«Ich seh' etwas, was du nicht siehst...» Filmische Szenen vor transluzenten Fenstern
Die Bildlichkeit der Architektur erhält im Film ihren ganz eigenen Ausdruck. Als per se raumbildnerische Kunstform strukturiert das visuelle und kinästhetische Medium nicht nur Raum, sondern auch Wissensordnungen und Wahrnehmungsweisen. Das Fenster ist dabei wie kaum ein anderes architektonisches Grundelement zum Motiv und zur Metapher für die Verschränkung von Architektur und Film geworden. Auch wenn die Rahmung und die Strukturiertheit bestehen bleibt, erhalten Szenen vor diaphanen Scheiben eine Bildspannung, die gängige Assoziationen unterläuft, Blick- und Raumverhältnisse hinterfragt und dadurch anschlussfähig an phänomenologische Fragestellungen der Architektur wird. So zeigt sich, wie Wahrnehmung und Erfahrung von Raum und Zeit durch die Mittel der Betrachtung bestimmt sind; die Schnittstellen zwischen Kunst, Kognition und visueller Kultur docken unmittelbar an die Fragen der Bildlichkeit von Architektur an. Der Vortrag untersucht das Diaphane sowohl anhand von filmischen Szenen vor transluzenten Fenstern im engeren kinematografischen Kontext, begreift das Phänomen gleichzeitig aber auch in Erweiterung an einen Schnittstellen-Begriff, der bei der filmischen Vermittlung architektonischer Objekte und urbaner Szenen verstärkt in den Mittelpunkt rückt. Zur Sprache kommen sollen unter anderem wahrnehmungstheoretische Aspekte des Diaphanen im Film und theoretische Reflexionen über dramaturgische Konzepte von Architektur. Indem mit dem Begriff des Diaphanen gleichzeitig die Frage nach dem „Bildbegriff“ und seinen Spielarten gestellt wird, können über transluzente Fenster-Szenen im Sinne von Interfaces auch neue Formen wie urban interventions – also jene künstlerischen Arbeiten, die den städtischen Raum als Leinwand und Bühne verwenden und entsprechend performativ ‹umformen› – als Teil medialisierter Architektur begriffen werden.