Diversität
Unter »Diversität« verstehen wir die Berücksichtigung und Anerkennung von gesellschaftlich produzierten und aufrechterhaltenen Formen der Unterschiedlichkeit. In dieser Lesart stammt der Begriff ursprünglich aus der Schwarzen Bürger*innen-Rechtsbewegung in den USA. Er zielte auf Chancengleichheit und den Abbau von Diskriminierung ab.
Unter anderem als Reaktion auf das gesetzliche Diskriminierungsverbote entstand zudem in den USA ein unternehmerischer Diversity-Ansatz: »Diversity Management« will die Vielfalt der Mitarbeiter*innen für die eigenen unternehmerischen Ziele nutzen. »Diversität« wird hier verstanden als wirtschaftlich profitable und zu organisierende Ressource.
Diversitätsdimensionen
Diversität hat viele verschiedene Merkmale oder Dimensionen, beispielsweise Geschlecht, soziale oder kulturelle Herkunft, Alter, physische und psychische Disposition. Es gibt sichtbare und nicht-sichtbare, veränderbare und nicht oder schwer veränderbare Dimensionen. Das »Diversity Wheel« in Abbildung 1 gibt einen ersten Überblick über unterschiedliche Dimensionen von Diversität und ihre Beziehung zum Individuum.
Da bei jedem Menschen unterschiedliche Dimensionen von Diversität zusammenkommen, führt dies zu unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven. Je nach sozialer Gruppenzugehörigkeit und je nach Situation erfährt das Individuum verschiedene Formen gesellschaftlicher Positionierung, die das Individuum bestimmten Formen von Diskriminierung aussetzt oder mit bestimmten sozialen Privilegien ausstattet. Weiterhin können Personen, die gleichzeitig mehreren marginalisierten Gruppen angehören, Mehrfachdiskriminierung erfahren.
Kommen verschiedene Dimensionen von Diversität bzw. Formen von Diskriminierung wie auf einer Straßenkreuzung (»intersection«) zusammen, überlappen sich und wirken zusammen, sprechen wir von Intersektionalität (»intersectionality« — siehe Crenshaw, 1989, 1991). Wichtig hierbei ist, dass das das Konzept der Intersektionalität kein additives Modell gesellschaftlicher Unterdrückung darstellt. Vielmehr verweist Intersektionalität auf die Spezifität der individuellen und gruppenbezogenen Diskriminierungserfahrungen, die sich durch das Zusammenwirken verschiedener Formen von Diskriminierung/ Privilegierung ergeben (Zum Beispiel erleben Schwarze Frauen Rassismus nicht immer in der gleichen Weise wie Schwarze Männer und Sexismus nicht immer in der gleichen Weise wie weiße Frauen.) Intersektionalität kritisiert zudem die weit verbreitete Vorstellung, dass Sexismus, Heterosexism, Rassismus, Ableismus, Klassismus und andere Formen von Dominanz/Unterordnung voneinander getrennte Systeme sind. Vielmehr betrachtet Intersektionalität sie als grundlegend miteinander verschränkt: sie stützen und potenzieren sich gegenseitig.
Gesellschaftlich tradierte Vorstellungen über verschiedene Bevölkerungsgruppen, ihre Mitglieder und deren angebliche Eigenschaften und Verhaltensweisen beeinflussen unsere Wahrnehmung, unsere Erwartungen, unsere Erfahrungen und schließlich unser Verhalten gegenüber diesen Personen(-gruppen). Es ist daher wichtig, dass wir unsere Vorannahmen reflektieren und überprüfen, um Diskriminierung zu vermeiden. Der Bereich Diversität und das Gleichstellungsbüro bieten zu diesem Zweck regelmäßig Workshops und Veranstaltungen für Studierende und Lehrende an.
Diskriminierung
Diskriminierung ist die unrechtmäßige Unterscheidung und Produktion von Unterschieden zwischen Menschen aufgrund von bestimmten Merkmalen, die ihnen eigen sind, ihnen zugeschrieben und mit Bedeutungen aufgeladen werden, sowie die draus resultierende Herabsetzung, Benachteiligung und Ausgrenzung. Die Benachteiligung kann in Hinblick auf materielle und symbolische Ressourcen und/oder gesellschaftliche Zugänge und Teilhabe erfolgen.
