Maurice Halbwachs zu Ehren und aus Anlass der Umbenennung des Audimax in »Maurice-Halbwachs-Auditorium« haben wir am Mittwoch, 4. Dezember 2024, zum Festakt eingeladen.
Neben der Bildergalerie finden Sie die Festreden zum Nachlesen sowie das Programm des Abends auf dieser Seite.
Fotos: Bauhaus-Universität Weimar/ Thomas Müller
Professorin emerita für Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft, Universität Konstanz
Als Jan Assmann und ich in den 1970er und 80er Jahren anfingen, an dem Konzept des ›kulturellen Gedächtnisses‹ zu arbeiten, hatten wir einen Leitsatz, den wir bei dem niederländischen Kulturhistoriker Johan Huizinga gefunden haben: »Geschichte ist die geistige Form, in der sich eine Gesellschaft Rechenschaft über ihre Vergangenheit ablegt.«
Mit unserer Suchbewegung waren wir damals ziemlich allein. Mehr noch: das Konzept des kulturellen Gedächtnisses passte überhaupt nicht in den Rahmen der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Die vier ersten Jahrzehnte nach Kriegsende waren von der Schlussstrich-Politik Konrad Adenauers und Helmut Kohls geprägt. Es war, im Rückblick gesehen, eine Zeit des Vergessens und Verschweigens, sowie des Vergebens und Versöhnens.
In der west- und ostdeutschen Nachkriegsgesellschaft gab es ein damals unausgesprochenes Bündnis des Schweigens nicht nur über die Nazitäter, sondern ebenso über die Opfer des Holocaust. In dieser Haltung wurde die westdeutsche Regierung übrigens von den Siegermächten unterstützt. In einer Rede, die Winston Churchill im Jahr 1946 in Zürich hielt, betonte er: »Wenn Europa von endlosem Unheil und endgültigem Untergang gerettet werden soll, müssen wir es auf einen Akt des Glaubens an die europäische Familie und einen Akt des Vergessens aller Verbrechen und Irrtümer der Vergangenheit gründen.«
Im Westen wie im Osten herrschte damals das ›Zeitregime der Moderne‹. Das bedeutete, dass man sich alles von der Zukunft erwartete und nichts von der Vergangenheit. »Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt« -so begann die Nationalhymne der DDR. Zukunft stand für Aufbruch, Erneuerung, Innovation und Fortschritt. Diese politischen Schlüsselbegriffe waren Teil einer Modernisierungskultur, mit denen man im Westen auf Emanzipation und Freiheit sowie auf eine schnelle Entwicklung von Technik und Wohlstand setzte. Hüben wie drüben ging der uneingeschränkte Glaube an die Versprechen und Potentiale einer unerschöpflichen Zukunft einher mit dem Brechen mit Traditionen und Vergangenheiten. Kein Wunder also, dass der Begriff des ›kulturellen Gedächtnisses‹ damals zunächst auf Unverständnis stieß.
Wer mit seinen Ideen allein ist, schaut sich verständlicherweise nach möglichen Verbündeten und Geistesverwandten in der Geschichte um. Ein wesentlicher Teil unserer frühen Forschung zu einem erweiterten Begriff des Gedächtnisses war deshalb der Arbeit an der Genealogie dieses Begriffs gewidmet. Wir suchten und wurden sehr bald fündig in der Geschichte des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Von Benedict Anderson haben wir gelernt, dass wir Nationen nicht als naturhafte Gebilde, sondern als ›vorgestellte Gemeinschaften‹ und wandelbare historische Konstrukte verstehen müssen. Die Überzeugungs- und Wirkungskraft von Nationalstaaten liegt also nicht allein in ihrer politischen Verfassung, Wirtschaftsorganisation und Verwaltungsstruktur, sondern gerade auch in einem gefühlsmäßigen Vorstellungsgehalt, den die Bewohner eines Landes miteinander teilen. 1882, hundert Jahre vor Benedict Anderson, hat der französische Orientalist und Kulturtheoretiker Ernest Renan seinen bis heute aktuellen Essay ›Was ist eine Nation?‹ veröffentlicht. Darin interessierte er sich als erster für die Rolle des kollektiven Gedächtnisses im Prozess des nation-building. Renan sprach in der ihm verfügbaren Sprache des 19. Jahrhunderts noch von einer »Seele« der Nation. Dieses zeittypische Konzept von der Seele der Nation würden wir heute mit ›Identität‹ oder ›Selbstbild der Gesellschaft‹ übersetzen. Kollektive Identität und das damit verbundene Selbstbild werden nach Renan durch ein gemeinsames Gedächtnis gestützt: »Was die Nation ausmacht, ist der gemeinsame Besitz eines reichen Erbes von Erinnerungen«. Und er fügte hinzu: »Es macht das Wesen einer Nation aus, dass alle Individuen etwas miteinander gemein haben, und auch, dass sie viele Dinge vergessen haben.«
Renan schrieb damals nicht über die Nation im Allgemeinen, sondern konkret über die französische Nation zehn Jahre nach dem verlorenen Krieg gegen Deutschland von 1870/71. Er war sich also der Bedeutung von Emotionen in diesem Prozess sehr bewusst, als er betonte: »Das Leiden eint die Nation mehr als der Triumph.« Und diesen Gedanken hat er folgendermaßen ergänzt: »Gemeinsames Vergessen ist ein wesentlicher Zug im Aufbau einer Nation und deshalb kann die Geschichtsschreibung zu einem Problem für die Nation werden.« Der Historiker Eric Hobsbawm hat diesen Gedanken weiter pointiert, als er schrieb: »›Getting history wrong – also: die Geschichte zu verfälschen – ist ein essentieller Faktor für die Entstehung einer Nation,‹ schrieb Ernest Renan.«
Renan hatte damit das komplexe Themengebiet des nationalen Gedächtnissens klar umrissen: es stützt die Identität einer Gruppe, es ist von Emotionen bestimmt und es verfährt äußerst selektiv. Und am Rande seiner Ausführungen taucht bereits der Dauerkonflikt auf, mit dem wir bis heute zu tun haben: der zwischen Gedächtniskonstruktionen und historischer Geschichtsforschung.
Zur selben Zeit hat sich Friedrich Nietzsche grundlegende Gedanken über Aufbau und Wirkung eines kollektiven Gedächtnisses gemacht. Er schrieb ebenfalls nach dem deutsch-französischen Krieg, in diesem Fall auf der Siegerseite, wobei er allerdings den militärischen Sieg Deutschlands eher als eine kulturelle Niederlage interpretierte. Ebenso wie Renan schrieb Nietzsche bei seinen Überlegungen zum nationalen Gedächtnis gegen einen Feind an. Das war für ihn aber nicht Frankreich, sondern das war der Historismus, genauer: es waren die im 19. Jahrhundert an den Universitäten etablierten historischen Wissenschaften. Nietzsche, der als Professor für klassische Philologie in Basel selbst Teil dieser Entwicklung hin zu einer modernen Wissensgesellschaft mit immer weiter ausdifferenzierten Fachdisziplinen geworden war, betrachtete die Entwicklung einer ungesteuerten und unbegrenzten Wissensvermehrung mit Sorge. Er fürchtete, dass die diffuse Masse positivistischen Wissens, die die historischen Wissenschaften produzierten, etwas sehr Kostbares zerstören würde, nämlich den Bildungs-Horizont, der das Selbstbild eines Individuums oder einer Gruppe stützt und ihr Sinn, Bedeutung, Relevanz und Orientierung vermittelt.
Ebenso wie Renan, der bereits den Historiker als ein Problem für die Konstruktion des nationalen Gedächtnisses einstufte, definierte Nietzsche das kollektive Gedächtnis in Frontstellung gegenüber der akademischen Geschichtsforschung, die seiner Meinung nach darauf ausgerichtet ist, die grundlegenden Verbindlichkeiten und Überzeugungen eines Kollektivs aufzulösen. Das historische Wissen, so stellte Nietzsche alarmiert fest , »strömt aus unversieglichen Quellen immer von neuem hinzu und hinein, das Fremde und Zusammenhanglose drängt sich, das Gedächtnis öffnet alle seine Tore. (...) Alle Grenzpfähle sind umgerissen und alles, was einmal war, stürzt auf den Menschen zu.«
Ein Gedächtnis, das alle seine Tore öffnet, ist kein Gedächtnis mehr. Zwar ist auch das Archiv der Wissenschaft nicht unbegrenzt, aber es gibt doch zwei wichtige Unterschiede zwischen dem Speichergedächtnis des Archivs und dem Funktionsgedächtnis der Nation: das Archiv bietet sehr viel mehr Platz für alle möglichen Informationen und, noch wichtiger: seine Grenzen verschieben sich permanent mit neuen Fragestellungen und Aufgaben, Theorien und Perspektiven. Ganz anderes gilt für die kollektive Gedächtnis: es wird bestimmt von den Türwächtern, die das Relevante vom Irrelevanten, das Lebenswichtige vom Beliebigen und vor allem: das Identitätsbezogene vom nicht Identitätsbezogenen trennen. Ohne ein wie auch immer zusammengesetztes ›Wir‹, ohne ein Konzept von Identität und Standpunkt in der Geschichte, ohne Distinktion und Perspektive - Nietzsche sprach von ›Charakter‹ und ›Horizontbildung‹ - kann es also sehr wohl eine permanente Vermehrung von ›Wissen‹, aber eben kein ›Gedächtnis‹ geben.
Nietzsches Gegenvision zur kulturellen Wissensexpansion war der gebildete Mensch, der sich nicht vom abgespeicherten Wissen erdrücken lässt, sondern sein Wissen selbst zu begrenzen und in den Dienst des Lebens zu stellen vermag. Diese Fähigkeit, die Wissensflut für sich selbst eindämmen und einen lebensdienlichen Wissenshorizont aufbauen zu können, hielt Nietzsche für die wichtigste Errungenschaft der Bildung.
Der dritte in unserer Ahnengalerie des Gedächtnisses war der Soziologe Maurice Halbwachs. Gleichzeitig mit anderen herausragenden Denkern und Künstlern wie Freud und Proust widmete sich Halbwachs in den 1920er Jahren der Dynamik des Erinnerns, doch tat er dies nicht im Kontext einer Theorie der individuellen Psyche, sondern im Kontext einer Theorie der Gesellschaft. Als empirischer Soziologe galt sein Interesse nicht dem isolierten Individuum und seinem Innenleben, sondern den sozialen Beziehungen, in die das Erinnern und Vergessen der Individuen von Anfang an eingebettet sind. Die Gesellschaft reicht, wie Halbwachs anschaulich zeigte, mit den sozialen Rahmen des Erinnerns tief in das Individuum hinein. Ich zitiere: »Keine Erinnerung ist möglich außerhalb der sozialen Rahmen, die die Menschen in einer Gesellschaft übernehmen, und von denen abhängt, was sie erinnern und was sie nicht erinnern.« Er dachte nicht wie Renan und Nietzsche von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Ein absolut einsamer Mensch, so folgerte er, könne gar kein Gedächtnis ausbilden, denn dieses entwickle sich überhaupt erst mit dem Aufbau sozialer Beziehungen. Das bedeutet nicht nur: Wir sind mit unseren Erinnerungen nicht gänzlich allein, es bedeutet auch: wir sind auf andere Menschen angewiesen, die unsere Erinnerungen ergänzen oder bestätigen. Erinnern ist nach Halbwachs eine lebenswichtige Form sozialer Kommunikation. Über den Austausch von Erinnerungen entstehen Beziehungsnetze zwischen Gruppen, die einen gemeinsamen Fundus an Wissen und Erfahrungen miteinander teilen.
Diese wichtigen Einsichten ergänzte Halbwachs durch sein Konzept der ›sozialen Rahmen‹. Der soziale Rahmen ist die entscheidende Schaltstelle zwischen Erinnern und Vergessen. Wie ein Bilderrahmen schließt der sozialen Rahmen etwas ein und sehr vieles aus, jedoch sind die sozialen nicht statisch, sondern verändern sich und müssen immer wieder bestätigt oder neu ausgehandelt werden.
Das nationale Gedächtnis folgt in aller Regel einer einfachen Logik des Vergessens, die man an Monumenten und Symbolen im öffentlichen Raum ablesen kann. In Paris zum Beispiel gibt es unter den Metrostationen solche, die nach den Siegen Napoleons benannt sind wie ›Iena‹ oder ›Austerlitz‹. Was in Paris jedoch vollkommen undenkbar wäre, ist eine Metrostation, die den Namen ‚Waterloo’ trägt. In diese Station kann man dagegen in London einsteigen. Mit anderen Worten: Das Gedächtnis der Nation kommemoriert die Siege und ›vergisst‹ die Niederlagen der Geschichte, auch wenn sie aus den Geschichtsbüchern dokumentiert werden.
Diese Fragen hängen aufs Engste mit den Emotionen zusammen, die ja die Stütze der Erinnerung sind und ihren Treibstoff bilden. Während Stolz, der Wunsch nach Anerkennung und ein positives Selbstbild die Auswahl des zu Erinnernden bestimmen, sind Gefühle wie Schuld und Scham verantwortlich für die Ausgrenzung und Verdrängung von Gedächtnisinhalten. Das hat Nietzsche bereits genau gewusst und in einem konzisen Aphorismus zusammengefasst:
Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis.
Das kann ich nicht getan haben, sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich.
Endlich gibt das Gedächtnis nach.
Lange Zeit war das nationale Gedächtnis auf einen ruhmreichen, ehrenwerten oder zumindest akzeptablen Ausschnitt beschränkt. Angesichts einer schuldhaften oder traumatischen Vergangenheit gab es üblicherweise nur drei sanktionierte Rollen in der Grammatik des nationalen Gedächtnisses: die des Siegers, der das Böse überwunden hat, die des Widerstandskämpfers und Märtyrers, der gegen das Böse gekämpft hat, und die des Opfers, das das Böse passiv erlitten hat. Was jenseits dieser Positionen und ihrer Perspektiven lag, konnte gar nicht oder nur sehr schwer zum Gegenstand eines akzeptierten Narrativs werden und wurde deshalb auf der offiziellen Ebene ›vergessen‹. »Das kollektive Gedächtnis vereinfacht«, schrieb Peter Novick; »es sieht alles aus einer einzigen, emotional besetzten Perspektive. Es kann keine Ambivalenzen aushalten und reduziert Ereignisse zu Archetypen.« (Novick 1999, 4)
Die Bedeutung der sozialen und politischen Rahmen für den Aufbau kollektiver Gedächtniskonstruktionen kann nicht überschätzt werden. Solange sie unumstritten sind, fallen sie nicht auf, denn dann stützen sie die von der Gruppe verinnerlichten Normen und Werte. Aber die historischen Konstellationen können sich ändern, wie wir nach 1990 gesehen haben. Damals gab es deutliche Anzeichen dafür, dass sich diese Grammatik des nationalen Gedächtnisses auch verändern kann, und zwar in Richtung der von Johan Huizinga formulierten Devise: »Geschichte ist die geistige Form, in der sich eine Gesellschaft Rechenschaft über ihre Vergangenheit ablegt.«
Noch deutlicher hat der polnischen Philosoph Leszek Kolakowski dieses Prinzip formuliert: »Wir lernen aus der Geschichte, um die Gesichter derjenigen um uns herum zu erkennen, die am meisten unter ihr gelitten haben.«
Dieser eindrucksvolle Satz kommt mir anlässlich der heutigen Gedenk- und Feierstunde in der Bauhaus-Universität Weimar wieder in Erinnerung. Wir lernen die Geschichte von Maurice Halbwachs kennen, eines bedeutenden Gelehrten des 20. Jahrhunderts und großen Europäers, Kenner der deutschen Kultur und Sprache. Im Juli 1944 wurde er im von den Nationalsozialisten besetzten Paris festgenommen und zusammen mit einem seiner Söhne von der Gestapo nach Weimar und Buchenwald deportiert, denn man kann Buchenwald nicht erreichen, ohne durch Weimar zu kommen. Das war acht Monate vor Kriegsende. Im Kleinen Lager in Buchenwald ist Halbwachs knapp vier Wochen vor Kriegsende an den Folgen der Haft gestorben. Das letzte Geschenk hat uns der Schriftsteller Jorge Semprun gemacht, der Halbwachs im Kleinen Lager begegnete und zum Zeugen seiner letzten Tage und Stunden wurde. Sempruns Worte bleiben ein kostbares Vermächtnis an die Nachwelt.
