im Dachgeschoss der Marienstraße, während der heftige Wind den Regen gegen die Scheiben fegt und tauschen wieder etwas aus: ihre Eindrücke, Erinnerungen, Erfahrungen und Fotos.
Ein Projekt des MFA-Programms »Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien« der Bauhaus-Universität Weimar, unter der Leitung von Prof. Danica Dakić, Lisa Glauer und Anke Hannemann. Initiert und konzipiert durch die MFA-Absolventin und DAAD-Preisträgerin Sofia Dona, koordiniert von Jirka Reichmann.
»EXCHANGE« wurde realisiert in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Athen und mit der freundlichen Unterstützung des International Office der Bauhaus-Universität Weimar.
Fotos: Yomayra Puentes und Candy Welz
(go, cg) Wie lassen sich leichte und mobile Bühnen konstruieren, die zugleich hohen Ansprüchen an Architektur, Ästhetik und Nachhaltigkeit genügen? Dieser Frage stellen sich Studierende aus einem fakultätsübergreifenden Projekt unter der Leitung von Prof. Dipl.-Ing. Rainer Gumpp und Prof. Dr.-Ing. Jürgen Ruth im interdisziplinären Studiengang archineering. Ihr Ziel: diese Bühne zur summaery als zentralen Veranstaltungsort zu realisieren.
Alle Jahre wieder wird zur summaery eine Bühne vor dem Hauptgebäude der Universität errichtet. Neu in diesem Jahr ist, dass die Bühne nicht angemietet wird, sondern aus der Universität heraus von Studierenden der Fakultäten Architektur und Bauingenieurwesen gemeinsam entwickelt und gebaut wird. »Unser Projekt ist eine gute Vorbereitung für den späteren Beruf. Alle Phasen des Projekts, von Entwurf, konstruktiver Durcharbeitung, Angebotseinholung, bis hin zur Realisierung, führen die 13 Studierenden in Eigenregie durch. Auch der Umgang mit dem Zeitdruck ist eine ganz wichtige Erfahrung.«, erläutert Professor Gumpp.
Ausgangspunkt war zu Semesterbeginn die lehrstuhlinterne Wettbewerbsauslobung. Nach einer vierwöchigen Entwurfsphase wurde Mitte Mai der Entwurf von Felix Kubetzek, Masterstudent Architektur im vierten Semester, mit dem ersten Preis gekürt: für seine pneumatisch gestützte, fast schwebende Dachkonstruktion aus dreieckigen Holzrahmen mit eingehängten, luftgefüllten Folienkissen. »Die Vorgabe, eine möglichst leichte Konstruktion zu schaffen, hat mich zu den Luftkissen geführt«, beschreibt der Preisträger Kubetzek seinen Ansatz. »Sie wiegen fast nichts und sind in der Lage, eine große Fläche zu überspannen. Aus konstruktiven Überlegungen heraus habe ich mich dann für die Dreiecke entschieden, weil sie die stabilste Form sind.«
Die Exkursion zu einem Hersteller für pneumatische Kissenkonstruktionen ergab grünes Licht für die technische Umsetzung und auch eine Zusage über Sachleistungen.
Drei Teams gingen anschließend an die Realisierung. Hier profitierten alle von den unterschiedlichen Vorkenntnissen der Beteiligten. So bereicherte u.a. ein ausgebildeter Tischler mit seinen Spezialkenntnissen und -erfahrungen den interdisziplinären Entwurfs- und Gestaltungsprozess. Dabei bewegte sich das Team in einem Spannungsfeld zwischen dem ästhetischen Anspruch der Architekten auf der einen und den statischen Berechnungen der Bauingenieure auf der anderen Seite besonders als es um die Frage der Krümmung der filigranen Dachkonstruktion ging. Denn was nützt die schönste Bühne, wenn sie den Wind- und anderen Lasten nicht standhält?
Alle Details wurden 1:1 geplant. »Es ist ein gravierender Unterschied, ob ich Details 1:1 plane, oder mit Modellen in kleinerem Maßstab arbeite«, erläutert Prof. Gumpp die Herangehensweise bei der Ausführungsplanung. Die Holzarbeiten für den Dachrahmen leisteten die Studierenden in den universitätseigenen Werkstätten. Die Stahlarbeiten für die 3 Meter langen Stahlstützen wurden auf der Grundlage von Detailzeichnungen außer Haus gegeben, da die zur Realisierung der Details notwendige Spezialtechnik mit Wasserstrahl oder Laser zu schneiden, vor Ort nicht verfügbar ist. Die Vorbereitungen für den Einsatz der Luftkissen (Zuschnitt, Hochfrequenzverschweißung) führten drei Studierende in den Werkstätten der Firma CenoTec in Greven/NRW durch, zu der durch eine ehemalige Studentin des Studienganges archineering der Architekturfakultät gute Kontakte bestehen.
