Seminar
Die Architekturgeschichte der Moderne steckt voller Brüche und Widersprüche, die mit der Vertreibung von Sozialdemokraten, Kommunisten, Pazifisten und vor allem aber der Verfolgung und Vernichtung von Juden durch den nationalsozialistischen deutschen Staat verbunden bleibt. Exil, Migration und Gleichzeitigkeit werden zu Paradigmen, die diese Architekturgeschichte kennzeichnen. Exil- und Migrationsgeschichten zu ergründen, ist für Historiker eine besondere Herausforderung. Wie stellt man diese Geschichte als Gleichzeitigkeit dar? Wie kann man die Geschichte und das Nachleben des Werkes eines Architekten im Heimatland und die Geschichte des Werkes im Land des Exils dokumentieren, vermitteln und in allgemeineren geschichtlichen Zusammenhängen und Periodisierungen der Moderne interpretieren?
Wie lässt sich der dramatische Einschnitt, den die Emigration für viele deutsche Architekten bedeutete, erzählen? Wie können wir Hinterlassenschaften, Bauten, Dokumente, Fotografien lesen, um Lebenswege, die Migration von pädagogischen Experimenten, Entwurfskonzepten, Gebäudetypologien, die sich in alle Welt verstreut haben, nachzuvollziehen?
Unterbrochene Biographien wurden im Exil neu zusammengefügt, in einem anderen politischen Umfeld neu ausgerichtet und umdefiniert. Die Formensprache der Moderne selbst, musste sich an neue klimatische und soziale Gegebenheiten anpassen, aber ihr wurde oft auch eine neue Rolle in einem neuen kulturellen und politischen Kontext zugeschrieben. Architektur muss in diesem Zusammenhang als Medium und Instrument interpretiert werden.
Wir werden in diesem Seminar versuchen, historiographische Konzepte der Narration zu reflektieren, historische Gleichzeitigkeiten erkennbar zu machen, und dabei die etablierten Übergänge zwischen den jeweiligen Institutionen, Periodisierungen und politischen Lesarten der Moderne zu hinterfragen.
English:
Exile. Migration. Simultaneity - Paradigms of modern architecture.
This seminar studies artists and architects, mostly German and Austrian, who were forced into exile between 1933 and 1945, fleeing the prosecution of the national socialists. Through documentary portraits and historical reconstructions we will aim to narrate the complex reality of positions and life in exile. The task of exploring historical simultaneities, and recording narratives of exile and mapping itineraries of exile and migration exemplifies a challenge to conventional historiographies of art and architecture. Archives have to be re-visited, documents have to be analyzed, reconstructed and interpreted. New media and formats of observation, dialogue and intervention have to be applied, and new conceptual and curatorial ideas are required to communicate this research.
Termin: freitags, 9:15-12:30 Uhr, HG R. 002
Veranstaltungsbeginn: 10.04.2015
Unterrichtssprache: deutsch
Erwartet werden:
Referat: Präsentation zu einem Thema aus dem Problemfeld des Seminars
Hausarbeit: Wissenschaftliche Arbeit von etwa 4.000 Wörtern