Weimar und Buchenwald – wir versuchen immer wieder, diese beiden Orte auseinanderzuhalten. Das geht bei Halbwachs aber nicht. Denn er kam erst nach Buchenwald und jetzt kommt er auch nach Weimar. Damit durchkreuzt er die die Logik der klar geschiedenen Orte und ihrer jeweiligen - »Erinnerungsrahmen«. Ich möchte Frank Eckardt für seine akribische und langjährige Halbwachsforschung danken, aus der die heutige Erinnerungsinitiative hervorgegangen ist. Geschichtsforschung und Erinnerung bedingen sich, sie sind aber nicht dasselbe. Die Erforschung der Geschichte dient dem allgemeinen Wissen, aber nicht unbedingt dem Lernen aus der Geschichte. Das ist die Aufgabe der Erinnerung: die Geschichte so zu erzählen und zu deuten, dass sie Adressaten in der Gegenwart erreicht, die sie annehmen und zu einem Bestandteil ihrer eigenen Geschichte zu machen.
Es gibt ein paar wichtige Unterschiede zwischen Geschichtsforschung und Erinnerungskultur, die ich hier abschließend noch einmal zusammenfasse. Die Geschichtsforschung kann auf öffentliches Interesse stoßen, aber das muss sie nicht; sich entwickelt sich im geschützten Raum der Wissenschaft als ein Gespräch unter Kolleginnen und Kollegen. Erinnerungskultur dagegen ist ein Sammelbegriff, der viele Dimensionen umfasst. Dazu gehören staatliche Vorgaben und Rituale ebenso wie kulturelle Anregungen aus Wissenschaft, Literatur und Kunst. Ihre Dimension ist die Öffentlichkeit mit ihren Medien, sie gründet sich aber auch auf die Schule, die Erziehung, die politische Bildung und lebt – gang wichtig - von unabhängigen lokalen Initiativen der Zivilgesellschaft.
Der Begriff ›Erinnerung‹ sollte also auf keinen Fall, wie es oft geschieht, auf Selbsterlebtes reduziert werden. Die Geschichtsforschung kann mit ihrer Arbeit erst beginnen, wenn die Geschichte abgeschlossen, d.h. vergangen ist. Aus der Perspektive der Erinnerung dagegen ist die Vergangenheit noch nicht abgeschlossen, sondern ist zur Gegenwart und Zukunft hin offen. Genau das erleben wir hier und heute: die in Buchenwald abgeschlossene Geschichte von Maurice Halbwachs erreicht uns in Weimar in der Gegenwart und eröffnet gleichzeitig eine neue Zukunft. Er ist von Buchenwald nach Weimar in das größte öffentliche Auditorium der Universität überführt worden. Das heißt: Seine Geschichte geht weiter; sie wird damit zu einer allgemein zugänglichen Erinnerung. Jeder Student, der im Auditorium sitzt, hat teil an dieser Geschichte, die in die Zukunft reicht, einschließlich all derer, die in diesem Raum lehren und lernen werden.
[1] Ist die Zeit aus den Fugen? Aufstieg und Fall des Zeitregimes der Moderne. Munich: Hanser, 2013.
[2] Was ist eine Nation? und andere politische Schriften, Wien, Bozen 1995, S. 57. Engl. translation: »What is a Nation«, in Nationalism in Europe from 1815 to the Present: A Reader. Ed. Stuart Woolf. London: Routledge, 1996.
[3] Renan, 56.
[4] Eric Hobsbawm, On History. New York: New York Press, 1997: 270.
[5] Friedrich Nietzsche, 231.
[6] Nietzsche, Friedrich. Beyond Good and Evil 1886 Aphorism 68.
When Jan Assmann and I began working on the concept of »cultural memory« in the 1970s and 80s, we were guided by an idea we had come across in the work of Dutch cultural historian Johan Huizinga: »History is the intellectual form in which a civilization renders account to itself of its past.«
At that time, we were more or less alone in our endeavours. On top of this, the concept of cultural memory was not one that aligned with the mindset of post-war West German society. The four decades directly following the war were marked by a »clean break« mentality that characterised the policies of Konrad Adenauer and Helmut Kohl. It was, in retrospect, a period of forgetting and silencing, as well as forgiveness and reconciliation.
An unspoken pack of silence existed in post-war society in West and East Germany, not only regarding the Nazi perpetrators, but also towards the victims of the Holocaust. Incidentally, the Allied powers supported the West German government in this attitude. In a speech given in Zurich in 1946, Winston Churchill emphasised: »If Europe is to be saved from infinite misery, and indeed from final doom, there must be this act of faith in the European family; and this act of oblivion against all the crimes and follies of the past.«
In both the West and the East, the »temporal regime of modernity« was the prevailing mindset at the time. [1] This meant that everything was expected from the future, while nothing was sought from the past. »From the ruins risen newly, to the future turned we stand« — these were the opening lyrics to the national anthem of the GDR. The future symbolised new beginnings, renewal, innovation, and progress. These political keywords were part of a culture of modernisation that, in the West, was based on emancipation and freedom, as well as rapid technological and economic growth. On both sides, the unwavering belief in the promises and potential of an inexhaustible future went hand in hand with a break from traditions and the past. It’s no surprise, therefore, that the concept of »cultural memory« was initially met with incomprehension.
Those who find themselves alone with their ideas understandably search through history for possible allies and kindred spirits. A significant portion of our early research into an expanded concept of memory was dedicated to investigating its genealogy. We sought and quickly found what we were looking for in the history of the late 19th and early 20th centuries.
We learned from Benedict Anderson that nations should not be understood as natural entities, but rather as »imagined communities« that can be altered. The power and influence of nation-states lie not only in their political systems, economic organisations, and administrative structures, but also in the common emotional content that their inhabitants share. In 1882, a century before Benedict Anderson, the French orientalist and cultural theorist Ernest Renan published his now-classic essay »What is a Nation?« .[2] Renan was the first to explore the role of collective memory in the process of nation-building. Renan spoke, using the language of the 19th century, of the »soul« of the nation — a concept we would translate today as »identity« or »self-image of society« . Collective identity and its associated self-image are, according to Renan, reinforced by shared memory: A nation »is the possession in common of a rich legacy of memories«. He adds: »However, the essence of a nation is that all of its individual members have a great deal in common and also that they have forgotten many things.«[3]
In his writing, Renan was referring specifically to the French nation, ten years after it was defeated by Germany in the Franco-Prussian War. He was well aware of the emotional stakes involved when he remarked: »[S]hared suffering unites more than does joy.« He followed this by stating: »Forgetting... is an essential factor in the creation of a nation and it is for this reason that the progress of historical studies often poses a threat to nationality. « The historian Eric Hobsbawn honed this idea further when he wrote: »As Ernest Renan said a century ago: ›Getting history wrong is an essential part of being a nation.‹ «[4]
Renan had therefore provided an outline for the intricate subject of national memory, portraying it as a force that strengthens group identity, is shaped by emotions, and operates selectively. In the margins of his arguments, the enduring conflict emerges — a conflict that we continue to grapple with today — between memory construction and historical research.
At the same time, Friedrich Nietzsche was engaged in fundamental reflections on the construction and impact of collective memory. Writing after the Franco-Prussian War, in this case from the victorious side, he interpreted Germany's military victory as a cultural defeat. In his reflections on national memory, Nietzsche, like Renan, wrote against an enemy. This opponent, however, was not France but rather historicism, or, more precisely, the historical sciences flourishing at universities in the 19th century. Nietzsche, himself a professor of classical philology in Basel, was part of the transition toward a modern knowledge society characterized by increasingly specialized disciplines. And still the unchecked proliferation of knowledge concerned him. He feared that indistinct mass of positivist knowledge being generated by the historical sciences would erode the precious educational framework that supported individual or group identity and provided them with purpose, meaning, relevance, and orientation.
Like Renan, who had identified historians as a hindrance to the construction of national memory, Nietzsche defined collective memory in opposition to academic historical research, which he believed was designed to dismantle the essential commitments and convictions of a collective. For Nietzsche, »[h]istorical knowledge streams out of invincible sources always renewing itself with more. Strange and disconnected things push forward. Memory opens all its gates (...) [A]ll the border markings have been ripped up, and everything that used to exist has come crashing down onto people.«[5]
A memory that opens all its gates is no longer a memory. While archive of scientific knowledge is not unlimited either, there are two critical factors that differentiate it from the functional memory of the nation: the archive offers much more room for all manner of information and, more importantly, its limits are constantly shifting in response to new questions and tasks, theories and perspectives. Collective memory, on the other hand, is completely different: it is guided by gatekeepers who distinguish between the relevant and irrelevant, the vital and trivial, and—above all—the identity-related and non-identity-related. Without a »we«, without a concept of identity and a position in history, without distinction and perspective — Nietzsche spoke of »character« and the »formation of horizons« — there can be an endless increase in »knowledge«, at the same time that there is no »memory«.
Nietzsche’s antidote to this cultural expansion of knowledge was the educated individual who does not allow themselves to be overwhelmed by knowledge and instead learns to limit it, using it in the service of life. This ability to contain the flood of knowledge for oneself and to establish a life-serving horizon of understanding was, in Nietzsche's view, the pinnacle of education.
The third figure in our ancestral gallery of memory is Maurice Halbwachs. Along with other outstanding thinkers and artists such as Freud and Proust, Halbwachs devoted himself to the dynamics of memory in the 1920s. He did this not in the context of a theory of the individual psyche, but through a theory of society. An empirical sociologist, Halbwachs was not interested in the isolated individual and their inner life, but rather in the social relationships through which remembering and forgetting occur. Society and its framework of memory, Halbwachs clearly explained, profoundly influence the individual. I quote: »No memory is possible outside the frameworks used by people living in society to determine and retrieve their recollections.« Unlike Renan and Nietzsche, he did not think from the top down, but rather from the bottom up. Halbwachs concluded that a completely isolated individual could not form memories, as memory itself only develops with the establishment of social relationships. This implies that not only are we never completely alone with our memories, but also that we rely on others to support or confirm our memories. According to Halbwachs, remembering is an essential form of social communication. Exchanging memories creates relationship networks between groups who share a repository of knowledge and experiences.
Halbwachs expanded upon these insights with his concept of the »social framework«. The social framework is the threshold between remembering and forgetting. Much like a picture frame, the social framework includes some things while also excluding a great many others. However, social frameworks are not static; they shift and require constant reaffirmation or renegotiation.
National memory tends to follow a simple logic of forgetting, which is evident in monuments and symbols in public spaces. In Paris, for instance, you can find metro stations named after Napoleon’s victories, such as »Iena« or »Austerlitz«. It would be unfathomable, however, to find a metro station in Paris named »Waterloo«. On the other hand, this is the name of a station where you can board in London. In other words, a nation’s memory commemorates its victories and ›forgets‹ its defeats, even if these are documented in history books.
These questions are deeply intertwined with emotions, which serve as the foundation and fuel of memory. While pride, the desire for recognition, and a positive self-identity determine what is remembered, emotions like guilt and shame are responsible for the exclusion and suppression of certain memories. Nietzsche was well aware of this and summarised it concisely in the aphorism:
I have done that, says my memory.
I cannot have done that—says my pride and remains unshakeable.
Finally—memory yields.[6]
For a long time, national memory was restricted to a glorious, honourable, or, at the very least, acceptable segment of the past. Faced with a guilt-laden or traumatic past, national memory typically allowed only three sanctioned positions in its narrative: that of the victor, who overcame evil; the resistor an martyr, who fought against evil; and the victim, who passively endured evil. Anything beyond these positions and perspectives could hardly, if at all, become the subject of an accepted narrative and was therefore officially »forgotten«. Peter Novick writes that »collective memory simplifies; sees events from a single, committed perspective; is impatient with ambiguities of any kind; reduces events to mythic archetypes.« (Novick 1999, 4)
The significance of social and political frameworks in shaping collective memory cannot be overestimated. As long as these frameworks remain uncontested, they go unnoticed and support the internalised norms and values of the group. However, historical constellations can change, as we observed after 1990. At that time, there were clear indications that the narrative of national memory could also change, moving towards Johan Huizinga’s adage: »History is the intellectual form in which a civilization renders account to itself of its past.«
Polish philosopher Leszek Kolakowski articulated this even more clearly, saying: »We learn about the past to know how to recognise around us those faces touched by its worst legacy.«
This poignant sentence returns to me on today’s commemoration and celebration at the Bauhaus-Universität Weimar. We are learning the story of Maurice Halbwachs, an influential scholar of the 20st century, who was also a great European and an expert on German culture and language. In July 1944, he was arrested in Nazi-occupied Paris and deported with one of his sons to Weimar and Buchenwald. For Buchenwald cannot be reached without first passing through Weimar. This was eight months before the end of the war. Halbwachs died in the Little Camp at Buchenwald, just four weeks before the war ended, succumbing to the effects of his imprisonment. A final gift from Halbwachs is given to us by writer Jorge Semprún, who encountered Halbwachs in the Little Camp and witnessed his last days and hours. Semprún’s words continue to act as a precious legacy for future generations.
Weimar and Buchenwald – we always try to keep the two places distinct from one another. But with Halbwachs, this is impossible. He first came to Buchenwald, and now he has come to Weimar. In doing so, he challenges the logic of clearly separated places and their respective »frameworks of memory«. I wish to thank Frank Eckardt for his meticulous, long-standing research on Halbwachs, which has provided the foundation for today’s remembrance initiative. Historical research and remembrance are mutually dependent, but are not the same. Historical research contributes to general knowledge, but doesn’t necessarily contribute to learning from history. That is the responsibility of remembrance: to tell and interpret history so that it reaches audiences in the present day, allowing them to embrace it and include it in their own histories.
There are a few important distinctions to make between historical research and the culture of memory, which I will briefly summarise: Historical research may attract the interest of the public, but it doesn’t have to; it develops in the protected sphere of academia as a dialogue between scholars. The culture of memory, in contrast, is a broad term that encompasses many dimensions. This includes state mandates, rituals, and scientific, literary, and artistic contributions to culture. Its domain is the public sphere together with its media, but it also relies on schools, education, political awareness, and —crucially — independent local civil society initiatives.
The term »remembrance« should never, though it often is, be reduced to individual personal experience. Historical research can only begin its work once history is completed— that is to say, in the past. From the perspective of memory, however, the past is not yet complete; it remains open to the present and the future. This is precisely what we are experiencing today: the history of Maurice Halbwachs, concluded in Buchenwald, has reached us in Weimar right now while simultaneously opening up a new future. He has been brought from Buchenwald to Weimar in the university's largest public auditorium. This means: his story is not over; it has become a universally accessible memory. Each student who sits in this auditorium is participating in this history, connecting it to the future and including everyone who will ever teach or learn in this room.