Von Anfang an sollte das Projekt auch energie- und ressourcensparend sein. Nicht nur technisch interessant ist in diesem Zusammenhang die Verbindung von Luftkissen mit speziellen Photovoltaikelementen, den Solarpixeln, die mittels LED-Technik zur Beleuchtung der Luftkissen und somit der Bühne dienen. Die bei Langzeitbetrieb ggf. erforderliche Nachregulierung des Pneu-Innendrucks könnte damit ebenfalls energieneutral betrieben werden. Dabei hat sich gezeigt, dass im Hinblick auf die Entwicklung von Solarmembranen noch hoher Forschungsbedarf besteht.
Das Projekt schlägt viele Brücken, sowohl innerhalb der Universität zwischen Architekten und Bauingenieuren als auch extern: zwischen Universität und der Wirtschaft dank der intensiven Zusammenarbeit mit den Sachsponsoren, aber auch zwischen Universität und Alumni. Und vielleicht schlägt die rolling.stage.SOLAR auch eine Brücke in die Zukunft: da sie mobil und flexibel, in ihre Grundelemente zerlegbar, wiederaufbaubar und beliebig erweiterbar ist, wäre es denkbar und wünschenswert, dass wir die Bühne zur summaery 2013 wiedersehen.
Das Ergebnis des Projektes, eine mobile Bühne vor dem Hauptgebäude der Bauhaus-Universität, ist bei der diesjährigen summaery ein zentraler Anlaufpunkt. Hier findet am 12. Juli, 16 Uhr die offizielle Eröffnung der summaery statt.
Ein besonderer Dank geht an die Unterstützer des Projektes: CenoTech GmbH/Greven, RSB Rudolstädter Systembau GmbH, Betonwerk Streichardt.VG
sowie
Betreuer des Projektes: Prof. Dipl.-Ing. Rainer Gumpp, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Ruth, wiss. Mitarbeiter Marcel Ebert, wiss. Mitarbeiter Stephan Schütz, wiss. Mitarbeiter Christian Heidenreich
Teilnehmer des Projektes: Christopher Albrecht, Martin Allert, Andreas Arnold, Claus Bäumel, Thitit Chausomboon, Gerald Eichhoff, Elena Fattakhova, Raimands Galuza, Felix Kubetzek, Frederike Lausch, Martin Tänzer, Benjamin Van der Poel, Teodoru Vlad Dumitru
Fotos: Stephan Schütz, Felix Kubetzek, Thomas Müller
(go) Im Rahmen einer vom DAAD-geförderten Kooperation mit dem Ethiopian Institute of Architecture Addis Abeba/Äthiopien erproben Studierende des 2. Kernmoduls im Bachelor-Studiengang Architektur unter der Leitung von Prof. Dipl.-Ing. Dipl.-Des. Bernd Rudolf konstruktive Techniken auf der Basis von Wandteilen aus gepresstem Stroh. Zur summaery werden vier experimentelle Pavillons auf dem Universitätscampus realisiert.
Äthiopien mit seinem starken Bevölkerungswachstum und seiner großen Armut stellt Architekten, Stadtplaner und Ingenieure vor immense Herausforderungen. Im Rahmen des Projektes war es deshalb wesentlich, auf der Basis eines einfach herzustellenden, kostengünstigen Materials zu arbeiten, das auch im ländlichen Bereich zum Einsatz kommen kann. Daher setzt das Projekt auf das Material Stroh, ein nachwachsender Grundrohstoff, der in Äthiopien Abfallprodukt in der Landwirtschaft ist. Das Stroh wird unter Wärmeeinwirkung zu festen Platten gepresst, die dann in unterschiedlichen Strukturen und Ausführungsformen Verwendung finden. Der Gedanke des organischen Bauens, sowohl in Material und Bauform wie auch als partizipatorisches Prinzip, spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Stroh hat darüber hinaus in der traditionellen Bauweise eine Bedeutung, z.B. als Dachdeckung oder Füllzuschlag für Lehmbauten.
Zielstellung war es, auf der Basis von Strohplatten Entwürfe und Technologien zu entwickeln, die sich aus einfachen, wiederverwertbaren Materialien und ohne aufwändige Werkzeuge zu wachsenden Häusern verbinden lassen, die zum Prototyp für den Hausbau in Äthiopien werden können. Wir praktizieren das so oft zitierte Motto think globally - act locally, erläutert Prof. Rudolf den Projektansatz. Die als Ergebnisse systemisch zu betrachtenden Verbindungen und Details können jeweils durch regional vorhandene Materialien ersetzt und an diese angepasst werden.
Alle Projektteilnehmenden zehn von ihnen waren im April am Bau einer zweigeschossigen Behausung aus Strohplatten auf dem Campus in Addis Abeba beteiligt entwickelten zu Semesterbeginn einen eigenständigen Entwurf. Aus den 30 Entwürfen wurden zunächst acht weiterverfolgt und vertieft, bis sich schließlich Anfang Juni vier sehr verschiedenartige Projekte als Finalisten herauskristallisiert haben, die nun zur summaery umgesetzt werden.
