Mit dem erweiterten Zugang zu neuen Archiven, Datenbanken und digitalen Rechercheplattformen stehen ArchitekturhistorikerInnen vor der neuen Herausforderung, die Spuren von wandernden Objekten und Ideen nachzuverfolgen. Dieses Seminar versteht Bauwerke als dokumentarische Quellen und analysiert die Verstrickung von architektonischem Objekt mit der komplexen geopolitischen Welt sowie der Kulturgeschichte. Anhand einer Serie von ›Objekt-Biografien‹ von Bauwerken emigrierter Architektinnen und Architekten, die unter der nationalsozialistischen Diktatur gezwungen waren, Europa vor dem Zweiten Weltkrieg zu verlassen, sollen die losen Fäden der Geschichte recherchiert und zusammengeführt werden. Diese Objekt-Biografien beschreiben eine Architekturgeschichte, die sich beständig mit der Transformation der gebauten Umwelt verändern und sich zugleich mit neuen Medien der Dokumentation und Repräsentation auseinandersetzen muss. Das Seminar setzt sich zentral mit dem umfangreichen Archiv der Architektin und Historikerin Myra Warhaftig (1930-2008) auseinander und verfolgt die Spuren ihrer Sammlung.
Wir werden uns speziell mit der Migrationsgeschichte von ArchitektInnen nach England beschäftigen, die dort versuchten, ein neues Leben und eine berufliche Kariere aufzubauen. Während für die Emigrés in ihren neuen Heimaten ein neues Leben begann, waren die Werke dieser oft noch sehr jungen Architekten der gerade erst begonnenen Moderne ihrem Schicksal überlassen. Wir werden unsere Forschung zunächst mit Fragen zur Biographie der Autoren, zur Neuorientierung der Praxis aus der Erfahrung des Exils, und zur Bedeutung des Gesamtwerkes der Architekten beginnen. Im weiteren soll sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf die Biographie des Gebäudes, Schwierigkeiten zur historiographischen Einordnung des Werkes, Probleme der Restitution, Überlegungen zur Konservierung der Moderne sowie auf Fragen der Schützbarkeit dieser oft so stark veränderten Gebäude lenken