[1] Ist die Zeit aus den Fugen? Aufstieg und Fall des Zeitregimes der Moderne. Munich: Hanser, 2013.
[2] Was ist eine Nation? und andere politische Schriften, Wien, Bozen 1995, S. 57. Engl. translation: »What is a Nation«, in Nationalism in Europe from 1815 to the Present: A Reader. Ed. Stuart Woolf. London: Routledge, 1996.
[3] Renan, 56.
[4] Eric Hobsbawm, On History. New York: New York Press, 1997: 270.
[5] Friedrich Nietzsche, 231.
[6] Nietzsche, Friedrich. Beyond Good and Evil 1886 Aphorism 68.
Translation: Kathryn Arsenault
Lorsque Jan Assmann et moi avons commencé à travailler sur le concept de 'mémoire culturelle' dans les années 1970 et 1980, nous avions un principe directeur que nous avons trouvé chez l'historien de la culture néerlandais Johan Huizinga : « L'histoire est la forme mentale par laquelle une société rend compte de son passé ».
Nous étions alors assez seuls dans notre mouvement de recherche. De plus, le concept de mémoire culturelle n'entrait pas du tout dans le cadre de la société ouest-allemande d'après-guerre. Les quatre premières décennies qui ont suivi la fin de la guerre ont été marquées par la politique de rupture de Konrad Adenauer et Helmut Kohl. Rétrospectivement, ce fut l'époque de l'oubli et du silence, du pardon et de la réconciliation.
Dans les sociétés ouest-allemande et est-allemande d'après-guerre, il existait à l'époque une alliance tacite du silence non seulement sur les nazis, mais également sur les victimes de l'Holocauste. Le gouvernement ouest-allemand a d'ailleurs été soutenu dans cette attitude par les puissances victorieuses. Dans un discours prononcé à Zurich en 1946, Winston Churchill soulignait : « Si l'Europe doit être sauvée d'une calamité sans fin et d'une destruction définitive, nous devons la fonder sur un acte de foi en la famille européenne et sur un acte d'oubli de tous les crimes et de toutes les erreurs du passé ».
A l'Ouest comme à l'Est régnait alors le 'régime temporel de la modernité' . Cela signifiait que l'on attendait tout de l'avenir et rien du passé. « [l‘Allemagne,] Relevée des ruines et tournée vers l'avenir » - c'est ainsi que commençait l'hymne national de la RDA. L'avenir était synonyme de départ, de renouveau, d'innovation et de progrès. Ces notions-clés politiques faisaient partie d'une culture de la modernisation avec laquelle on misait à l'Ouest sur l'émancipation et la liberté ainsi que sur un développement rapide de la technique et de la prospérité. De part et d'autre de la frontière inter-allemande, la croyance illimitée dans les promesses et les potentiels d'un avenir inépuisable allait de pair avec la rupture avec les traditions et le passé. Il n'est donc pas étonnant que la notion de 'mémoire culturelle' ait d'abord suscité l'incompréhension.
Lorsque l'on est seul avec ses idées, on se met alors à chercher d'éventuel.les allié.es et des esprits apparentés dans l'Histoire. Une partie importante de nos premières recherches sur une notion élargie de la mémoire a donc été consacrée au travail sur la généalogie de cette notion, ce qui nous a très vite amené.es vers l‘histoire de la fin du 19ème et du début du 20ème siècle.
Benedict Anderson nous a appris que nous ne devons pas comprendre les nations comme des entités naturelles, mais comme des 'communautés imaginées' et des constructions historiques changeantes. La force de conviction et d'impact des États-nations ne réside donc pas seulement dans leur constitution politique, leur organisation économique et leur structure administrative, mais aussi dans un contenu de représentation émotionnelle que les habitants d'un pays partagent entre eux. En 1882, cent ans avant Benedict Anderson, l'orientaliste et théoricien de la culture français Ernest Renan a publié son essai 'Qu'est-ce qu'une nation' , toujours d'actualité. Il fut le premier à s'intéresser au rôle de la mémoire collective dans le processus de construction d'une nation. Dans la langue du 19ème siècle dont il disposait, Renan parlait encore d'une « âme » de la nation. Nous traduirions aujourd'hui ce concept typique de l'époque de l'âme de la nation par 'identité' ou 'image de soi de la société'. Selon Renan, l'identité collective et l'image de soi qui en découlent sont soutenues par une mémoire commune : « Ce qui fait la nation, c’est la possession en commun d'un riche legs de souvenirs ». Et d'ajouter : « Ce qui fait l'essence d'une nation, c'est que tous les individus ont quelque chose en commun et qu‘ils ont aussi oublié beaucoup de choses » .
A l'époque, Renan n'écrivait pas sur la nation en général, mais bien sur la nation française dix ans après la guerre perdue contre l'Allemagne de 1870/71. Il était donc très conscient de l'importance des émotions dans ce processus lorsqu'il soulignait : « En fait de souvenirs nationaux, les deuils valent mieux que les triomphes ». Et il a complété cette idée de la manière suivante : « L'oubli commun est un trait essentiel dans la construction d'une nation et c'est pourquoi l'écriture de l'histoire peut devenir un problème pour la nation ». L'historien Eric Hobsbawm a encore pointé du doigt cette idée lorsqu‘Ernest Renan a écrit : « Getting history wrong - c'est-à-dire : falsifier l'histoire - est un facteur essentiel pour la formation d'une nation » .
Renan avait ainsi clairement défini le domaine complexe de la mémoire nationale : elle soutient l'identité d'un groupe, elle est déterminée par les émotions et elle procède de manière extrêmement sélective. Et en marge de son exposé apparaît déjà le conflit permanent auquel nous sommes confrontés jusqu'à aujourd’hui : celui entre la construction de la mémoire et la recherche historique.
A la même époque, Friedrich Nietzsche a mené une réflexion fondamentale sur la construction et l'impact d'une mémoire collective. Il écrivit également après la guerre franco-allemande, dans ce cas du côté des vainqueurs, bien qu'il interpréta la victoire militaire de l'Allemagne plutôt comme une défaite culturelle. Tout comme Renan, Nietzsche a écrit contre un ennemi dans ses réflexions sur la mémoire nationale. Mais pour lui, ce n'était pas la France, mais l'historicisme, ou plus précisément les sciences historiques établies dans les universités au 19ème siècle. En tant que professeur de philologie classique à Bâle, Nietzsche avait lui-même participé à cette évolution vers une société moderne du savoir avec des disciplines de plus en plus différenciées. Il considérait avec inquiétude le développement d'une multiplication non dirigée et illimitée du savoir et craignait que la masse diffuse de savoir positiviste produite par les sciences historiques ne détruise quelque chose de très précieux, à savoir l'horizon de formation qui soutient l'image qu'un individu ou un groupe a de lui-même et qui lui donne un sens, une signification, une pertinence et une orientation.
Tout comme Renan, qui considérait déjà l'historien comme un problème pour la construction de la mémoire nationale, Nietzsche a défini la mémoire collective en opposition à la recherche historique académique qui, selon lui, vise à dissoudre les obligations et les convictions fondamentales d'un collectif. Nietzsche constate avec inquiétude que « le savoir historique afflue de sources inépuisables, l'étranger et l'incohérent se pressent, la mémoire ouvre toutes ses portes. (...) Tous les poteaux-frontières sont abattus et tout ce qui a été se précipite vers l'homme » .
Une mémoire qui ouvre toutes ses portes n'est plus une mémoire. Certes, les archives scientifiques ne sont pas non plus illimitées, mais il existe tout de même deux différences importantes entre la mémoire de stockage des archives et la mémoire fonctionnelle de la nation : les archives offrent beaucoup plus de place pour toutes sortes d'informations et, plus important encore, leurs limites se déplacent en permanence avec de nouvelles questions et tâches, théories et perspectives. Il en va tout autrement de la mémoire collective : elle est déterminée par les gardiens qui séparent ce qui est pertinent de ce qui ne l'est pas, ce qui est vital de ce qui est arbitraire et surtout : ce qui est lié à l'identité de ce qui ne l'est pas. Sans un 'nous', quelle que soit sa composition, sans un concept d'identité et de point de vue dans l'histoire, sans distinction et sans perspective - Nietzsche parlait de 'caractère' et de 'formation d'horizon' - il peut donc très bien y avoir un accroissement permanent du 'savoir', mais justement pas de 'mémoire'.
La vision opposée de Nietzsche à l'expansion culturelle du savoir était l'homme éduqué qui ne se laisse pas écraser par le savoir sauvegardé, mais qui est capable de limiter lui-même son savoir et de le mettre au service de la vie. Cette capacité à endiguer le flot de connaissances pour soi-même et à se construire un horizon de connaissances utile à la vie, Nietzsche la considérait comme la conquête la plus importante de l'éducation.
Le troisième dans notre galerie des ancêtres de la mémoire était le sociologue Maurice Halbwachs. Au même moment que d'autres penseurs et artistes éminents comme Freud et Proust, Halbwachs s'est consacré dans les années 1920 à la dynamique de la mémoire, mais il ne l'a pas fait dans le contexte d'une théorie de la psyché individuelle, mais dans le contexte d'une théorie de la société. En tant que sociologue empirique, il ne s'intéressait pas à l'individu isolé et à sa vie intérieure, mais aux relations sociales dans lesquelles la mémoire et l'oubli des individus s'inscrivent dès le départ. Comme Halbwachs l'a clairement montré, la société s'étend profondément dans l'individu avec les cadres sociaux du souvenir. Je cite : « Aucun souvenir n'est possible en dehors des cadres sociaux que les individus adoptent dans une société, dont dépend ce dont ils se souviennent et ce dont ils ne se souviennent pas ». Il ne pensait pas comme Renan et Nietzsche de haut en bas, mais de bas en haut. Il en conclut qu'un homme absolument seul ne peut pas du tout former de mémoire, car celle-ci ne se développe en général qu'avec l'établissement de relations sociales. Cela signifie non seulement que nous ne sommes pas totalement seuls avec nos souvenirs, mais aussi que nous dépendons d'autres personnes qui complètent ou confirment nos souvenirs.
Selon Halbwachs, se souvenir est une forme vitale de communication sociale. L'échange de souvenirs permet de créer des réseaux de relations entre les groupes qui partagent un fonds commun de connaissances et d'expériences.
Halbwachs a complété ces idées importantes par son concept de 'cadre social'. Le cadre social est le point de contact décisif entre la mémoire et l'oubli. Tel un cadre photo, le cadre social inclut quelque chose et exclut beaucoup, mais les cadres sociaux ne sont pas statiques, ils changent et doivent sans cesse être confirmés ou renégociés.
La mémoire nationale suit en général une logique simple d'oubli, lisible dans les monuments et les symboles de l'espace public. A Paris, par exemple, certaines stations de métro portent le nom des victoires de Napoléon, comme 'Iéna' ou 'Austerlitz'. Ce qui serait cependant totalement impensable à Paris, c'est une station de métro portant le nom de 'Waterloo'. En revanche, il est possible de monter dans cette station à Londres. En d'autres termes, la mémoire de la nation commémore les victoires et 'oublie' les défaites de l'histoire, même si celles-ci sont documentées par les livres d'histoire.
Ces questionnements sont étroitement liés aux émotions, qui sont le pilier et le moteur de la mémoire. Alors que la fierté, le désir de reconnaissance et une image positive de soi déterminent le choix de ce dont on se souvient, des sentiments comme la culpabilité et la honte sont responsables de l'exclusion et du refoulement de contenus mémoriels. Nietzsche le savait déjà parfaitement et l'avait résumé dans un aphorisme concis :
"J'ai fait cela", dit ma mémoire.
- "Impossible !" dit mon orgueil, et il s'obstine.
En fin de compte, c'est la mémoire qui cède."
Pendant longtemps, la mémoire nationale s'est limitée à une portion glorieuse, honorable ou du moins acceptable. Face à un passé coupable ou traumatisant, il n'y avait généralement que trois rôles sanctionnés dans la grammaire de la mémoire nationale : celui du vainqueur qui a vaincu le mal, celui du résistant et du martyr qui a lutté contre le mal, et celui de la victime qui a subi passivement le mal. Ce qui se trouvait au-delà de ces positions et de leurs perspectives ne pouvait pas du tout, ou très difficilement, faire l'objet d'un récit accepté et était donc 'oublié' au niveau officiel. « La mémoire collective simplifie », écrit Peter Novick, « elle voit tout d'une seule et même perspective, chargée d'émotions. Elle ne peut pas supporter l'ambivalence et réduit les événements à des archétypes ». (Novick 1999, 4)
On ne peut surestimer l'importance des cadres sociaux et politiques dans la construction de la mémoire collective. Tant qu'ils ne sont pas contestés, ils passent inaperçus, car ils soutiennent alors les normes et les valeurs intériorisées par le groupe. Mais les constellations historiques peuvent changer, comme nous l'avons vu après 1990. A l'époque, il y avait des signes clairs que cette grammaire de la mémoire nationale pouvait également évoluer, dans le sens de la devise formulée par Johan Huizinga : « L'histoire est la forme mentale par laquelle une société rend compte de son passé ».
Le philosophe polonais Leszek Kolakowski a formulé ce principe encore plus clairement : « Nous apprenons de l'histoire pour reconnaître, autour de nous, les visages de ceux qui en ont le plus souffert ».
Cette phrase marquante me revient en mémoire à l'occasion de la commémoration et de la cérémonie d'aujourd'hui à l'université Bauhaus de Weimar. Nous découvrons l'histoire de Maurice Halbwachs, un éminent savant du 20ème siècle et un grand Européen, connaisseur de la culture et de la langue allemandes. En juillet 1944, il a été arrêté dans Paris occupé, et déporté avec l'un de ses fils par la Gestapo à Weimar et Buchenwald, car on ne pouvait pas atteindre Buchenwald sans passer par Weimar. C'était huit mois avant la fin de la guerre. Dans le petit camp de Buchenwald, Halbwachs est mort des suites de sa détention à peine quatre semaines avant la fin de la guerre. Le dernier cadeau nous a été offert par l'écrivain Jorge Semprun, qui a rencontré Halbwachs au Petit Camp et est devenu le témoin de ses derniers jours et de ses dernières heures. Les mots de Semprun restent un héritage précieux pour la postérité.
Weimar et Buchenwald - nous essayons toujours de distinguer ces deux lieux. Mais avec Halbwachs, ceci est impossible. Car il est d'abord venu à Buchenwald, et maintenant il vient aussi à Weimar. Il déjoue ainsi la logique des lieux clairement séparés et de leurs « cadres de mémoire » respectifs. Je voudrais remercier Frank Eckardt pour ses recherches méticuleuses et de longue haleine sur Maurice Halbwachs, qui ont donné naissance à cette initiative actuelle sur la mémoire. La recherche historique et la mémoire sont interdépendantes, mais sont bien différentes. L'étude de l'histoire sert à la connaissance générale, mais pas nécessairement à tirer des enseignements de l'histoire. C'est là que réside le devoir de la mémoire : raconter et interpréter l'histoire de manière à ce qu'elle atteigne des destinataires dans le présent, qui l'acceptent et en fassent un élément de leur propre histoire.