Zugleich schafft, erhält und stärkt Diskriminierung die Vorteile und Privilegien dominanter Gruppen und ihrer Mitglieder beim Zugang zu gesellschaftlichen Positionen, Ressourcen und Möglichkeiten in der Gestaltung von Lebensbedingungen.
Diskriminierung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen: (1) auf der individuellen/ interpersonellen Ebene, (2) auf der institutionellen Ebene und (3) auf der strukturellen Ebene. Sie kann intendiert, aber auch unintendiert sein. Nicht die Absicht der Person, die diskriminiert, sondern die Wirkung auf die betroffene Person ist relevant.
Chancengleichheit
Der Begriff der Chancengleichheit erkennt an, dass jede Person unterschiedliche Voraussetzungen hat und dass entsprechend unterschiedliche Mittel und Maßnahmen benötigt werden, um allen die gleichen Chancen zu eröffnen. Der Abbau von Hindernissen und die Bereitstellung von Ressourcen trägt dazu bei, dass Menschen mit ihren unterschiedlichen Hintergründen und spezifischen Bedürfnissen gleichermaßen am gesellschaftlichen (inkl. dem universitären) Leben teilhaben können.
Inklusion
Inklusion bedeutet, dass das soziale oder räumliche Umfeld so gestaltet wird, dass jede Person gleichermaßen ohne Einschränkungen teilhaben kann. Der Begriff wird insbesondere für die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung verwendet, zum Teil aber auch übergreifend — d.h. auch in Bezug auf andere diskriminierte Gruppen — benutzt. Im Unterschied zum Begriff der Integration geht Inklusion davon aus, dass sich das System an die Menschen und ihre unterschiedlichen Voraussetzungen anpassen muss und nicht die Menschen an das System, um tatsächliche Teilhabe und Chancengleichheit zu ermöglichen. Durch die Anpassung des sozialen oder räumlichen Umfelds an die Bedürfnisse aller können auch sekundären Ausschlüsse vermieden werden, wie z.B. die soziale oder räumliche Segregation von Personen(-gruppen) mit spezifischen Bedarfen oder Diskriminierungserfahrungen.
Literatur
Crenshaw, Kimberlé (1989). Demarginalizing the intersection of race and sex: A Black feminist critique of antidiscrimination doctrine, feminist theory and antiracist politics. University of Chicago Legal Forum, 1989, 139–167.
Crenshaw, Kimberlé (1991). Mapping the margins: Intersectionality, identity politics, and violence against Women of Color. Stanford Law Review, 43(6), 1241–1299.
Dovidio, John F., Miles Hewstone, Peter Glick, & Victoria M. Esses (2010). Prejudice, Stereotyping and Discrimination: Theoretical and Empirical Overview. In John F. Dovidio, et al (Hrsg.), The SAGE Handbook of Prejudice, Stereotyping and Discrimination (S. 3–28). Los Angeles: SAGE Publications.
Gomolla, Mechthild (2016). Diskriminierung. In Paul Mecherill (Hrsg.), Veronika Kourabas, & Matthias Rangger, Handbuch Migrationspädagogik (S. 73–89). Weinheim & Basel: Beltz.
Kourabas, Veronika (2019). Glossar. Bedeutung und Anwendung zentraler Begriffe im Kontext der Rassismuskritik. In Land Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Arbeitspapier Denkanstöße für eine rassismuskritische Perspektive auf kommunale Integrationsarbeit Kommunale Integrationszentren NRW in den Kommunalen Integrationszentren – Ein Querschnittsthema (S. 57–71). Arnsberg: Land Nordrhein-Westfalen. Online unter: www.stadt-muenster.de/fileadmin//user_upload/stadt-muenster/v_zuwanderung/pdf/Denkanstoesse_fuer_eine_rassismuskritische_Perspektive_finale_Fassung.pdf