Wichtige Kriterien bei der Lösungssuche waren, dass die Gebäude auch von Laien gebaut werden können und modular erweiterbar sind. Hinzu kamen technische Aspekte wie Sinnfälligkeit der Konstruktion, Wetterschutz und -beständigkeit. Die vier realisierten Beispiele zeigen hier unterschiedliche Ansätze, doch allen ist eine kreative und frische Herangehensweise gemeinsam.
Ein Pavillon fungiert als Ausstellungsgebäude. Hier werden vielfältige Experimente und Testergebnisse vorgestellt, vor allem im Hinblick auf die Außenhülle. Wie bekomme ich eine Fassade dicht? Wie lassen sich die Wandteile miteinander verbinden? Ob Tetrapak oder Bienenhonig - es gibt keine Denkverbote. Die weiteren drei Pavillons, die über Wohn-, Arbeits- und Präsentationsflächen verfügen, arbeiten mit unterschiedlichsten Materialien. Einer bezieht aus Plastiktüten gewebte Planen mit ein. Ein anderer zielt auf andere Recyclingmaterialien: Dosen und Autoreifen. Als Verbindungsmittel Spanngurte und Ösen? Auch am letzten der vier Pavillons zeigen sich unkonventionelle Lösungsansätze.
Eine studentische Projektteilnehmerin fasst ihre Erfahrung wie folgt zusammen: Ich war skeptisch, dass der Entwurf im Maßstab 1:1 auch tatsächlich stabil steht.
Am 6. Juli sind die 15 Gäste aus Äthiopien unter strömendem Regen angereist, um in der heißen Phase vor der summaery mit Hand anzulegen. Heute, am 10. Juli 2012, zwei Tage vor Eröffnung der summaery, wird auf dem Campus noch gebügelt, gemessen, geschnitten, gespannt, gewoben, gedreht,
Wir bleiben gespannt auf den 12. Juli und darauf, ob und welcher Prototyp künftig in Addis Abeba umgesetzt wird. Für die Projektbeteiligten jedenfalls ist das Projekt mit der Eröffnung der summaery noch längst nicht beendet. Die nächsten Exkursionen sind bereits in Planung. Ganz unmittelbar bevor steht der Workshop africa re:load, der am 13. und 14. Juli 80 Teilnehmer aus Wirtschaft, Forschung und Entwicklungszusammenarbeit zusammenbringt, um die Vernetzung zu fördern und neue Ideen für gemeinsame Projekte zu generieren.
Die Projektbeteiligten danken Strawtec/Berlin für das Sachsponsoring der Strohpaneele.
Im folgenden Clip sind Eindrücke eines Exkursionsteilnehmers vom Workshop in Äthiopien festgehalten: vimeo.com/41475414
Projektteilnehmer: Alexander Bense, Katrin Bräutigam, Elisabeth Dorfmann, Paul Eikemeier, Irene Fischer, Victoria Goldmann, Carolina Kolodziej, Clara Marie Landwehr, Sebastian Linder, Yi Lu, Vadim Makarucha, Johannes Märtin, Jonatan Molinski, Nam Nguyen Hoang, Linh Nguyen Viet, Dimitra Papadimitriou, Rubén Robledo Ibáñez, Anna Rodermund, Maria Elisabeth Röß, Zoya Solovyeva, Tereza Spindlerová, Anh Dung Trinh, Adugna Tsion, Mona Volkmann, Amelie Wegner, Georg Westermann, Nadine Wolz, Weidong Yang, Tina Zahl, Catherine Slusher
Projektbetreuer: Prof. Bernd Rudolf, Prof. Dr. Jürgen Ruth, Prof. Reinhard König, wiss. Mitarbeiterin Dipl.-Ing. Hanna Aschenbach, wiss. Mitarbeiter Dipl.-Ing. Timo Riechert, wiss. Mitarbeiter Dipl.-Ing. Stephan Schütz
Fotos: Thomas Müller, Candy Welz und Bernd Rudolf
cg - Claudia Goldammer, Fakultät Bauingenieurwesen/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
claudia.goldammer[at]uni-weimar.de
tm - Tina Meinhardt, Fakultät Medien/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
tina.meinhardt[at]uni-weimar.de
go - Gabriela Oroz, Fakultät Architektur/Referentin für Fakultätsmarketing
gabriela.oroz[at]uni-weimar.de
rw - Romy Weinhold, Universitätskommunikation/Projektmitarbeiterin Webredaktion
romy.weinhold[at]uni-weimar.de
cw - Claudia Weinreich, Universitätskommunikation/Pressesprecherin
presse[at]uni-weimar.de
Thomas Müller, Candy Welz, Jorgelina Garcia, Júlia Palao Arimon, Sebastian Prince
Juliane Seeber, studentische Mitarbeiterin/Universitätskommunikation
juliane.seeber[at]uni-weimar.de
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