Il existe quelques différences importantes entre la recherche historique et la culture de la mémoire, que je résumerai ici en guise de conclusion. La recherche historique peut susciter l'intérêt général, mais pas nécessairement ; elle se développe dans l'espace protégé de la science comme une discussion entre collègues. La culture de la mémoire, en revanche, est un terme générique qui englobe de nombreuses dimensions. Elle comprend les directives et les traditions au niveau étatique ainsi que les suggestions culturelles issues de la science, de la littérature et de l'art. Elle se fonde également sur l'école, l'éducation, la formation politique et existe à travers des initiatives locales indépendantes de la société civile, qui en sont un élément indispensable.
La notion de 'mémoire' ne devrait donc en aucun cas être réduite, comme c'est souvent le cas, à ce qui a été vécu par soi-même. La recherche historique ne peut commencer son travail que lorsque cette période de l’Histoire est terminée, c'est-à-dire passée. Dans la perspective de la mémoire, en revanche, le passé n'est pas encore clos, il est ouvert sur le présent et l'avenir. C'est exactement ce que nous vivons ici et aujourd'hui : l'histoire de Maurice Halbwachs, achevée à Buchenwald, nous rejoint à Weimar dans le présent et ouvre en même temps un nouvel avenir. Il a été transféré de Buchenwald à Weimar, dans le plus grand auditorium public de l'université. Cela signifie que son histoire se poursuit ; elle devient ainsi un souvenir accessible à toutes et à tous. Chaque étudiant.e assis.e dans l'auditorium participe à cette histoire qui s'étend vers l'avenir, y compris tous.tes celles et ceux qui enseigneront et apprendront dans cette salle à l’avenir.
[1] Ist die Zeit aus den Fugen? Aufstieg und Fall des Zeitregimes der Moderne. Munich: Hanser, 2013.
[2] Was ist eine Nation? und andere politische Schriften, Wien, Bozen 1995, S. 57. Engl. translation: »What is a Nation«, in Nationalism in Europe from 1815 to the Present: A Reader. Ed. Stuart Woolf. London: Routledge, 1996.
[3] Renan, 56.
[4] Eric Hobsbawm, On History. New York: New York Press, 1997: 270.
[5] Friedrich Nietzsche, 231.
[6] Nietzsche, Friedrich. Beyond Good and Evil 1886 Aphorism 68.
Traduction: Hélène Dal Farra
Forschungsleiter, Centre Maurice Halbwachs
On 23 July 1944, Maurice Halbwachs, aged 67, was arrested in Paris by the Gestapo. He was charged with having protected his son Pierre, who had been arrested just a few days before for his involvement with the Resistance. A few months earlier, Halbwachs’ father-in-law, Victor Basch, President of the International League for Human Rights, and his wife had been brutally murdered by the French militia.
The deportation to Buchenwald would prove to be both long and humiliating. In the camp, Halbwachs, like many others, was subjected to forced labour from dawn to dusk. Despite being regularly beaten and poorly fed, he survived for several months. After being hospitalized once in August and recovering, he succumbed during a second hospitalization to cachexia and dysentery after three weeks. He died of exhaustion on 16 March 1945.
For Wolf Lepenies, Maurice Halbwach will be remembered as both a participant in and a victim of the armed conflicts between France and Germany, conflicts that are now part of the past. Halbwachs' death, as someone who was not a fighter, reminds us that wars are not only manifestations of military force but, as Wolf Lepenies emphasizes, echoing Halbwachs' contemporary, philosopher Julien Benda, also »cultural wars«.
With the resurgence of dubious claims about »clashes of civilizations«, »decivilization«, and the rise of oppressive and authoritarian democracies, the intellectual and political commitment of Maurice Halbwachs merits renewed attention.
Maurice Halbwachs’ life spanned the most recent conflicts between France and Germany: namely the Franco-Prussian War of 1870. He was born in Reims in 1877, but his father was originally from Alsace and was a German teacher who had opted for French nationality in 1871.
And then the two world wars: 1914-1918 and 1939-1945.
From birth, Halbwachs was immersed in German language and culture. After earning a degree in philosophy in 1901, he spent quite a lot of time in Germany and Austria.
A convert to sociology, his work was enriched by reading German economists, sociologists, and philosophers. Halbwachs quickly became a bridge between the two cultures while remaining wholly French. His patriotism did not, however, detract from his internationalist and European convictions, and he maintained close ties with Germany and its intellectual circles throughout his life.
It is not my wish here to paint a portrait of a great French intellectual, but rather to focus on Maurice Halbwachs’ relationship with German language and culture: What he learned from Germany, what he unlearned during the First World War, how he invested in Franco-German reconciliation up until the National Socialist rupture, and how, until the very end—even to the point of delusion—he maintained his attachment to a German vision of science and culture.
What did Maurice Halbwachs learn from Germany? Two key things: The study of social classes, in particular the working class, inspired by the German economists; and the methodology of German statisticians, whose statistical practices were more advanced than those in France, and they provided reliable data for the development of an empirical and rational sociology.
In 1903–1904, Halbwachs went to Göttingen as a French language instructor to conduct philosophical research on Leibniz, which was of interest to Henri Bergson, Halbwachs’ philosophy professor at Lycée Henri IV and the École normale supérieure. While involved in a project to edit Leibniz’s complete works—which ultimately did not materialize—Halbwachs encountered ideas that shaped his philosophy of knowledge. Rejecting Leibniz's metaphysics and theology, he was drawn to his nominalist approach and appreciation for scientific and human experience. The inventor of infinitesimal calculus taught Halbwachs to free himself from rigid historical materialism, modernize his socialist convictions, understand society as a creator of collective and individual memories, enrich his rationalist philosophy, and strengthen his European perspective. Halbwachs dedicated this first volume to him, giving it the simple title of »Leibniz«. Published in 1907, Halbwachs later revised the text and republished an expanded version in 1928.
In Göttingen, Halbwachs also explored German socialism at a time when it was splitting into two opposing factions: Marxism and social democracy. He was not a Marxist himself, but aligned with Bernstein's revisionist positions, dedicating two major articles to him in the »Revue philosophique« in 1905. These articles were pivotal for shaping his research on social classes and his perspective of science and activism. He also engaged with the works of German economists such as Werner Sombart, Gustav Schmoller, and Karl Bücher, whose ideas he helped to introduce in France, primarily through Émile Durkheim’s journal, »L’Année sociologique«, where Halbwachs became a close and loyal collaborator.
During a later stay in Berlin in 1909, Halbwachs familiarized himself with the German university system by attending Gustav Schmoller’s lectures. Seeking to learn from German statisticians, he met Heinrich Silbergeist and Johannes Feig at the Imperial Statistical Office. The two helped him understand the city's administrative structures, valuable for his research on urban sociology and the working class.
Halbwachs did not come to Germany as just a scholar; he was also a socialist activist, joining the SFIO (French Section of the Workers’ International) in 1906. He was interested in Marxism, met with socialist activists, and wrote articles on the German labour movement for »L’Humanité«, a newspaper founded and directed by Jean Jaurès. After writing an article on the suppression of a workers' strike, Halbwachs was expelled from Germany. He then moved to Vienna for the final months of his mission, where he engaged with economists who represented a more theoretical and abstract school of thought, in contrast to the historicist Berlin school.
Following his stays in Paris, Halbwachs turned his attention to the sociology of working-class consumption, which he approached with a distinctly statistical focus to define the working class. In 1909, he defended his law thesis titled »Les expropriations et le prix des terrains à Paris (1860-1900)«. Then in 1913, he defended his thesis »La classe ouvrière et les niveaux de vie. Recherches sur la hiérarchie des besoins dans les sociétés industrielles contemporaines«, the first thesis on the first thesis on the working class. This ethnographic study of workers’ daily lives was enriched by a fresh analysis of household budgets. Finally, in line with the French academic model, he defended a complementary thesis, »La théorie de l’homme moyen. Essais sur Quételet et la statistique morale«.
When war broke out in August 1914, and especially in the wake of the assassination of Jaurès, Halbwachs found himself in a painful dilemma. Although a pacifist, he ultimately rallied to the Sacred Union but remained an internationalist and refused to renounce his admirations. He wrote to his wife: »I owe too much to German thought, I have too much intellectual sympathy for them. I instinctively side with those who knew (or know?) how to remain free from narrow and brutal chauvinism, to remain citizens of the world, especially today.«
He recognized, however, that the moment did not lend itself to being what he referred to as »pro Germania«, particularly after he had learned of the warmongering declaration of the 93 German scientists and artists, who were engaging in a cultural war in the name of Goethe, Kant and Beethoven. Halbwachs remarked: I have always thought that in the event of war human nature becomes deeply distorted; I regret that our qualities and faults do not develop more fully by blending with one another.«
A staunch Germanophile who had learned so much from Germany, Halbwachs was now forced to »unlearn« from Germany, in the words of Belgian historian Henri Pirenne, another passionate advocate of Germanic culture and science.
Refusing to surrender to aggressive nationalism, he based his hopes on the fact that this war would be the last, that it was »directed against war« and that it would put an end to militarism by giving the people control over their future. However, his optimism was often shaken by moments of despair. Exempted from military service due to vision problems, he regretted not having »been at the front«. Like others, he was initially fascinated by the notion of sacrifice, the risk of death, and the test of courage—a »physical and precarious life, akin to a return to uncivilized forms where human nature is rejuvenated and reasserted«.
While idealising a more dramatic, brutal and savage reality, Halbwachs approached the war as both a sociologist and a socialist activist. He saw the war as a »full-scale sociological and political laboratory«, which he sought to understand and analyse using all available sources: letters, objects, and especially photographs.
Like historian Marc Bloch, who was mobilised at the front, Halbwachs distrusted propaganda, the reliability of testimonies, and false news. The discovery of atrocities at the front, which were not mere propaganda but grim realities, shook his optimism but did not undermine his »Germanophilia« or his convictions in the virtues and necessity of intelligence and the universality of science. As a socialist activist, Halbwachs remained committed to spreading the spirit of socialism to prevent the »national defence movement« from being co-opted. He believed the war would result in a more just and fraternal world, a »democracy reformed and purified by war«.
In 1916, he joined the ministerial office of his socialist friend Albert Thomas, Minister for Armaments. According to historian Annette Becker, Halbwachs remained a staunch socialist during the war, even as his sister embraced militant pacifism.
Halbwachs remained vigilant against the excesses of the German socialists, denouncing their »abject dealings to impose an armistice or a botched peace«.
His negative opinion of Russia softened slightly after the February Revolution, though he remained sceptical: »An astonishing experiment by a great nation without a government. [...] Nothing good will come of this anarchy for us, but also nothing outright bad.« »In truth, their revolution lacks true grandeur; there is no altruistic concern for the salvation of the nation or for the future of democracy«, although Halbwachs did acknowledge that the Bolshevik revolution would definitively transform the future.
When Halbwachs returned to Nancy after Albert Thomas’s resignation, he became acutely aware of the repression and humiliation that the German occupation had imposed over the past thirty years.
Appointed to a chair of sociology in Strasbourg in 1919 (the second in France, after Émile Durkheim’s), Halbwachs joined a team of professors who shared a spirit of renewal, collaboration, and, notably, Franco-German reconciliation.
Strasbourg had played a central role in the »cultural war« between France and Germany.
In 1870, the Bismarck Reich had built a new university there as a symbol of its scientific and intellectual supremacy. In 1919, victorious France sought to reclaim it, equipping the university with exceptional resources to achieve this goal.
Halbwachs succeeded Georg Simmel, who had been removed from Berlin in 1914 for refusing to engage in Pan-German propaganda. At the University of Strasbourg, German language and culture retained their importance in this new cultural climate. Halbwachs welcomed his German colleagues and even taught in Mainz at a French institution.
The 1925 Locarno Agreements ushered in a period of reconciliation following the years of tension (as described by American historian Robert Paxton), allowing intellectual exchanges to flourish again. In 1928, Halbwachs and his psychologist colleague Charles Blondel participated in the Davos courses organised by Gottfried Salomon to promote intellectual reconciliation.
Resuming his role as intermediary between the two countries, Halbwachs focussed on publishing in France rather than Germany, where he published a single article in the »Jahrbuch für Soziologie« in 1926 on social classes. In this article, he reviewed the report on his thesis written by the Austrian finance minister Robert Meyer. The report recognised Halbwachs’ work as a genuine scientific exploitation of the data.
Halbwachs focused mainly on German economics and economic sociology, reviewing more than 58 German works for various French journals, though this was modest compared to Émile Durkheim, who had reviewed over 200. Halbwachs was just as interested in English works (52 titles).
He was especially interested in one »very German German«, whom he had never met: Max Weber. Halbwachs became the leading French commentator on Weber’s work, which Durkheim had, curiously, entirely ignored.
In 1924, in »l’Année sociologique«, Halbwachs reviewed the seminal »Grundriss der Sozialökonomik«, which had been written before the war under the direction of Max Weber. He paid most attention to the 3rd section, which was written by Weber. Halbwachs was intrigued by the »ideal-typical« method of the German economist, who »tirelessly divides, subdivides, and combines the categories he has distinguished« to create a »conceptual equivalent«, the ideal type. And even if this »taxonomic method«, applied with virtuosity, sometimes risks exceeding its purpose, he acknowledges that »behind this somewhat uncertain approach, one can at least discern a fairly accurate sense of the shortcomings of traditional concepts«.
Referring also to his now famous analyses of »bureaucratisation«, Halbwachs questioned the economist perspective of Weber, which he judged to be too rationalist, despite Weber's efforts to place economic facts in the context of social life.
In 1925, Halbwachs he provided a lengthy summary for »la Revue philosophique« of the theses »l’Ethique protestante et l’esprit du capitalisme«. He was the first to introduce these ideas to French readers, accompanied by studies from the theologian Ernst Troeltsch. Halbwachs rejected the positions of Werner Sombart and those of Lujo Brentano, which he considered to be »of little significance«.
That same year, in »L’Année sociologique«, he discussed »Gesammelte Aufsätze zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte« as well as »Wirtschaftsgeschichte«, and opposed Sombart while supporting Weber’s theses on the Puritan origins of capitalism.
In 1929, he chose another publication, a historical one this time, to present an extensive account of Weber’s life and work, based on the biography written by Weber’s wife. This journal, of which he became an important contributor, was »Annales d’histoire économique et sociale«, founded in Strasbourg by historians Lucien Febvre and Marc Bloch, with whom he maintained an important intellectual friendship that began with their arrival in Strasbourg.
Halbwachs was fascinated by Weber's personality and his immense capacity for adaptation, always »putting his ideas to the test«: »Each time he completed a project, he seemed to find a new reason to go even further.«
»Weber was not a desk-bound sociologist. You could say that wherever he saw people gathered around a work or an idea, he went and joined them.« Halbwachs also endeavoured to be an urban sociologist, enriching his work through visits and photographic reports.
Clearly, his interest in German sociology was selective. Apart from Weber, whom he admired, and Sombart, whom he criticized, he also took note of Karl Mannheim, Georg Simmel—who he referred to as »a talented sociologist« —and philosopher Ernst Cassirer.
However, he disapproved of German sociology’s attachment to theory and indifference to reality, its hostility to empiricism, and its enthusiasm for grand sociological systems, exalted metaphysical flights, and affected spiritualism.
Halbwachs also read the classics in full and often in first editions, which were sometimes recommended to him by his father-in-law Victor Basch: Fichte, Goethe, Herder, but also Schopenhauer’s »Le Monde comme volonté«. Though he considered the philosopher Nietzsche somewhat old fashioned, he read his »Human, All Too Human« and, during the war, »Was ist Deutsch?« as well as Hegel’s »Phenomenology of Spirit«.
