Überarbeitung des Dehio-Handbuchs Thüringen
Kooperationsprojekt zwischen der Dehio-Vereinigung e. V., dem Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und der Bauhaus-Universität Weimar, Professur Denkmalpflege und Baugeschichte
Hans-Rudolf Meier, Kerstin Vogel
Das „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ wurde 1905 von Georg Dehio im Auftrag des Tages für Denkmalpflege begründet und sollte in fünf Bänden „das ganze deutsche Kunstgebiet gleichmäßig [berücksichtigen]; es drängt den Stoff in knappste Form zusammen; es will ein Nachschlagebuch für die Arbeit am Schreibtisch und zugleich ein bequemes Reisehandbuch sein, durch billigen Preis jedermann zugänglich“, so der Verfasser im Vorwort des "Mitteldeutschland" (inkl. Thüringen) gewidmeten ersten Bandes. Als flächendeckendes Werk, das die wichtigen Kulturdenkmale in knapper, einheitlicher Bearbeitung zusammenfasst, ist „der Dehio“, wie er noch immer genannt wird, mit seinen inzwischen 22 Bänden bis heute ein unentbehrliches Handbuch für Fachleute und kunstreisende Laien.
Viele Bundesländer haben in den letzten Jahren ihre Dehio-Bände überarbeitet oder sind gerade daran, dies zu tun. Als einziger Band ist jener von Thüringen seit mehreren Jahren vergriffen. Ein Reprint der letzten Ausgabe (2003, als geringfügig korrigierte Version der Erstauflage von 1998) ist mit dem hohen Qualitätsanspruch der Reihe nicht mehr vereinbar: Neben notwendigen Korrekturen einzelner Fehler besteht vor allem unumgänglicher Aktualisierungsbedarf. Es sind Ergänzungen aufgrund von neuen Forschungen und abgeschlossenen Sanierungen vorzunehmen und die gewandelten Schwerpunktsetzungen der vergangenen 20 Jahre zu berücksichtigen, was sowohl die Objekttexte als auch, in einem gewissen Umfang, die Objektauswahl betrifft. Hier sind insbesondere die baulichen Zeugnisse des 20. Jahrhunderts in angemessener Weise und damit deutlich stärker zu gewichten.
Zudem soll mit dem neuen Dehio-Thüringen editorisch Neuland betreten werden: Zum ersten Mal liegt das Hauptaugenmerk auf dem digitalen Sektor – und zwar in Form einer online-Publikation. Mit einem Open-Source-Format und kostenlosem Zugang wird das Handbuch zum "Dehio für alle". – Neu ist auch, dass die bei der Bearbeitung und Herausgabe der Reihe bewährte Partnerschaft zwischen der Dehio-Vereinigung und dem zuständigen Landesamt für Denkmalpflege nun in Thüringen um einen Partner erweitert wird: Es tritt die Bauhaus-Universität Weimar hinzu, konkret die Professur Denkmalpflege und Baugeschichte, die sich in Lehre und Forschung seit längerem und auf vielfältige Weise u. a. mit Denkmalkunde und dem Denkmalbestand des 20. Jahrhunderts generell sowie in Thüringen befasst. Basis ist eine im August 2017 abgeschlossene Kooperationsvereinbarung zur gegenwärtigen Projektphase.
Ziel dieser Projektphase ist einerseits eine kritische Durchsicht und Überarbeitung resp. Erweiterung der Einträge zu den Bau- und Kunstdenkmalen des 20. Jahrhunderts, die ihrer heutigen Bedeutung gemäß zu berücksichtigen sind. Damit soll – unabhängig vom Stand der Überarbeitung und Edition des Gesamtbandes – im Jahr 2019, der Centenarfeier der Bauhaus-Gründung, ein fundierter Überblick über die bedeutende denkmalwürdige Architektur des letzten Jahrhunderts in Thüringen vorliegen. Andererseits werden im Rahmen dieser Projektphase die Einträge zu den Sakralbauten einer kritischen Durchsicht und Überarbeitung unterzogen. Diese Einträge sind als Gattung insgesamt am umfangreichsten und eignen sich dafür, regionale Ungleichgewichte in den bisherigen Darstellungen exemplarisch zu erfassen und abzumindern. Anhand dieser Einträge sollen aber auch Anpassungen des bisherigen Dehio-Formats diskutiert werden, die ein gewandeltes Nutzerverhalten und Arbeitsweisen vor dem Hintergrund einer veränderten Verfügbarkeit von Informationen berücksichtigen. – Übergeordnetes Ziel ist die Vorlage eines aktuellen Dehio-Handbuchs im Jahr 2020, dem Hundertjahrjubiläum des Landes Thüringen.