Gehts auch ohne Sex und Tod? - Warum es in Michael Lisseks Features (fast) immer genau darum geht
Featureautor und Regisseur Michael Lissek weiß wie er Aufmerksamkeit erregen kann, doch das allein wäre ihm zu billig. Zum Radiogespräch nach Weimar kommt er, weil er nicht nur leidenschaftlich gerne selber Features macht, sondern auch ganz vorzüglich über sie sprechen und diskutieren kann. Und das, obwohl er ganz offen zugibt, nicht den blassesten Schimmer zu haben wie er sein rohes Material anordnen soll, bevor er nicht am Mischpult oder zumindest beim Schneiden seiner Töne sitzt.
Dass er es dann doch ganz gut versteht sein eigenwilliges Material in eine gebändigte Form zu bringen, belegen knapp 30 Features, die er für so ziemlich alle deutschsprachigen Featureredaktionen in den vergangenen 13 Jahren produziert hat Nominierungen für den Prix Europa, Prix Italia, Prix Marulic inklusive. Und um Sex und Tod dreht sich bei ihm tatsächlich einiges: Was Lissek dabei jedoch interessiert, ist nicht das Breittreten eines vermeintlichen Tabuthemas, sondern vielmehr die Einsamkeit, Verlorenheit und Endlichkeit der Spezies Mensch wie sie nicht deutlicher auf den Punkt gebracht werden könnte als beispielsweise in Die Traurigkeit der Körper einer Milieustudie über Swingerclubs und deren Spielregeln des sexuellen Betriebs. Doch auch polnische Spargelstecher können großes erzählerisches Potenzial haben, denn Lissek beherrscht sie - die theatrale Aufmerksamkeitsherstellungstechnik oder auch Dramaturgie genannt: das Komponieren mit Geräusch- und Sprachpartikeln, mit Ton- und Sprachhöhen, mit Rhythmen und ihre vertikale Schichtung.
Das alles soll Thema seines Radiogesprächs sein. Natürlich wird er auch genügend Beispiele im Gepäck haben, um seinen Begriff von Erzählung zu illustrieren: Erzählung, die Räume eröffnet und offen lässt, die Dinge und Geschehnisse zwar nennt, aber niemals definiert. Erzählung, die über sich hinaus weist auf ein Anderes, Weiteres. Aber Lissek hält es lieber etwas bescheidener, in dem er über sich sagt: Ich erfinde nicht, ich finde. Ich erzähle nicht, ich lasse erzählen. Ich bin nicht der, der vorschreibt, ich bin der, der abschreibt.
Radiogespräche sind eine Veranstaltung der Professur Experimentelles Radio an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar.
Termin und Ort: Dienstag, 4. Dezember 2012 um 19:00 Uhr im Glaskasten der Limona, Steubenstraße 6a, Weimar