But what is German sociology? Halbwachs did not agree with Raymond Aron's assessment that both French and German sociologies »express, each in its own way, the ›national soul‹«, an idea that clashes »with the beliefs of those who see sociology as a science and not a philosophy«.
Conversely, German sociologists dismissed French sociology for its rationalism and, of course, its inability to grasp the »essence« of phenomena.
Starting in the 1930s, though, German sociology took a turn.
Many sociologists, including Sombart, applauded the coming to power of the Nazis, seeing it as an opportunity for »German sociology«, which, with the notions of »community« and »people«, would be able to free itself from the influence of »foreign« forms of sociology, and which, thanks also to the many institutes created by the Nazis, would offer a greater number of esteemed positions.
In his analysis of Sombart’s »Deutscher Sozialismus«, Halbwachs noted this »curious transformation of an economist who, as we know, once lyrically celebrated capitalism and the vibrant life of modern societies, but now preaches a return to ›the good old days‹«.
From that point on, German sociology of the era, represented by figures like Hans Freyer and Helmut Schelsky, was defined by teaching »social knowledge and analysis of the present to understand the new reality realised through the ›national-socialist revolution‹«. Maurice Halbwachs quickly realised that this kind of sociology defined itself by simply inverting the traits of its adversaries: Francophiles, Jews, progressives, democrats, rationalists, socialists, cosmopolitans... Franz Böhm, one of the sociologists who supported this ›German sociology‹, said that »German sociology will not be all that, but strictly its opposite«.
Alongside fascism in Italy, National Socialism in Germany radically reshaped the landscape: the cultural battle became a war against democracy and the Enlightenment. The intellectuals of the pre-1914 cultural fight for freedom—Freud, Proust, Bergson, Thomas Mann, Stefan Zweig—who inspired the author of »On Collective Memory«, had been replaced by professional propagandists, totalitarian spokespeople in Russia, Italy, and now Germany.
The Durkheimians could not have foreseen how the temptations of totalitarianism would threaten modern societies with a return to barbarism.
After Hitler’s rise to power in 1933, Halbwachs acted as an interlocutor, a recourse and sometimes a help for many German sociologists persecuted by Nazism: among others members of the Frankfurt School, as well as Adorno, Max Horkheimer, Gottfried Salomon, Paul Honigsheim, Norbert Elias, Karl Manheim, Alfred Schutz, the list goes on...
Halbwachs, who wrote extensively on demography, migration, and foreigners, rejected the mystique of blood and soil; he could not accept the idea of »the German people united behind Nazi leaders« in »a community of faith and combat united in spirit and will«.
In 1933, he published a short article on the Jewish population in Germany. In 1937, he dedicated three pages in the »Annales« to the finances of National Socialism, and in 1939, he wrote about about hygiene policies and the totalitarian state. In a 1940 article, he noted with a certain irony that »the history of proselytism also explains paradoxical phenomena, namely that Berlin Jews, based on blood tests, are purer Europeans than the Germans themselves«.
In 1939, he published »La mémoire collective chez les musiciens«. A follow-up to his major 1925 work »On Collective Memory«, the publication responded to the ideological uses of Wagner by the Nazis and explored the role of mass media in totalitarian propaganda, from Italian fascism through Nazism to Stalinism, in the form of radio and film propaganda.
Halbwachs joined the Watchfulness Committee of Antifascist Intellectuals in Paris after the far-right demonstrations of February 1934. While not an active militant, he remained a vigilant and deeply concerned observer. In 1938, following the Czechoslovakian crisis, he wrote: »This is a warning, both for other nations and for ourselves. Let us hope that people understand that a world war would ultimately benefit neither of them.«
During the war, Halbwachs was not an active fighter with the Resistance, but joined the »réseau d’information Thermopyles«, set up by former students of the École Normale Supérieure. According to one of its organizers, René Zazzo, Halbwachs »had all the intellectual and moral qualities of a resistor; he was a patriot in words and deeds, but clearly lacked the skills necessary for clandestine activity—disguises, deception, cunning«.
Halbwachs was arrested in Paris on 23 July, shortly after being appointed to the Collège de France, while helping his Jewish wife evade the police. At Buchenwald, he became involved in the camp's intellectual life, giving lectures on Marx and the falling birth rate in Germany, about which he knew a great deal.
I believe that today, we ought to resist the ritualistic temptation of commemoration and the »duty to remember«. Annette Becker has noted the absence of war in the sociology of memory, but this absence is also understandable given that Halbwachs’ concept of collective memory differs from the notion that has dominated since the 1990s, marked by the »duty to remember« and identity fantasies.
Pierre Bourdieu, in a moving tribute, urged us not to celebrate Halbwachs among the vanished heroes, as that would erase him a second time by accepting his disappearance:
»We must pick up the fight where he left it, without forgetting the violence that defeated him, and which we must try to understand.« (Pierre Bourdieu)
This struggle lies in the questions Halbwachs raised about social classes, collective memory, and religious representations. Today, these questions challenge us once again in different terms and in a new social and political context: the erosion of democracy and the collapse of the social frameworks that define societies. These frameworks continue to unravel and decay; collective memory is reduced to alienated expressions of identity and social communication is subjected to the sordid manipulations of social media, and religious thought is abandoned to the worst fanaticisms.
During all this backlash to democracy, Halbwachs was a sociologist. Today, we can read him as a perceptive whistleblower.
Thank you for your attention.
Weimar, 4 December 2024
Translation: Kathryn Arsenault
Le 23 juillet 1944, Maurice Halbwachs, âgé de 67 ans, est arrêté à Paris par la Gestapo, sous le prétexte d’avoir protégé son fils Pierre. Celui-ci avait été arrêté quelques jours auparavant pour fait de résistance. Quelques mois plus tôt, son beau-père Victor Basch, président de la Ligue internationale des droits de l’homme et sa femme avaient été sauvagement assassinés par la milice française.
La déportation vers Buchenwald sera longue et humiliante. Au camp, avec tant d’autres, astreint aux travaux forcés, de l’aube au soir, régulièrement frappé, mal nourri, Maurice Halbwachs survit plusieurs mois. Hospitalisé une première fois en août et rétabli, il ne résiste pas plus de trois semaines à une seconde hospitalisation pour cachexie et dysenterie. Il meurt d’épuisement le 16 mars 1945.
Pour Wolf Lepenies, Maurice Halbwachs restera notamment dans les mémoires comme un acteur et une victime des conflits armés entre la France et l'Allemagne, qui appartiennent désormais au passé. La mort de Maurice Halbwachs, qui ne fut pas un combattant, nous rappelle que les conflits ne sont pas que des manifestation de force militaire mais aussi et surtout, comme le dit encore Wolf Lepenies, reprenant une expression d’un contemporain d’Halbwachs, le philosophe Julien Benda, des «guerres culturelles».
Avec le retour des proclamations douteuses des «conflits de civilisation», de la «décivilisation», mais aussi avec l’émergence des démocraties illibérales et autoritaires, l’engagement intellectuel et politique de Maurice Halbwachs méritent à nouveau le détour.
La vie de Maurice Halbwachs traverse les derniers conflits entre la France et l’Allemagne : indirectement celui de 1870. Il est né à Reims en 1877, mais son père était d’origine alsacienne : professeur d’allemand, il avait opté pour la France en 1871.
Puis les deux guerres mondiales : 1914-1918 et 1939-1945.
Dès sa naissance, il se nourrit de la langue et de la culture allemande. Agrégé de philosophie en 1901, il effectue plusieurs séjours en Allemagne et en Autriche.
Converti à la sociologie, son œuvre s’enrichit des lectures des économistes et des sociologues allemands mais aussi des philosophes. Il devient rapidement un passeur entre les deux cultures, mais il reste complètement français. Son patriotisme n’entame pas ses convictions internationalistes et européennes. Il ne cesse d’entretenir et de maintenir des relations privilégiées avec l’Allemagne et les milieux intellectuels allemands.
Je me propose ici non pas de vous présenter le portrait d’un grand intellectuel français, je vais me concentrer sur les relations que Maurice Halbwachs a entretenu avec la langue et la culture allemande. Ce qu’il a appris de l’Allemagne d’abord, ce qu’il a désappris lors de la première guerre, ce qu’il a investi ensuite dans la réconciliation franco-allemande jusqu’à la rupture national-socialiste, comment il a conservé jusqu’au bout, jusqu’à l’illusion, son attachement à une conception de la science et de la culture allemande.
Qu’est-ce que Maurice Halbwachs a appris de l’Allemagne ? Deux choses : l’étude des classes sociales, en particulier de la classe ouvrière, en s’inspirant des travaux des économistes allemands. Puis, deuxième apprentissage, le travail des statisticiens allemands – les statistiques en Allemagne sont plus développées qu’en France, auxquelles il demande des données fiables pour élaborer une sociologie empirique et rationaliste.
Il se rend d’abord à Göttingen en 1903-1904, comme lecteur de français, pour des recherches philosophiques sur Leibniz qui intéressent Henri Bergson, son professeur de philosophie au Lycée Henri IV et à l’Ecole normale supérieure. Rattaché à un projet d’édition des œuvres complètes qui n’aboutira pas, Halbwachs y puise des éléments de sa philosophie de la connaissance. Rejetant la métaphysique et la théologie de Leibniz, il est séduit par son nominalisme, son sens de l’expérience scientifique et humaine. L’inventeur du calcul infinitésimal lui apprend à se libérer d’une forme de matérialisme historique, à moderniser ses convictions socialistes, à comprendre que la société est mémoire, créatrice des mémoires particulières, à nuancer et enrichir sa philosophie rationaliste, à renforcer sa pensée européenne. Il lui consacre un premier ouvrage, intitulé simplement Leibniz, publié en 1907, qu’il retravaille et republie en 1928 dans une version augmentée.
Halbwachs est aussi venu à Göttingen pour se confronter au socialisme allemand au moment où il se divise en deux courants antagonistes : marxiste et social-démocrate. Il n’est pas marxiste, il souscrit aux positions révisionnistes de Bernstein et lui consacre deux grands articles dans la Revue philosophique en 1905, décisifs pour l’orientation de ses recherches sur les classes sociales et sa conception de la science et de l’engagement. Il rencontre également les travaux des économistes, Werner Sombart, Gustav Schmoller, Karl Bücher et d’autres qu’il contribue à faire connaître en France, principalement dans la revue d’Emile Durkheim, L’Année sociologique dont il devient l’un des proches et fidèles collaborateurs.
Au cours d’un nouveau séjour à Berlin en 1909, il découvre et s’initie au système universitaire allemand en suivant les cours de Gustav Schmoller. Il veut également apprendre des statisticiens allemands : à l’Office statistique impérial, il rencontre Heinrich Silbergeist et Johannes Feig qui lui permettent de comprendre les structures administratives de la ville ; celles-ci l’intéressent pour ses recherches sur la sociologie urbaine et la classe ouvrière.
Halbwachs n’est pas venu en Allemagne seulement en savant mais aussi en militant socialiste, il a adhéré à la SFIO en 1906. Il s’intéresse au marxisme, rencontre des militants socialistes, rédige des articles sur le mouvement ouvrier allemand pour le journal L’Humanité, fondé et dirigé par Jean Jaurès. A la suite d’un article sur la répression d’une grève ouvrière il est expulsé du pays. Il s’installe alors à Vienne pour les derniers mois de sa mission.
Il poursuit sa familiarisation avec des économistes qui représentent un autre courant, plus théorique et abstrait, concurrent de l’école historiciste berlinoise.
A la suite de ses séjours, Halbwachs infléchit ses travaux vers la sociologie de la consommation ouvrière à laquelle il donne une empreinte plus nettement statistique et par laquelle il définit la classe ouvrière. En 1909, il soutient sa thèse en droit sur Les expropriations et le prix des terrains à Paris (1860-1900), et en1913 sa thèse de lettres sur La classe ouvrière et les niveaux de vie. Recherches sur la hiérarchie des besoins dans les sociétés industrielles contemporaines, première thèse sur la classe ouvrière, ethnographie de la vie quotidienne des ouvriers nourrie par une lecture renouvelée des budgets de famille. Il soutient enfin, selon le modèle universitaire français, une thèse complémentaire, La théorie de l’homme moyen. Essais sur Quételet et la statistique morale.
La déclaration de guerre en aout 1914, l’assassinat de Jaurès surtout, plonge Halbwachs dans un cruel dilemme. Pacifiste, il se rallie finalement à l’union sacrée mais demeure internationaliste et refuse de « renoncer à [ses] admirations». A sa femme, il écrit : « Je dois trop à la pensée allemande, j’ai trop de sympathie intellectuelle pour eux. Je me rattache instinctivement à ceux qui surent (savent ?) êtes libres du chauvinisme étroit et brutal, et rester citoyen du monde, surtout aujourd’hui. »
Toutefois il est conscient que le moment ne se prête guère à ce qu’il appelle un «pro Germania», surtout lorsqu’il prend connaissance de la déclaration belliciste des 93 scientifiques et artistes allemands qui s'engagent dans une guerre culturelle au nom de Goethe, Kant et Beethoven. Halbwachs constate : « j’ai toujours pensé qu’en cas de guerre la nature des peuples se déformait à fond, et je regrette que nos qualités et nos défauts ne s’épanouissent pas plus en se pénétrant.»
Germanophile convaincu qui a tant appris de l’Allemagne, il est contraint de désapprendre de l’Allemagne selon l’expression de l’historien belge Henri Pirenne, lui aussi passeur passionné de culture et de science germanique.
Refusant de céder au nationalisme belliqueux, il fonde son espoir que cette guerre sera la dernière, qu’elle est « dirigée contre la guerre» et qu’elle mettra fin au militarisme en donnant aux peuples la maîtrise de leur avenir. Son optimisme est souvent ébranlé par des moments de désespoir. Réformé pour des problèmes de vue, il regrette de ne pas «avoir été au feu», il est d’abord, comme d’autres, fasciné par l’idée du sacrifice, le risque de la mort, l’épreuve du courage, «la vie physique et hasardeuse, comme un retour à des formes d’incivilisation où la nature humaine se rajeunit et se redresse.»
Idéalisant une situation nettement plus dramatique, brutale et sauvage, Halbwachs se confronte à la guerre comme sociologue et comme militant. La guerre constitue un « laboratoire sociologique et politique grandeur nature» qu’il s’efforce d’appréhender et d’analyser en utilisant toutes les sources, les lettres, les objets, les photographies surtout.
Comme l’historien Marc Bloch, lui mobilisé au front, il se méfie du bourrage de crâne, de la véracité des témoignages, des fausses nouvelles. La découverte des atrocités sur le front qui ne sont pas propagande mais une réalité ébranlent son optimisme mais n’entament ni sa «germanophilie» ni ses convictions dans les vertus et les nécessités de l’intelligence et de l’universalisme de la science. Le militant socialiste demeure convaincu de l’urgence de son devoir : diffuser l’esprit du socialisme pour empêcher la confiscation du «mouvement patriotique de défense nationale». De la guerre ressortira un monde plus juste et plus fraternel, une « démocratie réformée et purifiée par la guerre.»
Il rejoint alors – en 1916 - le cabinet ministériel de son ami socialiste Albert Thomas, ministre de l’armement. Il restera selon la formule d’Annette Becker « indéfectiblement un socialiste dans la guerre» alors que sa sœur optera pour un pacifisme militant.
Face aux dérives des socialistes allemands, Halbwachs demeure vigilant : il s’insurge contre leurs tractations abjectes « pour imposer un armistice ou une paix fourrée».
Sa vision de la Russie, très négative, est un peu modifiée par la révolution de février qui le laisse cependant sceptique : « Expérience étonnante d’une grande nation qui n’a pas de gouvernement. […] De cette anarchie il ne sort rien de bon pour nous, mais aussi rien de franchement mauvais.» « Au vrai, leur révolution est sans réelle grandeur : on ne sent aucun souci généreux de salut de la nation et de l’avenir de la démocratie» mais il reconnait que la révolution bolchévique va aussi définitivement transformer l’avenir.
Lorsqu’il retourne à Nancy après la démission d’Albert Thomas, il prend conscience de l’ampleur de la répression et des humiliations que l’occupation allemande a imposé depuis trente ans.
Nommé à Strasbourg en 1919, dans une chaire de sociologie (la deuxième en France après celle d’Emile Durkheim, décédé en 1917), Halbwachs intègre une équipe de professeurs réunis pour la plupart par un même esprit de renouveau, de collaboration, et pour ce qui nous concerne, de réconciliation franco-allemande.
Strasbourg avait été au cœur de la «guerre culturelle» qui opposait la France et l’Allemagne.
En 1870, le Reich bismarckien y avait construit une nouvelle université, symbole de sa suprématie scientifique et intellectuelle, qu’en 1919, la France victorieuse entendait reconquérir. L’université dotée de moyens exceptionnels devait en être l’un des instruments.
Halbwachs succède à Georg Simmel, éloigné de Berlin en 1914, qui avait refusé de faire de la propagande pangermanique. A l’université de Strasbourg, la langue et la culture allemande dans un contexte nouveau y conserve une importance primordiale, Halbwachs y accueille ses collègues allemands, il enseigne à Mayence dans une institution française.
En 1925, les accords de Locarno ouvrent une «période de conciliation» qui succède aux «années de crispation» (selon la formule de l’historien américain Robert Paxton) et les échanges peuvent à nouveau se multiplier. Halbwachs et son collègue psychologue Charles Blondel sont au rendez-vous des cours de Davos organisés dans un esprit de réconciliation intellectuelle par Gottfried Salomon dès 1928.
Halbwachs reprend, poursuit, son travail de passeur entre l’Allemagne et la France surtout – il publie peu en Allemagne – un seul article dans le Jahrbuch für Soziologie en 1926 sur les classes sociales. Il y revient sur le compte rendu de sa thèse rédigé par le ministre autrichien des finances Robert Meyer qui reconnaissait dans son travail une véritable exploitation scientifique des données que pouvait souhaiter un statisticien.
Halbwachs retient principalement l’économie et la sociologie économique allemandes, analysant pour diverses revues françaises plus de 58 ouvrages allemands. Il faut relativiser car Durkheim en avait recensé plus de 200, et Halbwachs s’intéresse autant aux travaux de langue anglaise (52 ouvrages).
C’est en particulier un auteur, «allemand très allemand», qu’il ne rencontrera jamais qui l’intéresse : Max Weber. Il devient le principal commentateur en France de son œuvre curieusement complètement ignorée par Durkheim.
En 1924 dans l’Année sociologique, il rend compte du fondamental « Grundriss der Sozialökonomik », entrepris avant la guerre sous la direction de Max Weber. C’est d’ailleurs à la 3e section rédigée par Weber qu’il porte le plus d’attention. Intrigué par la méthode «idéal-typique» de l’économiste allemand, qui «infatigablement divise, subdivise et combine les catégories qu’il a distinguées» pour lui faire correspondre un «équivalent conceptuel», l’idéal-type. Et même si cette « méthode taxinomique», appliquée avec une telle virtuosité, risque quelques fois de dépasser le but», il admet que «derrière cette conception un peu incertaine, on devine du moins un sens assez juste de l'insuffisance des notions traditionnelles».
Retenant également ses analyses désormais très célèbres sur la «bureaucratisation», Halbwachs interroge la perspective économiste qu’il juge trop rationaliste de Weber qui s’est pourtant efforcé de replacer les faits économiques dans le courant de la vie sociale.
En 1925, dans la Revue philosophique il résume longuement les thèses de l’Ethique protestante et l’esprit du capitalisme qu’il est le premier à présenter au lecteur français, en les accompagnant des études du théologien Ernst Troeltsch, rejetant par ailleurs les positions de Werner Sombart et celles, qu’il juge «sans grande portée», de Lujo Brentano.
La même année il discute dans l’Année sociologique, les Gesammelte Aufsätze zur Sozial und Wirtschaftgeschichte ainsi que la Wirtschaftsgeschichte et contre Sombart, il soutient les thèses de Weber sur les origines puritaines du capitalisme.
En 1929, il choisit une autre publication, historienne celle-là, pour présenter longuement la vie et l’œuvre de Weber à partir de la biographie publiée par sa femme. Cette revue dont il devient un collaborateur important s’intitule Annales d’histoire économique et sociale, elle est créée à Strasbourg, par les historiens Lucien Febvre et Marc Bloch, avec lesquels il entretient depuis leur arrivée à Strasbourg une amitié intellectuelle critique.
Halbwachs est fasciné par la personnalité de Weber, par sa grande capacité d’adaptation, ne cessant jamais de «mettre ses idées à l’épreuve» : « Chaque fois qu'il terminait un projet, il semblait trouver une nouvelle raison d'aller encore plus loin.»
« Weber n’était pas un sociologue de cabinet. On peut dire que partout où il a aperçu des hommes rassemblés autour d’une œuvre ou d’une idée, il est allé se mêler à leur groupe.» Halbwachs s’est lui aussi efforcé d’être un sociologue dans la cité, enrichissant ses travaux par des visites et des reportages photographiques.
A l’évidence, son intérêt pour la sociologie allemande demeure sélectif. Hormis Weber qu’il admire et Sombart qu’il critique, il retient encore Karl Mannheim, Georg Simmel « un sociologue de talent», Ernst Cassirer, qui est philosophe.
De la sociologie allemande, il désapprouve cependant l’affection pour la théorie et l’indifférence à la réalité, l’hostilité à l’empirisme et le goût pour les systèmes sociologiques, les envolées métaphysiques exaltées, le spiritualisme affecté.
Halbwachs lit aussi les classiques dans le texte et souvent dans des éditions originales, que lui conseille parfois son beau-père Victor Basch : Fichte, Goethe, Herder, mais aussi Schopenhauer, Le Monde comme volonté. De Nietzsche, ce philosophe une peu «dépassé», il lit Humain, trop humain, et pendant la guerre, du même, Was ist Deutsch et de Hegel, La phénoménologie de l’esprit.
Mais qu’est-ce que la sociologie allemande ? Il n’approuve pas l’appréciation de Raymond Aron pour qui les deux sociologies «française et allemande expriment bien l’une et l’autre “l’âme nationale”, qui heurte « le sentiment de ceux qui croient que la sociologie est une science et non une philosophie».
De manière symétrique d’ailleurs, la sociologie française, aux yeux des sociologues allemands, est dépréciée pour son rationalisme, et bien sûr son incapacité d’accéder à « l’essence » des phénomènes.
La sociologie allemande, à partir des années trente, c’est désormais autre chose.
Nombre de sociologues, dont Sombart, applaudissent en effet l’arrivée au pouvoir des nazis, ils y voient une chance pour la « sociologie allemande » qui, avec les notions de « communauté » et de « peuple », pourra se dégager de l’influence de sociologies « étrangères », et qui, grâce aussi aux nombreux instituts que créent les nazis, offre un plus grand nombre de places appréciées.
Analysant Deutscher Sozialismus, de Sombart, Halbwachs relève ce «curieux avatar d’un économiste qui, on le sait, célébra jadis avec lyrisme le capitalisme, la vie intense des sociétés modernes, et prêche maintenant le retour au « bon vieux temps ».»
Dès lors, la sociologie allemande, qui comprend des auteurs comme Hans Freyer et Helmut Schelsky qui prônent «l'enseignement social et l'analyse du présent en vue de la nouvelle réalité qui s'est réalisée avec la “révolution nationale-socialiste”». Maurice Halbwachs comprend vite que cette sociologie-là se définit par une simple inversion des propriétés de ses adversaires : les francophiles, les juifs, les progressistes, les démocrates, les rationalistes, les socialistes, les cosmopolites...: « la sociologie allemande ne sera pas tout cela mais strictement son contraire », dit Franz Böhm, un des sociologues partisans de cette « sociologie allemande-là.
Le national-socialisme en Allemagne comme le fascisme en Italie bouleversent complètement la donne : la guerre culturelle devient une guerre contre la démocratie et les Lumières. Les intellectuels de la grande bataille culturelle pour la liberté grâce à la mémoire, ceux d’avant 1914, Freud, Proust, Bergson, Thomas Mann, Stefan Zweig, qui ont inspiré l’auteur des Cadres sociaux de la mémoire collective, ces intellectuels ont disparu au profit des professionnels du bourrage de crâne, des propagandistes totalitaires, en Russie, en Italie et désormais en Allemagne.
Les durkheimiens n'avaient pas prévu à quel point les tentations du totalitarisme menaçaient les sociétés modernes de retomber dans la barbarie.
Après la prise du pouvoir par Hitler en 1933, Halbwachs agit comme un interlocuteur, un recours et un secours parfois pour de nombreux sociologues allemands persécutés par le nazisme : les membres de l’école de Francfort, et d’autres, Adorno, Max Horkheimer, Gottfried Salomon, Paul Honigsheim, Norbert Elias, Karl Manheim, Alfred Schutz, la liste est longue…
Halbwachs qui écrit sur la démographie, les étrangers, les migrations ne peut accepter la mystique du sang et du sol ; il ne peut accepter de considérer « le peuple allemand uni derrière des chefs nazis » dans «une communauté de foi et de combat unie en esprit et en volonté ».
En 1933 il publie un court texte sur «La population juive en Allemagne » ; en 1937, trois pages, toujours dans les Annales, consacrées aux « finances du national-socialisme » ; en 1939, un texte sur « Les politiques de l’hygiène et l’État totalitaire», dans un autre texte qui parait en 1940, il note, avec une certaine ironie, que «L’histoire du prosélytisme explique aussi des phénomènes paradoxaux, à savoir que les juifs de Berlin, par exemple, sont d’après l’examen de leur sang des Européens d’un type plus pur que les Allemands eux-mêmes.»
En 1939, il publie La mémoire collective chez les musiciens. L’étude fait suite à son grand livre sur Les Cadres sociaux de la mémoire collective, paru en 1925, elle est aussi une réponse aux usages idéologiques de Wagner par le nazisme et une réflexion nouvelle sur l’utilisation des médias de masse par la propagande totalitaire, depuis le fascisme italien jusqu’au stalinisme en passant par le nazisme, sous forme de propagande radiophonique et cinématographique.
Halbwachs avait adhéré au Comité de vigilance des intellectuels antifascistes créé à Paris au lendemain des manifestations de l’extrême droite de février 1934, toutefois dans les années trente, même s’il n’est pas un militant actif, il demeure un observateur vigilant mais aussi très inquiet : en 1938, après la crise de la Tchécoslovaquie, il écrit : « C’est en tout cas un avertissement, aussi bien d’ailleurs pour les autres nations que pour nous-mêmes. Souhaitons que les peuples comprennent que la guerre mondiale ne servirait en définitive aucun d’eux.»
Pendant la guerre, il n’est pas un résistant combattant, il adhère au réseau d’information Thermopyles, créé par d’anciens élèves de l’Ecole normale supérieure, mais comme l’écrira l’un de ses organisateur, René Zazzo, Halbwachs, « s’il avait toutes les qualités intellectuelles et morales du résistant, s’il était patriote en paroles et en actes, [il] était évidemment dépourvu de toutes les aptitudes qui permettaient aux clandestins de se camoufler, de se transformer, de ruser.»
Halbwachs est arrêté à Paris alors qu’il aidait sa femme juive à fuir la police, le 23 juillet, quelques semaines après sa nomination au Collège de France. A Buchenwald, il s’implique dans la vie intellectuelle du camp, il donne des conférences, notamment sur Marx, mais aussi sur la baisse de la natalité en Allemagne qu’il connaissait très bien.
Nous devons je crois résister aujourd’hui à la tentation du rituel commémoratif et du « devoir de mémoire ». Annette Becker s’est étonnée de l’absence de la guerre dans la sociologie de la mémoire, cette absence se comprend aussi dès lors que Halbwachs n’avait pas de la mémoire collective la même conception qui s’est imposée et nous a envahi depuis les années 1990 sous le sceau du « devoir de mémoire » ou des phantasmes identitaires.
Pierre Bourdieu, dans un très bel hommage, nous a invité à ne pas célébrer Halbwachs parmi les héros disparus, ce qui reviendrait à le faire disparaître une seconde fois, en acceptant le fait de sa disparition.
« Il s'agit de reprendre le combat où il l’a laissé, et cela sans oublier la violence qui l’a vaincu, et qu'il faut aussi essayer de comprendre.» (Pierre Bourdieu)
Ce combat tient notamment dans les questions posées par Halbwachs sur les classes sociales, sur la mémoire collective, les représentations collectives religieuses. Ces questions nous interpellent à nouveau aujourd’hui en d’autres termes et dans un contexte social et politique nouveau : l’érosion de la démocratie, l’effondrement des cadres sociaux qui définissent les sociétés. Ces cadres ne cessent de se délier, de se déliter, la mémoire collective de se réduire à des expressions identitaires aliénées, la communication sociale d’être livrée aux manipulations sordides des réseaux sociaux, la pensée religieuse abandonnée aux pires fanatismes.
De tous ces contretemps démocratiques, Halbwachs a été le sociologue, nous pouvons le lire aujourd’hui comme un lucide lanceur d’alerte.
Je vous remercie de votre attention.
Weimar, 4 décembre 2024
Am 23. Juli 1944 wurde der damals 67-jährige Maurice Halbwachs in Paris von der Gestapo verhaftet, vorgeblich, weil er seinem Sohn Pierre Zuflucht gewährt hatte, der selbst einige Tage zuvor wegen seiner Mitgliedschaft in der Résistance festgenommen worden war. Wenige Monate zuvor waren sein Schwiegervater Victor Basch, Vorsitzender der internationalen Liga für Menschenrechte, und dessen Frau auf grausame Weise von Mitgliedern der mit den Deutschen kooperierenden französischen Miliz ermordet worden.
Die Deportation nach Buchenwald war langwierig und entwürdigend. Im Lager widerstand Halbwachs der Zwangsarbeit, zu der man ihn mit so vielen anderen von morgens bis abends nötigte, den regelmäßigen Schlägen, der schlechten Nahrung nur wenige Monate. Im August kam er ein erstes Mal in die Krankenbaracke, die er notdürftig wiederhergestellt wieder verließ; den zweiten Aufenthalt dort wegen Schwindsucht und Ruhr überlebte er nur um drei Wochen. Am 16. März 1945 starb er an Erschöpfung.
Für Wolf Lepenies bleibt Maurice Halbwachs eben deshalb im Gedächtnis: Weil er eine Rolle in der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland spielte und weil er dieser Auseinandersetzung zum Opfer fiel – einer Auseinandersetzung, die inzwischen der Vergangenheit angehört. Der Tod von Halbwachs, der ja kein Soldat war, erinnert uns daran, dass Konflikte nicht nur in militärischer Gewalt ihren Ausdruck finden, sondern dass sie auch und vor allem »Kulturkriege« sind – so Lepenies mit den Worten eines Zeitgenossen von Halb-wachs, des Philosophen Julien Benda.
Die fragwürdige Rede vom Clash of Civilizations oder von der ›Entzivilisierung‹, die heute allenthalben wieder zu hören ist, aber auch das Aufkommen illiberaler und autoritärer Demokratien machen es lohnenswert, sich noch einmal dem intellektuellen und politischen Engagement von Halbwachs zuzuwenden.
Das Leben von Maurice Halbwachs verläuft parallel zu den letzten großen Konflikten zwischen Frankreich und Deutschland; zunächst indirekt zu dem von 1870: Er wurde 1877 in Reims geboren, sein Vater, der Deutschlehrer war, stammte jedoch aus dem Elsass und hatte sich 1871 für Frankreich entschieden. Dann, ganz direkt, zu den beiden Weltkriegen: 1914-1918 und 1939-1945.
Die deutsche Sprache und Kultur nahm er schon mit der Muttermilch auf. Nach der agrégation in Philosophie im Jahr 1901 hielt er sich dann mehrfach länger in Deutschland und Österreich auf.
Die Hinwendung zur Soziologie führte dazu, dass sein Werk sich aus der Lektüre deutscher Autoren aus dem Bereich der Wirtschaftstheorie und der Soziologie, aber auch der Philosophie speist. Bald war er zum Grenzgänger zwischen den Kulturen geworden – auch wenn er dabei ganz und gar französisch blieb. Sein Patriotismus trübte jedoch in keiner Weise seine internationalistischen und europäischen Überzeugungen: Er ließ nie ganz davon ab, Beziehungen zu Deutschland und zu den intellektuellen Milieus in Deutschland aufzubauen und diese Beziehungen zu pflegen.
Statt Ihnen im Folgenden den großen französischen Intellektuellen vorzustellen, werde ich mich daher in meinem Vortrag auf eben diese besonderen Beziehungen konzentrieren, die Maurice Halbwachs zur deutschen Sprache und zur deutschen Kultur unterhielt – und zwar zunächst mit Blick auf das, was er von Deutschland gelernt hat, dann mit Blick auf das, was er zur Zeit des Ersten Weltkriegs gewissermaßen wieder verlernt hat und schließlich mit Blick auf das, was er für die Versöhnung zwischen Franzosen und Deutschen getan hat: bis diese Geschichte mit dem Nationalsozialismus abbricht. Selbst dann noch hat er, bis zur Verblendung, an einer bestimmten Vorstellung von deutscher Wissenschaft und Kultur festgehalten.
Was hat Maurice Halbwachs von Deutschland gelernt? Vor allem zweierlei: Erstens das Interesse an den sozialen Klassen, und zwar, angeregt von den Arbeiten der deutschen Wirtschaftstheoretiker, insbesondere an der Arbeiterklasse. Und zweitens die Statistik, denn die Arbeit der deutschen Statistiker ist zu dieser Zeit weiter entwickelt als die der französischen Kollegen, und hier findet Halbwachs zuverlässige Daten, die es ihm erlauben, eine empirisch und rationalistisch fundierte Soziologie auszuarbeiten.
Von 1903 bis 1904 ging er zunächst als Französischlektor nach Göttingen, um dort zu Leibniz zu forschen, der seinen Philosophielehrer am Lycée Henri IV und an der École normale supérieure, Henri Bergson, so sehr interessierte. Durch seine Mitarbeit an der Herausgabe des Gesamtwerks (die unabgeschlossen blieb) erschloss er sich die Grundlagen seiner eigenen Philosophie des Bewusstseins. Während er Metaphysik und Theologie verwarf, zeigte er sich umso empfänglicher für den Leibniz’schen Nominalismus und seine Ausrichtung auf die wissenschaftliche wie menschliche Erfahrung. Der Erfinder der Infinitesimalrechnung regte ihn dazu an, seine sozialistischen Überzeugungen zu überdenken, indem er sich vom historischen Materialismus löste; mit seiner Hilfe verstand er, dass die Gesellschaft ein Gedächtnis ist, das die Erinnerung einzelner allererst hervorbringt; dank seiner konnte Halbwachs das rationale Denken schärfen, weiter anreichern und ›europäisieren‹. Er widmete ihm denn auch sein erstes Buch mit dem schlichten Titel Leibniz, das erstmals 1907 erschien und 1928 in überarbeiteter und ergänzter Fassung wiederveröffentlicht wurde.
Doch Halbwachs war auch deshalb nach Göttingen gekommen, um sich mit dem deutschen Sozialismus auseinanderzusetzen, und zwar genau in dem Moment, in dem dieser sich in zwei einander entgegengesetzte Strömungen aufspaltete, die marxistische und die sozialdemokratische. Er selbst war kein Marxist, sondern stimmte der revisionistischen Haltung Bernsteins zu, dem er zwei lange Artikel in der Revue philosophique von 1905 widmete, die entscheidend für die Ausrichtung seiner Forschung zu den sozialen Klassen und für sein Verständnis von Wissenschaft und Engagement waren. Hier traf er auch auf die Arbeiten der Wirtschaftstheoretiker – Werner Sombart, Gustav Schmoller, Karl Bücher und andere – zu deren Bekanntwerden in Frankreich er maßgeblich beitrug, vor allem über die von Émile Durkheim herausgegebene Zeitschrift L’Année sociologique, zu deren engsten und treusten Mitarbeitern er bald zählte.
Während eines Aufenthaltes in Berlin im Jahr 1909 nahm er an einem Seminar von Gustav Schmoller teil und lernte das deutsche Universitätssystem so aus eigener Anschauung kennen. Und auch von den deutschen Statistikern wollte er lernen: Am Kaiserlichen Statistischen Amt lernte er Heinrich Silbergeist und Johannes Feig kennen, die ihn mit den Verwaltungsstrukturen der Stadt vertraut machten, was Halbwachs besonders mit Blick auf seine Forschung zur Stadtsoziologie und zur Arbeiterklasse interessierte.
Halbwachs war aber, wie gesagt, nicht nur aufgrund seines wissenschaftlichen Interesses nach Deutschland gekommen, sondern auch, weil er hier als engagierter Sozialist Anschluss an die Sozialistische Internationale fand, deren französischer Sektion er 1906 beigetreten war. Er interessierte sich für den Marxismus, traf Mitglieder der Bewegung und verfasste für die von Jean Jaurès gegründete und weiterhin geleitete Zeitschrift L’Humanité Artikel über die deutsche Arbeiterbewegung. Ein Artikel über die Niederschlagung eines Arbeiteraufstands führte zu seiner Ausweisung aus Deutschland. Er ging daraufhin nach Wien, wo er seinen Auslandsaufenthalt abzuschließen gedachte, und wo er sich mit einer Spielart des Wirtschafsdenkens vertraut machte, die theoretischer und abstrakter war, als das der historisch orientierten Berliner Schule, mit dem es in Konkurrenz stand.
Nach seiner Rückkehr aus dem deutschsprachigen Ausland richtete Halbwachs seine Arbeit in der Soziologie neu aus und widmete sich, verstärkt auf der Grundlage statistischer Daten, der Frage nach der Beteiligung der Arbeiterklasse an der Konsumgesellschaft. 1909 verteidigte er eine Doktorarbeit in Jura zum Thema Enteignungen und Grundstückspreise in Paris (1860-1900). Dieser ersten folgte 1913 eine zweite, nun eher sozialwissenschaftlich ausgerichtete Doktorarbeit, und zwar, so wie es das französische Universitätssystem damals vorsah, in zwei sich ergänzenden Teilen: Der erste hat den Titel Arbeiterklasse und Lebensstandard. Untersuchung der Bedürfnishierarchie in den zeitgenössischen Industriegesellschaften, der zweite heißt Die Theorie des Durchschnittsmenschen. Versuch über Quételet und die moralische Statistik.
Die Kriegserklärung im August 1914 und vor allem die Ermordung von Jean Jaurès brachten Halbwachs in eine Zwickmühle. Obwohl er Pazifist war, unterstützte er schließlich den Burg-frieden der union sacrée – lehnte es als Internationalist jedoch ab, »seine Bewunderung für andere aufzugeben“. Seiner Frau schrieb er: „Zu viel verdanke ich dem deutschen Denken, zu groß ist meine intellektuelle Verbundenheit mit den Deutschen. Instinktiv geselle ich mich zu jenen, die es verstanden haben (und noch verstehen?), dem rüpelhaft engstirnigen Nationalismus abzuschwören und Weltbürger zu bleiben, gerade heute.«
Bei alldem war er sich aber vollständig darüber im Klaren, dass es nicht an der Zeit war, ein Bekenntnis »pro Germania« (wie er selbst sagte) abzulegen, zumal er zur Kenntnis nehmen musste, dass 93 deutsche Wissenschaftler und Künstler sich ihrerseits begeistert zum Krieg bekannten und im Namen Goethes, Kants und Beethovens den Kulturkampf ausriefen. Halb-wachs kommentierte dies wie folgt: »Mir war immer klar, dass sich im Kriegsfall die wahre Natur der Völker zeigt, und ich bedaure, dass unsere Vorzüge wie unsere Mängel sich nicht länger in gegenseitiger Durchdringung entfalten.«
Als überzeugter Germanophiler, der so viel von Deutschland gelernt hatte, sah er sich gezwungen, Deutschland gewissermaßen wieder zu ›verlernen‹, wie der belgische Historiker Henri Pirenne sagt, der der deutschen Kultur und Wissenschaft selbst zutiefst verbunden war.
Und dennoch weigerte sich Halbwachs, dem kriegerischen Nationalismus nachzugeben, in der Hoffnung, dass dieser Krieg der letzte sein würde, dass er sich letztlich »gegen den Krieg richten« und dem Militarismus ein für alle Mal ein Ende bereiten würde, indem er die Völker zu einer gemeinsamen, friedlichen Zukunft befähigt. Sein Optimismus wurde jedoch regelmäßig erschüttert von Momenten der Verzweiflung. Aufgrund eines Augenleidens vom Kriegsdienst freigestellt, bedauerte er, selbst nicht die Feuertaufe erhalten zu haben; wie so viele andere auch, war er zunächst durchaus fasziniert von der Vorstellung, ein Opfer zu bringen, sein Leben aufs Spiel zu setzen, seinen Mut zu beweisen, »zu einem rein physischen und riskanten Leben vor der Zivilisation zurückzukehren, durch das die menschliche Natur sich verjüngt und neu erstarkt.«
Halbwachs idealisierte die traurige, rohe und primitive Kriegswirklichkeit, um sich als Soziologe und politisch engagierter Zeitgenosse mit ihr auseinandersetzen zu können. Der Krieg war für ihn eine »gesellschaftliche und politische Versuchsanordnung in Originalgröße«, die er unter Rückgriff auf unterschiedlichste Hilfsmittel – Briefe, Alltagsgegenstände, und vor allem Fotografien – auswerten zu können glaubte.
Wie der Historiker Marc Bloch, der selbst an der Front gewesen war, hütete Halbwachs sich vor Indoktrination, vor dem Wahrheitsanspruch subjektiver Zeugenberichte, vor falschen Nach-richten. Als er von den entsetzlichen Verheerungen an der Front erfuhr, erschütterte die grausame Wahrheit seinen Optimismus, tat aber seiner Germanophilie genauso wenig Abbruch wie seiner Überzeugung von der Wirksamkeit und der Notwendigkeit einer der Intelligenz und dem Universalismus verpflichteten Wissenschaft. Der Parteigänger des Sozialismus blieb von der dringenden Notwendigkeit seiner Aufgabe überzeugt: den Geist des Sozialismus zu verbreiten, um die Vereinnahmung der »patriotischen Bewegung zur Verteidigung der Nation« zu verhin-dern. Für ihn war eben ausgemacht, dass aus dem Krieg eine gerechtere und brüderlichere Welt hervorgehen würde, eine »durch den Krieg erneuerte und geläuterte Demokratie«.
1916 trat er daher in die Dienste des Ministeriums für Kriegsführung, das von seinem Freund, dem Sozialisten Albert Thomas, geführt wurde. Während seine Schwester aktiv für den Pazifismus eintrat, blieb er gänzlich unerschüttert »ein Sozialist im Krieg« (so formuliert das Annette Becker). Umso wachsamer zeigte Halbwachs sich angesichts der Verirrungen der deutschen Sozialisten: über deren niederträchtige Machenschaften »zur Herbeiführung eines Waffenstillstands und also eines ›Schandfriedens‹« konnte er sich nur empören.
Sein sehr negatives Russlandbild hingegen wandelte sich ein wenig durch die Februarrevolution, auch wenn er skeptisch blieb: »Die ganz erstaunliche Erfahrung einer großen Nation, die keine Regierung hat. Diese Anarchie bedeutet nichts Gutes für uns, aber sie wird uns auch nicht schaden. […] Im Grunde ist ihre Revolution ohne wirkliche Größe: Man spürt keinerlei Sorge um das Wohl der Nation.« Dennoch erkannte er richtig, dass die bolschewistische Revolution den Lauf der Dinge nachhaltig verändern würde.
Als er nach dem Rücktritt von Albert Thomas wieder nach Nancy kam, trat ihm das ganze Ausmaß an Unterdrückung und Demütigung vor Augen, denen die Menschen hier seit dreißig Jahren durch die deutschen Besatzer ausgesetzt waren.
Als er 1919 auf den Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Straßburg berufen wurde – erst der zweite nach dem des 1917 verstorbenen Emile Durkheim – stieß er dort auf Kollegen, die sich durch ein gemeinsames Interesse an Erneuerung, an Zusammenarbeit und an der Versöhnung zwischen Franzosen und Deutschen verbunden wussten.
Straßburg hatte eine zentrale Rolle in dem »Kulturkrieg« gespielt, der Frankreich und Deutschland gegeneinander in Stellung gebracht hatte.
1870 hatte das Bismarckreich hier eine neue Universität errichtet, die Ausdruck der wissenschaftlichen und intellektuellen Überlegenheit der Deutschen sein sollte; 1919 gedachte Frank-reich diese Überlegenheit wieder für sich selbst zu beanspruchen, und die überdurchschnittlich gute Ausstattung der Universität sollte entscheidend mit dazu beitragen.
Halbwachs folgte auf Georg Simmel, der 1914 aus Berlin wegversetzt worden war, weil er sich der alldeutschen Propaganda verweigert hatte. Unter den veränderten Bedingungen blieben deutsche Sprache und Kultur an der Universität Straßburg von zentraler Bedeutung; Halbwachs lud seine deutschen Kollegen zu sich ein und lehrte selbst an einer französischen Hochschule in Mainz.
Durch die Verträge von Locarno kam es nach den »Jahren der Verspannung« (Robert Paxton) ab 1925 zu einer „Periode des Ausgleichs“ und auch der Austausch mit den Nachbarländern kam wieder in Gang. So nahmen Halbwachs und sein Kollege, der Psychologe Charles Blondel, an den Seminaren teil, die Gottfried Salomon mit dem Ziel der Versöhnung ab 1928 in Davos organisierte.
Halbwachs wurde wieder der französisch-deutsche Grenzgänger, der er einst gewesen war, auch wenn er wenig in Deutschland veröffentlichte: ein einziger Artikel über die sozialen Klassen erschien 1926 im Jahrbuch für Soziologie. Dort ging er auf eine Rezension seiner Doktorarbeit ein, in der der österreichische Finanzminister Robert Meyer ihm bescheinigte, die statistischen Daten mit aller wünschenswerten Stringenz für die Sozialwissenschaften produktiv gemacht zu haben.
Halbwachs blieb im Wesentlichen bei der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftssoziologie deut-scher Provenienz und rezensierte für verschiedene französische Zeitschriften ganze 58 deutsch-sprachige Beiträge aus diesem Bereich. Damit blieb er noch hinter den 200 Rezensionen von Durkheim zurück – auch wenn er sich auch für englischsprachige Publikationen interessierte (von denen er 52 rezensierte).
Vor allem ein Autor aber – »ein sehr deutscher Deutscher«, den er nie persönlich traf – hatte es ihm angetan: Max Weber. Dessen Werk – das an Durkheim erstaunlicherweise vorbeigegangen war – wurde durch Halbwachs in Frankreich bekannt.
1924 rezensierte er in L’Année soiciologique den tatsächlich grundlegenden »Grundriss der Sozialökonomik«, der schon vor dem Krieg unter der Leitung Max Webers in Angriff genommen worden war. Hier interessierte ihn vor allem die von Weber selbst verfasste dritte Abteilung. Was ihn besonders umtrieb, war dabei die „idealtypische“ Methode des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers, der »unermüdlich unterteilt und weiter unterteilt und die so unterteilten Kategorien neu zueinander in Beziehung setzt«, um hieraus dann ein begriffliches Äquivalent, eben den Idealtyp, abzuleiten. Und obschon diese rein »taxonomische Methode«, so virtuos Weber sie auch anwenden mochte, in seinen Augen zuweilen über ihr Ziel hinauszuschießen drohte, musste er doch eingestehen, dass »sich hinter dieser ein wenig unklaren Sicht auf die Dinge doch ein recht gesunder Sinn für die Unzulänglichkeit herkömmlicher Begriffe erahnen lässt«.
Ausgehend von den inzwischen berühmten Ausführungen zur »Bürokratisierung« stellte Halbwachs jedoch die ökonomistische Perspektive Webers aufgrund ihres Rationalismus auch kritisch in Frage, obschon dieser sich durchaus darum bemüht hatte, die ökonomischen Tatsachen in den Gesamtkontext des gesellschaftlichen Lebens einzulassen.
1925 ging er dann in der Revue philosophique ausführlich auf die Thesen der Protestantischen Ethik ein, die er auf diese Weise erstmals auch dem französischen Publikum erschloss, und die er in einen Zusammenhang mit den Studien des Theologen Ernst Troeltsch stellte – und dabei en passant die Positionen sowohl Werner Sombarts als auch Luji Brentanos (die er für »wenig weitreichend« hielt) verwarf.
Im selben Jahr besprach er in L’Année sociologique die Gesammelten Aufsätze zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und die Wirtschaftsgeschichte; dabei schloss er sich, wieder gegen Sombart, Webers These von den Ursprüngen des Kapitalismus im Puritanismus an.
1929 wählte er dann erstmals eine andere, geschichtswissenschaftlich orientierte Zeitschrift, um ausgehend von der von Webers Frau veröffentlichten Biografie detailliert Leben und Gesamt-werk des deutschen Soziologen vorzustellen. Diese Zeitschrift, zu deren regelmäßigen Beiträgern er bald gehören sollte, hieß Annales d’histoire économique et sociale und war in Straßburg von den ihm freundschaftlich verbundenen Historikern Lucien Febvre und Marc Bloch gegründet worden.
Halbwachs war fasziniert von Webers Persönlichkeit, von seiner großen Anpassungsfähigkeit, von der Tatsache, dass er das eigene Denken immer wieder »auf die Probe stellt«: »Sobald er mit einem Projekt ans Ende gelangte, schien er einen Grund zu finden, noch weiter zu gehen.«
»Weber blieb als Soziologe nicht in seinem Büro. Man kann sagen, dass er sich unter die Leute mischte, sobald diese sich irgendwo gemeinsam über ein Werk oder eine Idee beugten.« Halb-wachs war seinerseits bemüht, als Soziologe immer auch in die Öffentlichkeit zu gehen; er ergänzte seine Arbeit durch Besuche vor Ort und reicherte sie mit Fotomaterial an.
Es ist indes kaum zu übersehen, dass sein Interesse für die deutsche Soziologie stark selektiv blieb. Neben Weber, den er bewunderte, und Sombart, den er kritisierte, waren da noch Karl Mannheim, Georg Simmel, »ein Soziologe von einigem Talent«, Ernst Cassirer, der Philosoph.
Was ihm an der deutschen Soziologie jedoch missfiel, war ihre Vorliebe für die Theorie, ihr mangelndes Interesse an der Realität, ihre Ablehnung des Empirismus und ihre Schwäche für das soziologische Systemdenken, überspannte metaphysische Höhenflüge, affektierten Spiritualismus.
Halbwachs las übrigens die Klassiker im Original und nicht selten auch in der Erstausgabe, bisweilen auf Empfehlung seines Schwiegervaters, Victor Basch: Fichte, Goethe, Herder, aber auch Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. Von Nietzsche, diesem etwas »unzeitgemäßen« Philosophen, las er Menschliches, Allzumenschliches und, während des Krieges, Was ist deutsch?, von Hegel Die Phänomenologie des Geistes.
Den Faschismus bekämpfen. Schlechte Zeiten für die Demokratie
Aber was ist die deutsche Soziologie? Die Einschätzung von Raymond Aron, die französische wie die deutsche Soziologie seien »Ausdruck eines je besonderen Nationalgefühls«, teilte Halbwachs nicht, verletze sie doch »das Gefühl derer, die«, wie er, »glauben, dass die Soziologie eine Wissenschaft ist, und nicht eine Philosophie«.
Umgekehrt übrigens wurde die französische Soziologie von den deutschen Soziologen gerade wegen ihres Rationalismus und, natürlich, wegen ihrer Unfähigkeit, zum »Wesen« der Dinge vorzustoßen, wenig geschätzt.
Seit den dreißiger Jahren bedeutete „deutsche Soziologie“ nun jedoch zunehmend etwas anderes.
Zahlreiche Soziologen, unter ihnen Sombart, begrüßten den Machtantritt der Nationalsozialisten und sahen, mit diesem, die Zeit für eine »deutsche Soziologie« gekommen, die sich, durch Konzepte wie das der »Gemeinschaft« und das des »Volkes«, vom Einfluss »fremder« Soziologien freizumachen versprach, und die zudem, dank der vielen von den Nationalsozialisten neu eingerichteten Institute, mit einer großen Anzahl neuer Posten lockte.
In seiner Besprechung von Sombarts Deutschem Sozialismus wies Halbwachs denn auch ausdrücklich auf »die seltsame Wandlung eines Wirtschaftstheoretikers« hin, »der, wie man weiß, gestern noch das hohe Lied des Kapitalismus und des gesteigerten Lebensgefühls in den modernen Gesellschaften sang, und der jetzt die Rückkehr zur ›guten alten Zeit‹ predigt«.
Deutsche Soziologie hieß jetzt, mit Autoren wie Hans Freyer und Helmut Schelsky, Lobpreis »der gesellschaftlichen Anschauung und der Analyse der Gegenwart in Hinblick auf die neue Wirklichkeit, die von der ›national-sozialistischen Revolution‹ hervorgebracht wurde«. Maurice Halbwachs begriff schnell, dass eine solche Soziologie sich aus der simplen Umkehrung jener Eigenschaften herleitete, die sie ihren Gegnern unterstellte: den Franzosenfreunden, den Juden, den Fortschrittlichen, den Demokraten, den Vernunftmenschen, den Sozialisten, den Weltbürgern…: »Die deutsche Soziologie ist all dies nicht, sondern sein genaues Gegenteil«, so Franz Böhm, Soziologe und glühender Anhänger eben dieser »deutschen Soziologie«.
Wie der Faschismus in Italien, stellte der Nationalsozialismus in Deutschland die Verhältnisse auf den Kopf: Der Kulturkrieg wurde zu einem Krieg gegen Demokratie und Aufklärung. Die Intellektuellen der Vorkriegszeit, die sich – wie Freud, Proust, Bergson, Thomas Mann, Stefan Zweig – durchaus streitbar für das emanzipatorische Potential des Erinnerns eingesetzt hatten und den Autor der Cadres sociaux de la mémoire collective so maßgeblich beeinflussen sollten, diese Intellektuellen waren verschwunden und hatten längst den professionellen Vielwissern und Propagandisten des Totalitarismus Platz gemacht, in Russland, in Italien und neuerdings auch in Deutschland.
Die Durkheimianer hatten nicht kommen sehen, wie sehr die Versuchungen des Totalitarismus die modernen Gesellschaften in die Barbarei zurückwerfen würden.
Nach der Machtübergabe an Hitler im Jahr 1933 fand Halbwachs sich immer öfter in der Rolle des Zuhörers, der für zahlreiche vom Nazismus verfolgte Soziologen aus Deutschland ein offenes Ohr hatte: die Mitglieder der Frankfurter Schule, aber auch andere, Adorno, Max Horkheimer, Gottfried Salomon, Paul Honigsheim, Norbert Elias, Karl Mannheim, Alfred Schulz, die Liste ist lang.
Halbwachs, der über Demographie schrieb, über die Fremden und Migrationsbewegungen, konnte die Blut-und-Boden-Mystik schlechterdings nicht akzeptieren; es kam für ihn nicht in Frage, das »deutsche Volk« als »eine in Geist und Willen geeinte Glaubens- und Kampfgemeinschaft« zu begreifen, die »geeint hinter den Nazi-Führern steht«.
1933 veröffentlichte er einen kurzen Text über »Die jüdische Bevölkerung in Deutschland«; 1937, erneut in den Annales, drei Seiten, die den »Finanzen des Nationalsozialismus« gewidmet sind; 1939 einen Text über »Hygienepolitiken und der totalitäre Staat«. In einem weiteren Text von 1940 hielt er, nicht ohne Ironie, fest, dass »die Geschichte des Überläufertums auch so widersinnige Erscheinungen zu erklären mag wie die Tatsache, dass etwa die Berliner Juden laut ihrem Blutbild reinere Europäer sind als die Deutschen selbst.«
1939 veröffentlichte er Das kollektive Gedächtnis bei den Musikern. Die Studie, die an die 1925 erschienenen Cadres sociaux de la mémoire collective anschließt, war auch eine Antwort auf die Ideologisierung Wagners durch die Nationalsozialisten und eine Neubewertung des Gebrauchs von Massenmedien wie des Radios und des Kinos durch die totalitäre Propaganda, vom italienischen Faschismus über den Nazismus bis zum Stalinismus.
Wenn Halbwachs nach den Demonstrationen der extremen Rechten im Februar 1943 dem Pariser Wachsamkeitskomitee der antifaschistischen Intellektuellen beigetreten war, so war er doch in den 30er Jahren politisch nicht aktiv, und auch während des Krieges kämpfte er nicht aktiv für die Résistance; und wenn er auch zu dem von ehemaligen Schülern der École normale supérieure gegründeten nachrichtendienstlichen Netzwerk Thermopyles gehörte, war er, wie René Zazzo, einer der Betreiber dieses Dienstes, schrieb, »obschon er über die nötigen intellektuellen und moralischen Qualitäten des Résistant verfügte und in Wort wie Tat Patriot war, ganz offen-sichtlich nicht im Besitz von Fähigkeiten, die es ihm im Untergrund erlaubt hätten, sich zu tar-nen, sich zu verwandeln, sich zu verstellen.«
Halbwachs wurde am 23 Juli in Paris bei dem Versuch, seiner jüdischen Frau zur Flucht vor der Polizei zu verhelfen, verhaftet, nur wenige Wochen nach seiner Berufung an das Collège de France. In Buchenwald brachte er sich in das intellektuelle Leben ein, er hielt Vorträge, vor allem über Marx, aber auch über den Geburtenrückgang in Deutschland, ein Thema, mit dem er gründlich vertraut war.
Nun sollten wir aber, denke ich, der Versuchung gerade widerstehen, ein »Ritual des Gedenkens« zu zelebrieren und so etwas wie »Erinnerungsarbeit« zu leisten. Wenn Annette Becker ihrer Verwunderung darüber Ausdruck verleiht, dass der Krieg in der Gedächtnissoziologie praktisch nicht vorkommt, dann lässt sich diese Leerstelle vielleicht auch damit erklären, dass Halbwachs unter dem kollektiven Gedächtnis etwas ganz anders verstand als das, was uns seit den 1990er Jahren unter dem Begriff der »Erinnerungsarbeit« geläufig ist und dabei nur allzu häufig lediglich irgendwelchen identitätspolitischen Trugbildern Vorschub leistet.
Pierre Bourdieu hat uns in einer sehr schönen Hommage an Halbwachs dazu aufgefordert, diesen nicht als verschwundenen Helden zu feiern, weil dies darauf hinausliefe, ihn, indem wir die Tatsache seines Verschwindens akzeptieren, ein weiteres Mal zum Verschwinden zu bringen. »Es geht darum«, schreibt er, »den Kampf da wieder aufzunehmen, wo er die Waffen strecken musste, und dabei die Gewalt, die er überwunden hat, nicht nur nicht zu vergessen, sondern wo möglich auch zu verstehen.«
Dieser Kampf aber hat mit den Fragen zu tun, die Halbwachs sich mit Blick auf die sozialen Klassen, das kollektive Gedächtnis und das kollektive Imaginäre der Religion stellte. Diese Fra-gen stellen uns heute, in einem veränderten diskursiven, gesellschaftlichen und politischen Kontext, vor neue Herausforderungen: die ihrerseits zu tun haben mit der Auflösung der Demokratie und dem Schwinden der Rahmenbedingungen, unter denen unsere Gesellschaften funktionieren. Diese Bedingungen lösen sich immer mehr auf und zerfallen immer mehr, das kollektive Gedächtnis dient häufig nur mehr dem Ausdruck sich bedroht fühlender Identitäten, die Verständigung der einen mit den andern ist korrumpiert durch hochgradig manipulative soziale Netzwerke und das religiöse Denken wurde dem schlimmsten Fanatismus überlassen.
Halbwachs hat sich als Soziologe mit eben diesen Störmomenten des demokratischen Zusammenhangs auseinandergesetzt; wir können ihn heute als hellsichtigen Warner lesen.
Übersetzung: Urs Urban
Film
Leon Richter und Lukas Kretzschmar, RADICS
Willkommen
Prof. Peter Benz, Präsident der Bauhaus-Universität Weimar
Grußworte
Peter Kleine, Oberbürgermeister der Stadt Weimar
Anne-Lise Bagrel, erste Botschaftsrätin, Stellvertreterin des Botschafters Frankreichs in Deutschland
– Akkordeon-Duo con:trust: LA VALSE DES MONSTRES von Yann Tiersen –
Festrede
Prof. Dr. Aleida Assmann, Professorin emerita für Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft, Universität Konstanz
– Akkordeon-Duo con:trust: IN DER DUNKLEN NACHT von Thea von Heinleth –
Festrede
Prof. Dr. Bertrand Müller, Forschungsleiter, Centre Maurice Halbwachs
– Akkordeon-Duo con:trust: ANANTANGO von Gorka Hermosa –
Gruß der Familie Halbwachs
Franka Günther, Geschäftsführerin Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte
Abschluss
Prof. Peter Benz, Präsident der Bauhaus-Universität Weimar
Anschließend laden wir Sie herzlich zum Empfang ein.
Wir danken dem Institut français in Thüringen für seine Unterstützung.
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